Coaching - Eine Einfuehrung fuer Praxis und Ausbildung
fähiger Mann« ist usw. All das sind Fragen, die oft nur dann zu beantworten sind, wenn die jeweiligen Rituale,
die Normen und Standards, ja das gesamte Weltverständnis des infrage stehenden Systems oder Subsystems untersucht und intuitiv
ausgespürt wird.
Da es sich hierbei im Allgemeinen um Auseinandersetzungen mit Systemmustern handelt, in die der betreffende Manager selbst
eingebunden |122| ist oder an deren Entwicklung er vielleicht sogar führend beteiligt war, ist
Rollendistanz
eine unabdingbare Voraussetzung. Auch das ist eine Qualifikation, an der Manager im Verlauf eines Coaching-Prozesses oft ernstliches
Interesse entwickeln.
2.2 Akzente bei Sozialmanagern
Die Themenpräferenzen von Sozialmanagern weisen im Vergleich zu denen von Managern aus Wirtschaftsunternehmen fast gegenläufige
Tendenzen auf. Wo Manager eher dazu neigen, private Probleme lange zu verleugnen und statt eines Psychotherapeuten lieber
einen Coach zu bemühen, interpretieren viele Sozialmanager krisenhafte Erfahrungen im Beruf oft genau entgegengesetzt als
persönlich bedingte um. Und wo Manager im Verlauf eines längeren Coaching-Prozesses überwiegend analoge Phänomene zu verhandeln
wünschen, stehen bei Sozialmanagern eher digitale oder jedenfalls Themen mit faktischem beruflichen Gehalt im Vordergrund.
Fraglos gestalten sich aber auch hier die einzelnen Themenpräferenzen nach dem jeweiligen Kultursegment, dem ein Sozialmanager
entstammt. Entsprechend
Brody
(1993) hatten wir auch hier vier Kulturtypen unterschieden: »sozial-orientierte«, »unternehmerische«, »leistungsorientierte«
und »bürokratische«.
Die grundlegende Basis des Problemverständnisses von Führungskräften in Human Service Organizations bildet ihre Aufgabenstellung,
nämlich Menschen zu verändern. So betrachten sie sich auch zu großen Teilen als Experten für Problemformulierungen und Problembearbeitungen
bei sich selbst. Da bei den meisten der genannten Kulturtypen von Human Service Organizations die Veränderung einzelner Individuen
im Vordergrund steht, wenden Mitglieder dieser Systeme entsprechende Denkmuster im Allgemeinen auch auf sich selbst an. Krisen
im Beruf werden also von dieser Personengruppe meistens als individuelle Phänomene interpretiert.
Dies geschieht bei Mitgliedern von »sozial-orientierten« Kulturen, wie etwa von psychosozialen Beratungsstellen, oder bei
Mitgliedern von »bürokratischen« Kulturen, etwa im Bereich der Sozialarbeit, meistens auf der Folie psychotherapeutischer
Modelle. Berufliche Themen werden hier oft als persönliche interpretiert. Deshalb bemühen Sozialmanager als |123| Hilfsinstanz im ersten Angang vielfach auch nicht einen Coach, sondern einen Psychotherapeuten oder einen Supervisor traditioneller
Prägung.
Sozialmanager aus »unternehmerischen« und »leistungsorientierten« Kulturen dagegen wenden sich aufgrund ihrer Selbstdefinition,
die oft eher der von Managern aus Unternehmen ähnelt, leichter an einen Coach. Sie formulieren ihre Themen vielfach auch berufsspezifischer,
selbst wenn die erlebte Krise oder Problematik einen hohen persönlichen Anteil enthält. Sie sind im Allgemeinen auch gut genug
informiert, um vorab zu entscheiden, ob eine Thematik besser beim Coach oder beim Psychotherapeuten unterzubringen ist. Deshalb
tragen sie seltener sehr persönliche Themen ins Coaching.
Im Gegensatz zu Managern verfügen viele Sozialmanager über relativ gut entwickelte Möglichkeiten des Verstehens durch analoge
Zugänge, insbesondere solche, die individuelle oder interaktive Phänomene betreffen. Wenn mit Menschen dieser Gruppierung
ein Coaching-Kontrakt zustande kommt, artikulieren sie meistens Themen, die sich dezidiert von Psychotherapie unterscheiden.
Das heißt, sie entwickeln häufig eine Vorliebe für sachliche, faktische Managementthemen oder für Themen, die »ihre« Organisation
und deren Umfeld betreffen. Die Fragestellungen ranken sich hier häufiger um die Bewältigung verschiedener Verwaltungsoder
Führungsaufgaben, um das Verstehen innerorganisatorischer Phänomene, wie es etwa »politische Prozesse« usw. darstellen, oder
um die Interaktion zwischen System und Umwelt.
Im Gegensatz zu Managern aus Unternehmen verfügen sie selten über sachliche Managementkompetenzen oder über ein Wissen, mit
dessen Hilfe sie organisatorische Zusammenhänge erfassen und handhaben könnten. Im Verlauf eines Coaching-Prozesses treten
jedenfalls
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