Coaching - Eine Einfuehrung fuer Praxis und Ausbildung
Selbstbeurteilung von Beratern
zu bilden vermögen.
Zunächst ist zu bedenken, dass beim Coaching vielfach Themen anstehen, die nicht so leicht mit Kollegen, unterstellten Mitarbeitern,
Freunden oder Familienangehörigen zu verhandeln sind. Coaching wird ja im Allgemeinen deshalb aufgenommen, weil Berufstätige
im Rahmen einer Vertrauensbeziehung die für sie relevanten Fragestellungen ihrer Profession zu verhandeln wünschen. Dann kann
es nicht gleichgültig sein, ob »die Chemie stimmt« oder nicht, ob ein Klient den Coach sympathisch findet und bereit ist,
ihm so vorbehaltlos wie irgend möglich die aktuellen Beunruhigungen, beruflichen Krisen, Wünsche, Karriereträume usw. anzuvertrauen.
Wenn man sich vergegenwärtigt, dass Coaching im Dialog zwischen Menschen besteht, wo wichtige berufliche Fragestellungen des
einen, eben des Klienten, verhandelt werden sollen, scheint es geradezu selbstverständlich, dass der Coach über eine Reihe
fachlicher Qualifikationen verfügen muss. Erst auf diese Weise kann er nämlich als angemessener Dialogpartner fungieren.
1.1 Anforderungen an den Menschen
»Sympathisch«, »Vertrauen erweckend« usw., wer ist so? Natürlich kann kein Berater, Psychotherapeut und dementsprechend auch
kein Coach für jeden Klienten gleichermaßen anziehend sein. Wer für den einen Menschen attraktiv wirkt, kann für einen anderen
»langweilig«, »uninteressant«, »zu aufgekratzt« oder gar »zu albern« sein. Die menschliche Qualifikation eines Coach muss
also ein höchst subjektives Phänomen bleiben. Trotzdem lassen sich aber einige Anforderungen an den Coach in menschlicher
Hinsicht benennen.
Breite Lebens- und Berufserfahrung
Zunächst sollte ein Coach Vertrauen erweckend sein. Das ist am ehesten gewährleistet, wenn er selbst über eine reiche Lebenserfahrung
verfügt und die Höhen und Tiefen beruflichen Daseins in verschiedenen Facetten |133| an sich selbst erfahren hat. Erst dann besteht auch die Chance, dass er auf unterschiedlichste berufliche Konstellationen
reagieren kann und sich im Dialog als ganzer Mensch auf sie einzustellen vermag.
Das ist nicht so sehr eine Frage des faktischen Alters, obschon im Allgemeinen erst gegen Ende des vierten Lebensjahrzehnts
solche Qualifikationen entwickelt werden. Der ungünstigste Fall wäre hier ein »Grünschnabel«, der als Berater primär eigene
Eitelkeiten zu pflegen sucht. Als ungünstig muss auch gewertet werden, wenn ein Coach über keine Berufserfahrung in Organisationen,
keine Führungserfahrung oder gar über mehrere Erfahrungen beruflichen Scheiterns verfügt. Besonders in diesen Fällen besteht
Gefahr, dass der Coach als »hilfloser Helfer« (
Schmidbauer
1977) sein eigenes Unvermögen nur zu kompensieren sucht.
Gute persönliche Ausstrahlung
Mindestens ebenso wichtig ist die spezifische Persönlichkeit eines Coach bzw. seine persönliche Ausstrahlung. Hier wäre z.
B. bei einem eher depressiv strukturierten Menschen zu befürchten, dass er bei jeder Thematik vorrangig das Schwierige oder
Problematische sieht und dadurch zu wenig Ermutigung und Hoffnung vermitteln kann. Solche Beratungen finden dann, bildlich
gesagt, in einem »dunklen Loch« statt. Andererseits wäre aber auch ein notorisch Vergnügter, der in der Interaktion keinerlei
Tiefe aufkommen lässt, nicht in der Lage, krisenhafte Erfahrungen von Klienten als solche zu begleiten.
Aus all dem wird schon deutlich, dass der Coach ein menschlich breiter »Resonanzkörper« sein sollte, damit er allen vorgetragenen
Anliegen möglichst umfassend begegnen kann. Trotz solcher Mitschwingungsfähigkeit muss der Coach jederzeit in der Lage sein,
für den Klienten ein Korrektiv zu bilden. Das heißt, er muss sich von dessen aktueller Stimmungslage auch distanzieren können.
Das wird ihm am ehesten gelingen, wenn er durch umfassende psychotherapeutische oder ähnliche Schulungen gelernt hat, sich
selbst zu reflektieren und sein Handeln situationsangemessen zu korrigieren. Idealerweise begeben sich Berater auch später
im Verlauf ihrer Praxis immer wieder selbst in Beratung (
Fengler
1992).
|134| Angemessener Interaktionsstil
Eine andere wichtige Anforderung an den Coach stellt sein persönlicher Interaktionsstil dar. Es sei noch einmal daran erinnert,
dass Coaching im Dialog zwischen erwachsenen Menschen über berufliche Fragestellungen besteht und dass der Coach als Spezialist
für gutes Verstehen solcher Zusammenhänge
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