Cobra
öffentlich bekannten Verfahrens.
Hinter dem Tisch öffnete sich eine private Tür. Justin nahm innerlich Haltung an – und als ein Mann den Raum betrat, spürte er, wie sich ein erleichtertes Grinsen auf seinem Gesicht breitmachte. »Almo! Ich dachte, du wärst immer noch draußen im Syzra-Distrikt auf Stachelleopardenjagd.«
»Hallo, Justin – nein – bitte bleib doch sitzen.« Pyre nahm hinter dem Schreibtisch Platz.
Und plötzlich wurde Justin bewusst, dass sein Gegenüber zur Begrüßung nicht einmal gelächelt hatte. »Was ist, Almo?«, fragte er, während sich seine freudige Überraschung in Wohlgefallen auflöste. »Stimmt etwas nicht? Lieber Himmel – hat es was mit Dad zu tun?«
»Nein, mit deiner Familie ist alles in Ordnung«, beeilte sich Pyre, ihn zu beruhigen. »In ein paar Monaten allerdings …« Er brach ab. »Fangen wir nochmal von vorn an. Was weißt du über diese Qasamageschichte?«
Justin zögerte. Pyre gegenüber zuzugeben, dass sein Vater vertrauliche Informationen an seine Familie weitergegeben hatte, war an sich keine große Sache … Unter diesen Umständen jedoch
… »Ich kenne das Angebot der Trofts lediglich in groben Zügen«, antwortete er. »Mein Vater wollte die moralischen Aspekte mit uns noch besprechen.«
»Gut«, meinte Pyre mit einem Nicken. »Dann brauche ich das mit dir ja nicht durchzugehen. In den letzten drei Wochen hat sich die Angelegenheit ein wenig vertrackter entwickelt – durch den Rat und, ob du es glaubst oder nicht, durch deinen Bruder.«
Justin lauschte schweigend, während Pyre den Expeditionsplan des Rats und Corwins Vorschlag erläuterte, und fand – zwischen Schock und Aufgeregtheit hin- und hergerissen – kaum noch Raum für vernünftige Überlegungen. »Der Rat hat zugestimmt, euch beide mit an Bord zu nehmen, vorausgesetzt , ihr seid beide dazu bereit«, schloss Pyre.
Justin brauchte einen Augenblick, um die Sprache wiederzufinden. »Klingt interessant. Sehr interessant. Was hat Joshua dazu gemeint … und wo kommst du ins Spiel?«
»Joshua kannst du selbst fragen – ich schicke ihn rein, wenn ich fertig bin. Und was mich anbetrifft …« Pyres Lippen konnten sich nicht recht entscheiden, ob sie sich zu einem Lächeln oder zu einem gequälten Gesichtsausdruck verziehen sollten. »Ich werde der Kopf des Cobra-Kontingents an Bord des Schiffes sein – wir sind insgesamt zu viert. Und solltest du dich für eine dieser Positionen entscheiden, werde ich in den kommenden Wochen deine gesamte Cobra-Ausbildung übernehmen.«
Plötzlich wurde Justin sich des Halskrausencomputers bewusst, der sich um seinen Hals schmiegte – des programmierbaren Ausbildungscomputers, der gegen den implantierten Nanocomputer ausgetauscht werden würde, wenn und falls er seine Abschlussprüfung schaffte. »Sondertraining, nehme ich an? Techniken, die man beim Kampf gegen Stachelleoparden nicht braucht?«
»Sowie die programmierten Spezialreflexe, die in den Standardnanocomputer integriert sind, aber für die Arbeit im Wald nicht gebraucht werden«, meinte Pyre und nickte. »Deckensprünge, Rückendreher und dergleichen mehr.«
»Werden deine anderen Cobras das nicht auch brauchen?«
»Sie werden zu uns stoßen, sobald du deine Grundausbildung absolviert hast, in etwa drei bis vier Wochen.« Pyre stützte die Ellenbogen auf den Schreibtisch und legte seine Fingerspitzen aneinander. »Hör zu, Justin, ich will ehrlich zu dir sein. Du betrachtest das Ganze als ein großes, tolles Abenteuer, aber du solltest dir darüber im Klaren sein, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass wir am Ende alle auf Qasama umkommen.«
»Ach, hör auf, Pyre.« Justin grinste. »Du bist doch schließlich auch dabei, und du hast viel zu viel Glück, um bei so etwas draufzugehen.«
»Red keinen Unsinn!«, fuhr Pyre ihn an. »Glück ist eine statistische Wahrscheinlichkeit in einer schwachen Verbindung mit Geschick und Erfahrung. Weiter nichts. Ich habe von beidem ein wenig – und du von beidem praktisch nichts. Wenn irgendjemand draufgeht, wirst du das am ehesten sein.«
Justin sackte, erschrocken wegen Pyres Wutausbruch, in seinem Sessel zusammen. In jüngeren Jahren war der ältere Mann eines der von Justin am meisten bewunderten Vorbilder gewesen, derjenige, der – im gleichen Maße wie sein Vater – seinen Entschluss, ein Cobra zu werden, mitgetragen hatte. Von seinem Vorbild heruntergeputzt zu werden war ein größerer Schock, als er sich jemals hätte träumen
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