Cobra
Imperiums zur Verfügung stellte. Eine ganze Weile starrte er das Fon auf dem Schreibtisch an und überlegte, ob er die Sache mit jemandem besprechen sollte, bevor er seine Entscheidung traf. Sein Vater jedoch befand sich mitten in seiner biochemischen Behandlung, und was seine Mutter dazu sagen würde, konnte er sich denken. Theron Yutu, am anderen Ende der Stadt in Jonnys Hauptbüro? Nein. Die Zwillinge – mit ihnen sollte er schon darüber sprechen. Aber Justin befand sich im OP-Trakt der Cobra-Akademie und war nicht zu erreichen, und nur Joshua davon zu erzählen wäre nicht fair … und plötzlich wurde Corwin klar, dass er bloß Zeit zu schinden versuchte. Er holte tief Luft, erhob sich aus dem Sessel seines Vaters und machte sich auf den Weg zum Büro von Gouverneurin Telek.
Wenn sie überrascht war, ihn zu sehen, war ihr davon nichts anzumerken. »Corwin«, meinte sie und nickte, schloss hinter ihm die Tür und geleitete ihn zu einem Stuhl. »Ein schönes Dilemma haben wir da, was meinen Sie? Was kann ich für Sie tun?«
Corwin wartete, bis sie wieder an ihrem Schreibtisch saß, bevor er zu sprechen begann. »Wie sehen Sie die Abstimmung?«, fragte er ganz offen.
Wieder zeigte sie sich nicht überrascht. »Ich selbst, Brom, Dylan und Howie dafür, Sie, Jor und Olor dagegen. Ein Patt. Sind
Sie hergekommen, um mich zu bewegen, meine Meinung zu ändern?«
Er schüttelte den Kopf. »Sie wussten, dass mein Vater gegen die ganze Geschichte sein würde, nicht wahr? Deswegen haben Sie Cally und Almo mit hineingezogen.«
»Ihr Vater war einer der Hauptgegner der Cobra-Akademie, als sie vor gut fünfundzwanzig Jahren eingerichtet wurde«, erinnerte sie ihn. »Es war nicht schwer zu erraten, dass er gegen jeden Vorschlag stimmen würde, der die Anzahl der Cobras vermehrt.«
Damit stellte sie Jonnys grundsätzliche Einwände gegen Söldner-Cobras als bloße Tarnung für eine alte, zur Gewohnheit gewordene Reflexhandlung hin. Corwin hatte schwer an der Erwiderung zu schlucken, die sich ihm aufdrängte. Doch jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, den Standpunkt seines Vaters zu verteidigen. »Was also wollen Sie genau?«, fragte er stattdessen. »Eine vertragliche Verpflichtung für den Umgang mit der Bedrohung von Qasama, wie immer die aussieht?«
»Natürlich nicht«, schnaubte sie. »Niemand, der seinen Verstand beisammenhat, würde den Trofts einen solchen Blankoscheck ausstellen. Ich will nichts weiter, als dass wir uns zu einer Erkundungsmission verpflichten – auf Kosten der Trofts.«
»Würde uns das nicht auch zur Übernahme alles Übrigen verpflichten?«
»Nicht, wenn das Abkommen mit der nötigen Umsicht abgefasst wird.« Sie schürzte die Lippen. »Sie wollen die Imagefragen aufwerfen, die erst akut werden, falls wir nur einen Blick auf Qasama werfen und uns gleich darauf wieder zurückziehen. Darauf habe ich eigentlich keine bessere Antwort als die, die ich schon vor fünfzehn Minuten gegeben habe. Das Risiko, nicht zu wissen, welche Bedrohung Qasama darstellt, ist größer als das Risiko, in den Augen der Trofts schwach zu erscheinen.«
Corwin holte tief Luft. »Dementsprechend soll also die offizielle Empfehlung an den Rat lauten?«
»Das wäre mir sehr lieb«, sagte sie vorsichtig. »Was würde es mich kosten?«
Corwin deutete mit einer Handbewegung auf den Sitzungssaal am Ende des Ganges. »Wie ich mich erinnere, gehen Sie in Ihrem Vorschlag davon aus, als Erkundungsmission allerhöchstens zwölf Mann sowie die Besatzung eines Schiffes loszuschicken. Ich möchte, dass zwei dieser zwölf von meinem Vater ausgewählt werden.«
»Damit seine skeptische Haltung die Aufrichtigkeit der Mission garantiert?« Sie setzte ein schiefes Lächeln auf. »Um ganz offen zu sein, das ist vermutlich eine gute Idee … Aber dem Gouverneur a. D. sechzehn Prozent der Gesamtlösung zu überlassen wird nicht leicht durchzusetzen sein.«
»Ich könnte Ihnen den Handel erheblich versüßen. Was halten Sie von dem Vorschlag, einen nicht-identifizierbaren Cobra bei der Mission einzusetzen?«
Zu seiner Genugtuung sah er, wie sie überrascht die Augen aufriss. »Ich dachte, ein sorgfältiger Tiefenkörperscan würde sogar die Cobra-Ausrüstung ans Licht bringen.«
»Richtig.« Corwin nickte. »Doch um einen Scan dieses Typs durchzuführen, braucht man fast fünfzehn Minuten. Wie oft wird ein Gastgeber Würdenträger eines anderen Volkes wohl einer solchen Prozedur unterziehen?«
Mehrere Herzschläge lang sah sie
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