Cobra
ersten Erkundungsexpedition als auch der drei wahrscheinlichsten militärischen Operationen notwendige Datenmaterial zusammengestellt.«
Corwin starrte auf die Zahlen, die auf seinem Monitor erschienen, während die beiden Namen, die sie so beiläufig in die Diskussion geworfen hatte, wie Blindgänger durch sein benommenes Gehirn polterten. Cally Halloran – einer der ältesten und besten Freunde seines Vaters, und Almo Pyre – ein Freund der Familie Moreau, so lange Corwin zurückdenken konnte. Er warf einen verstohlenen Blick auf seinen Bildschirm und bemerkte, wie Telek ihn dabei in aller Ruhe beobachtete … und plötzlich wurde ihm klar, was sie vorhatte.
Indem sie Jonnys Freunde als Experten heranzog, hoffte sie, alle Einwände gegen ihre Zahlen vom einzigen Cobra in diesem kleinen Kreis im Keim zu ersticken … Und als Corwin mit der Durchsicht der Zahlen begann, sah er den logischen Schluss, zu dem sie unweigerlich führten.
Selbst für die bescheidenste hier entworfene militärische Operation wären die Kosten schwindelerregend. Halloran und Pyre hatten ein Minimum von neunhundert Cobras geschätzt – ein volles Drittel des gegenwärtigen Kontingents aller drei Welten -, die sich zwischen sechs und zwölf Monate auf oder in der Nähe von Qasama würden aufhalten müssen. Ausrüstung, Transport, Nachschub, Ersatz für die Verwundeten – all das war weit mehr, als die Welten mit ihren bescheidenen Wirtschaftssystemen hoffen durften, aufbringen zu können. Allein der plötzliche Abzug so vieler Cobras würde sämtliche Territorialerweiterungen auf Aventine und Palatine abrupt zum Stillstand bringen – auf Caelian könnte er leicht zur endgültigen Zerstörung oder Aufgabe der geplagten Kolonie dort führen.
Fairleigh brach als Erster das Schweigen. »Wir sollten darauf hoffen, dass die Qasamaner keine allzu unmittelbare Bedrohung darstellen«, murmelte er. »Neunhundert bis dreitausend Cobras. Wie lange würde es dauern, sie zu ersetzen? Ach, hier steht es ja.«
Corwin fand die Zeile auf seinem Bildschirm. »Hier geht man allerdings von einem unbegrenzten Nachschub an qualifizierten Kandidaten aus«, wandte er ein.
»Nun, wenn diese Grundlage nicht existiert – und auch nicht geschaffen werden kann -, stecken wir bereits jetzt in ernsthaften Schwierigkeiten«, knurrte Roi. »Unsere Sicherheit vor den Troft-Domänen fußt auf einem gesunden Respekt vor der Kampfkraft der Cobras. Wenn sie geglaubt haben, unsere dürftigen zweitausendachthundert Mann sind alles, womit sie es jemals zu tun bekommen werden …« Er schüttelte den Kopf.
»Umso mehr ein Grund, ihnen zu beweisen, wie problemlos sich das Cobra-Programm ausbauen lässt«, argumentierte Telek. »Wir können es schaffen – vor allem dann, wenn die Trofts es selbst bezahlen.«
Die Diskussion ging noch eine halbe Stunde lebhaft weiter, Corwin erkannte jedoch, dass die Schlacht verloren war. Von den sechs anderen im Raum Anwesenden schienen nur Hemner und Roi überhaupt bereit, Jonnys Standpunkt in Betracht zu ziehen. Wenn keiner der beiden die Seiten wechselte, würde Corwins Doppelstimme beim Stand von vier gegen vier für ein Patt sorgen, und demzufolge würde man die Angelegenheit der Vollversammlung ohne eine offizielle Empfehlung vorlegen müssen. Selbst mit einer Empfehlung war die Art und Weise, wie der Rat die Dinge abhandelte, riskant genug, ohne sie konnte niemand voraussagen, was dabei herauskam.
Und während die Wahrscheinlichkeit eines Sieges immer weiter gegen null ging, erkannte Corwin zum ersten Mal, seit er die Vertretung seines Vaters übernommen hatte, dass er aus eigener Initiative ein Abkommen würde treffen müssen. Ein Abkommen, für das ihm Jonnys Zustimmung alles andere als sicher war …
Gegen alle Wahrscheinlichkeit hoffend, wartete er bis zum letzten Augenblick, doch als der Generalgouverneur zur Abstimmung rief, hob er seine Hand. »Ich möchte um eine kurze Unterbrechung bitten, bevor wir fortfahren. Mir scheint, ein paar ungestörte Überlegungen oder vertrauliche Gespräche könnten ganz nützlich sein, bevor wir unser Urteil dem Protokoll anvertrauen.«
Stiggur runzelte die Stirn, doch er nickte, ohne zu zögern. »Also gut. Wir treffen uns in zwanzig Minuten wieder hier.«
Der allgemeine Aufbruch verlief leise – offenbar verspürten auch die anderen das Bedürfnis nach einer Unterbrechung -, und eine oder zwei Minuten später saß Corwin in dem Büro, das man seinem Vater nach wie vor im Haus des
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