Coaching - Eine Einfuehrung fuer Praxis und Ausbildung
die Klienten im Verlauf der Dialoge animieren soll, auch immer mehr zu verstehen
und entsprechend ihren neu gewonnenen Horizonten verändert zu handeln.
Angesichts solcher Bestimmung wäre es wünschenswert, dass der Interaktionsstil des Coach zwischen angemessen rezeptiven und
angemessen aktiven Haltungen variiert. Und er sollte primär symmetrisch orientiert sein. Unangemessene Interaktionsstile wären
demnach solche, wo der Coach ständig doziert oder jedenfalls notorisch die Führung übernimmt.
Ebenso unangemessen wäre aber auch ein Interaktionsstil, wie wir ihn bei vielen Psychotherapeuten vorfinden, wo der Coach
sich betont zurückhaltend, »non-direktiv« verhält. Solche Interaktionsstile, die scheinbar »nichtlenkend« wirken, erzeugen
im Allgemeinen ein besonders intensives
Dominanzgefälle
zuungunsten des Klienten. Ein solcher Coach wird als »schweigender Magier« beim Klienten vielfältige Vermutungen über seine
Gedanken und Gefühle erzeugen, was nicht nur von den aktuell zu verhandelnden Themen ablenkt, sondern regelmäßig auch elterliche
Übertragungen (
Schreyögg
1991) erzeugt und damit Regressionen, also »Verkleinerungen« von Klienten. Die Aufgabe eines Coach besteht aber demgegenüber
in der Stärkung erwachsener Berufstätiger; denn nur so vermag der Coach Entwicklungen zu mehr Selbstmanagement zu fördern.
Das Geschlecht des Coach
Eine manchmal besonders entscheidende Frage betrifft das Geschlecht des Coach. Die Antwort bestimmt sich in vielen Fällen
nicht nur nach fachlichen oder menschlichen Qualifikationsmerkmalen des Coach, sondern nach der Persönlichkeit von Klienten.
Manche Frauen wollen sich auf dem Hintergrund ihrer Lebenserfahrung nur von Frauen, andere nur von Männern beraten lassen.
Und viele Männer präferieren von Anfang an Frauen oder eben Männer. Im Prinzip sollte sich jeder Klient einen Coach des Geschlechts
suchen, dem er meint, sich besser anvertrauen zu können.
|135| In Fällen aber, wo Frauen nur unter Männern arbeiten, wäre es trotz ursprünglich anders lautender Präferenzen manchmal sinnvoll,
ihre beruflichen Aktivitäten von einem männlichen Coach widergespiegelt zu erhalten. Ebenso können Männer aus Frauenmilieus
bei einem weiblichen Coach manches für sie Wertvolle über die Frauen erfahren. Andererseits suchen Frauen aus Männermilieus
oder Männer aus Frauenmilieus im Coach oft einen gleichgeschlechtlichen Solidarpartner. So müssen geschlechtsspezifische Anforderungen
im Prinzip immer sehr subjektiv bleiben.
1.2 Anforderungen an die fachliche Qualifikation
Weniger subjektiv sind die fachlichen Qualifikationen eines Coach zu beurteilen. Im Idealfall verfügt der Coach über eine
gute intellektuelle Flexibilität, ein breites sozialwissenschaftliches Wissen, über eine angemessene Offenheit in ideologischen
Fragen und vor allem über eine zum Klienten passende Feldkompetenz.
Intellektuelle Flexibilität
Eine fast selbstverständliche Anforderung an den Coach stellt eine gute Auffassungsgabe dar, die mit intellektueller Flexibilität
einhergeht. Berufliche Konstellationen von Klienten können prinzipiell so vielgestaltig sein, dass sie hohe Anforderungen
an die Struktur- und Verstehenskapazitäten von Gesprächspartnern stellen. Zwar wird der Coach idealerweise durch einschlägige
Ausbildungen darauf vorbereitet, sich möglichst rasch auf verschiedenste berufliche Konstellationen in unterschiedlichen Feldern
mit einem je wechselnden Komplexitätsgrad einzustellen. Eine personale Grundvoraussetzung bleibt aber eine gute Intellektualität,
die es erlaubt, die einmal entwickelten Muster immer wieder zu überschreiten und durch neue anzureichern.
Breites sozialwissenschaftliches Wissen
Die intellektuelle Flexibilität des Coach sollte aber unbedingt auf der Basis eines guten sozialwissenschaftlichen Fundus
stehen. Wie in den vorangegangenen Kapiteln schon durchschien, sind die Themen von Managern |136| , Sozialmanagern und Freiberuflern auf einem breiten Spektrum angesiedelt, für dessen Verständnis jeweils Managementwissen,
personalwirtschaftliche Kenntnisse, das Verstehen von organisatorischen Phänomenen, psychologische Qualifikationen usw. von
Bedeutung sind.
Ein Coach etwa, der sich nur auf psychologisches Fachwissen bezieht, schränkt die Themenvielfalt seines Klienten automatisch
ein, denn er verschiebt ja dann möglicherweise alle Fragestellungen auf individuelle und emotionale
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