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Coaching - Eine Einfuehrung fuer Praxis und Ausbildung

Titel: Coaching - Eine Einfuehrung fuer Praxis und Ausbildung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Schreyoegg
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sachliche, faktische Fragen zu verhandeln, es gestaltet sich für sie aber oft schwierig, einen Gesprächspartner zu
     finden, mit dem sie das »nicht so Offensichtliche«, »das Hintergründige«, »schwer Erschließbare« usw. bereden können. Im weiteren
     Verlauf eines Coachings bringen sie dann vorzugsweise Phänomene vor, die von psychologischem oder soziologischem Gehalt erst
     über Fühlen, Erleben, also analoge Zugangsweisen (
Watzlawik
et al. 1974), und damit über ein vertieftes Verstehen zu erfassen sind.
    Individuelle Krisenerfahrungen
    In Berufswelten, wo eine reibungslose Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit zentrale Werte darstellen, erleben sich Menschen,
     die irgendeine Form von Nichtfunktionieren an sich bemerken, sofort als defizitär. Sie versuchen dann, die vermeintlichen
     Mängel möglichst schnell auszugleichen oder zu überwinden. Manche greifen zu vordergründigen Kompensaten wie etwa Alkohol,
     während andere sich eben an einen Coach wenden. Bei diesen individuellen Krisen, derentwegen Manager Berater aufsuchen, lassen
     sich wieder zwei Kategorien unterscheiden: berufsbedingte und private.
    |117| Berufsbedingte individuelle Krisen
    Wie bei den Anlässen von Coaching erläutert, begegnet uns bei Berufstätigen eine schier unendliche Fülle von berufsbedingten
     Krisenerfahrungen. Sie werden aber, je nach dem Ambiente, in dem ein Manager tätig ist, als mehr oder weniger bedrängend erlebt.
     Die bedrängenden bilden dann zentrale Themen für Coaching.
     
    So suchte mich der Leiter einer Werbeagentur, also der Protagonist einer »Alles oder-Nichts-Kultur«, wegen Flugangst auf.
     Die Häufigkeit seiner berufsbedingten Flüge hielt sich zwar durchaus in Grenzen, er hätte sie im Extremfall auch vollständig
     an seinen Assistenten delegieren können; allein aber über die Vorstellung, nicht beliebig über sich verfügen zu können, geriet
     er schon in Panik. Der erste und schwierigste Schritt seiner »Besserung« bestand in der Reduzierung seiner Beunruhigung über
     das Symptom und den damit verbundenen Selbstanklagen. Erst als er sich diesbezüglich großzügiger und milder beurteilte, konnte
     eine Besserung der Flugangst in Angriff genommen werden. Nun stellte er fest, dass ein Sich-Anvertrauen, wie es bei Flügen
     eben notwendig ist, für ihn ohnedies ein generelles Problem darstellte. Im weiteren Verlauf übte er einerseits, sich zu entspannen
     und andererseits, in Entspannungs- und Anlehnungszuständen seine inneren Vorgänge immer bewusster selbst zu gestalten. Alle
     diese »Errungenschaften« versuchte er nun, auf einem gemeinsamen Flug unter meiner Anleitung anzuwenden. Am Ende eines 1 1/2-jährigen
     Prozesses flog er zwar immer noch nicht gerne, hatte aber gelernt, die Flugsituation als besondere Herausforderung zu betrachten,
     wo er mit »Hingabe und Selbstgestaltung« experimentierte.
     
    In »Brot-und-Spiele-Kulturen«, also in Verkaufsmilieus, dagegen erzeugen andere Defizite vergleichbare Beunruhigungen.
     
    So erlebte die Managerin einer amerikanischen Boutiquenkette ihre Unfähigkeit, bei Stress freundlich zu sein, als »indiskutabel«.
     Diese an sich normale Reaktion hatte ihr beim Supervisor des Unternehmens, der sie turnusmäßig auf ihre Führungshaltung überprüfen
     musste, ein Monitum eingebracht.
     
    Für Manager »Analytischer Projektkulturen« stellt die größte denkbare Bedrohung Konzentrationsmangel dar, denn sie müssen
     ja oft über Jahre an bestimmten, oft höchst diffizilen Aufgaben arbeiten. Führungskräfte von »Prozesskulturen«, wie sie Banken
     oder Versicherungsgesellschaften darstellen, erleben dagegen ihre persönlichen Empfindlichkeiten bei Auseinandersetzungen
     mit Vorgesetzten oder unterstellten Mitarbeitern als unmäßig belastend.
    |118| Private Krisen
    Alle diese Kulturprotagonisten stehen in Gefahr, eine maximale
Perfektion
von sich zu erwarten. Deshalb neigen sie auch dazu, krisenhafte Reaktionen im Beruf aufgrund privater Zusammenhänge lange
     zu verleugnen. Erst wenn ihre Verleugnungsstrategien keine Entlastung mehr garantieren, tragen sie sie als Thema ins Coaching.
     In solchen Fällen wäre oft eine
Psychotherapie
indiziert. Vor sich selbst und vor allem gegenüber ihrer Umwelt können es Führungskräfte aber oft leichter rechtfertigen,
     einen Coach als beruflichen Beratungsspezialisten aufzusuchen (
Butzko
1993).
    Wenn der Berater über psychotherapeutische Kompetenzen verfügt, handelt es sich lediglich um eine

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