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Cobra

Titel: Cobra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Zahn
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in der Hoffnung, eine Heilmethode zu finden, die eines Tages die Aufzucht ganzer Generationen von Cobras möglich machen sollte.
    Von denen einer sein eigener Sohn sein würde.
    Jonny seufzte, umfasste die Lehnen seines Sessels und stand vorsichtig auf. Er würde es allein bis nach draußen zum Wagen schaffen, und zwar ohne seine Pillen, selbst wenn es ihn umbrachte. Noch war der alte Mann, wie er es gerne ausdrückte, nicht völlig hilflos.
     
    Obwohl der Verkehr in der Hauptstadt der Cobrawelten mittlerweile recht dicht geworden war, würde die Fahrt zur Ratssitzung im Haus des Imperiums nur zehn Minuten dauern. Trotzdem suchte Corwin seine MagCards und den anderen Kram so rasch wie möglich zusammen, in der Hoffnung, früh genug einzutreffen, um bei den anderen Ratsmitgliedern ein wenig die Stimmungslage vorfühlen zu können. Sein Vater war zur Therapiesitzung gegangen, und er selbst war gerade im Begriff, ebenfalls aufzubrechen, als seine Mutter hereinkam.
    »Hallo, Theron«, lächelte sie Yutu zu. »Corwin, ist dein Vater noch da?«
    »Er ist gerade gegangen.« Corwin spürte, wie sich seine Muskeln in Erwartung der bevorstehenden Auseinandersetzung anspannten. »Er wird nach seiner Physiotherapie wieder hierherkommen.«
    »Was hat er gesagt?«
    Corwin musste sich zwingen, es auszusprechen. »Tut mir leid, Mum. Er wird es nicht verhindern.«
    Die Altersfältchen, die ihr Gesicht umrahmten, schienen noch tiefer zu werden. »Die Stimme wirst du abgeben«, sagte sie, und es war klar, was sie damit meinte.
    »Dann lass es mich anders ausdrücken: Wir werden es nicht verhindern.«

    »Das war’s dann also, ja?«, erwiderte sie kühl. »Du wirst einfach zulassen, dass man deinen Bru…«
    »Mutter!« Corwin stand auf und bot ihr seinen Sessel an. »Tu mir einen Gefallen und setz dich, ja?«
    Sie zögerte, schließlich tat sie es. Corwin zog einen Besuchersessel heran. Dabei bemerkte er ganz am Rande, dass Yutu offenbar plötzlich noch etwas in Jonnys Büro zu erledigen hatte. Als er sich setzte, nahm er sich die Zeit, seine Mutter anzusehen – richtig anzusehen.
    Chrys Moreau war in jüngeren Jahren wunderschön gewesen, das wusste er von alten Fotos und Vids, und selbst für eine Frau in den mittleren Jahren war sie immer noch auffallend attraktiv. Doch in letzter Zeit, und das ließ sich nicht nur mit der langen Krankheit ihres Mannes erklären, schien sie seltener zu lächeln und bewegte sich mit den verhaltenen Bewegungen eines Menschen, der eine Höllenangst davor hat, etwas umzustoßen. Was zum Teil mit Justins Entscheidung zusammenhing, wie Corwin wusste, aber da war noch mehr, und bislang hatte er nicht die richtigen Worte gefunden, um in diesen Teil der Gedanken seiner Mutter vorzudringen.
    Und das würde auch diesmal nicht anders sein. »Wenn du mir jetzt mit den alten Argumenten kommen willst, wieso Justin ein Cobra werden soll, dann spar dir die Mühe«, begann Chrys. »Ich kenne sie alle, ich habe immer noch keine logischen Gegenargumente, und ich würde ihnen wahrscheinlich sogar zustimmen, wäre er nicht mein Sohn. Aber er ist mein Sohn, und so irrational es klingen mag, ich finde es nicht fair, dass ich ihn auch noch an die Cobras verlieren soll.«
    Corwin ließ sie zu Ende sprechen, auch wenn ihre Worte keinen neuen Standpunkt darstellten. »Hast du Joshua schon gebeten, mit ihm zu reden?«, fragte er.
    Chrys schüttelte kaum merklich den Kopf. »Er wird es nicht tun. Das solltest du eigentlich besser wissen als jeder andere.«
    Trotz des ernsten Augenblicks spürte Corwin, wie wegen der Erinnerungen, die dies wachrief, kurz ein Lächeln um seine Lippen
spielte. Joshua war fünf Jahre älter als die Zwillinge, nichtsdestoweniger war er schon häufiger, als ihm lieb war, von allen in die Pflicht genommen worden. Ihre unerschütterliche Loyalität gegenüber dem jeweils anderen, selbst bei drohenden elterlichen Strafen, hatte für ebenso unerschütterliche Alibis gesorgt. »Dann, fürchte ich, haben wir es nicht mehr in der Hand«, sagte er freundlich zu seiner Mutter. »Rechtlich – ethisch ohnehin – steht es Justin absolut frei, selbst zu entscheiden, was er mit seinem Leben machen will. Abgesehen davon wären die politischen Auswirkungen solcher Vetternwirtschaft nur unter großen Unannehmlichkeiten wieder zu bereinigen.«
    »Politik.« Chrys wandte den Kopf ab und starrte aus dem Fenster. »Ich hatte gehofft, dein Vater hätte genug davon, als er sich von seinem Posten als Gouverneur

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