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Cobra

Titel: Cobra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Zahn
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Dicht gefolgt von Ilona, warf er sich hindurch.
    Und sofort wurde ihm klar, dass sie von dem für sie vorbereiteten Pfad abgewichen waren. Hier gab es keine menschlichen Möbel oder Anlagen – vom Boden bis unter die Decke war der Raum absolut fremdartig. Längliche, seltsam geformte Sofas standen in Gruppen um eine Art kreisrunder Tische herum, aus deren Mitte halbkugelartige Kuppeln herausragten. An den Wänden befanden sich abwechselnd archaisch anmutende Wandgemälde und kleinere blinkende elektronische Geräte. Auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes bekam Jonny gerade noch das nach hinten abgeknickte Bein eines Trofts zu sehen, als der Alien hastig das Weite suchte … und in der relativen Stille war ein Geräusch zu hören, das bislang völlig gefehlt hatte: das dünne, wimmernde Geheul eines Troftalarms.
    »Eine Messe?«, fragte Ilona und sah sich um.
    »Ein Salon.« Eine kleine Enttäuschung. Er hatte gehofft, sie würden irgendwo landen, wo er den Bogenwerfer zum Einsatz
bringen könnte. Im Kontrollraum für die Verteidigungsanlagen der Mauer, zum Beispiel.
    Andererseits …
    »Verschwinden wir«, drängte Ilona, die ängstliche Blicke auf die zertrümmerte Tür hinter ihnen warf. »Die Typen können uns jeden Augenblick wieder im Nacken sitzen.«
    »Eine Sekunde«, meinte Jonny und suchte die Wände ab. Trofts platzierten Wohnräume und andere weniger wichtige Einrichtungen stets am äußeren Rand ihrer Stützpunkte … und endlich, halb verborgen hinter den Wandmalereien, fand er, was er suchte: den Umriss eines Fensters.
    Natürlich gut versiegelt. Eine dunkle Kyreliumstahlplatte, drei mal ein Meter groß, war exakt in die Öffnung eingepasst, so dass nur ein haarfeiner Spalt in der ansonsten markierungslosen grauen Wand zurückgeblieben war. Unzerstörbar selbst mit Cobra-Waffen – aber wenn der Erbauer sich an die Standardvorgaben für die Verstärkung von Troftgebäuden gehalten hatte, dann bestand vielleicht eine Chance, gleich hier zu entkommen. »Halten Sie sich bereit, mir hinterherzuspringen«, rief er Ilona über die Schulter zu. Er stemmte sich kräftig in den Boden, rannte auf das Fenster zu und sprang. Mitten in der Luft hob er die Füße nach vorn und traf die Fensterabdeckung genau in der Mitte.
    Die Platte löste sich mit einem Knall sauber aus ihrer Verankerung und fiel draußen scheppernd zu Boden. Jonny hatte eine Menge von seinem Schwung eingebüßt und landete kurz vor dem Haus. Er ließ sich in die Hocke sinken, aktivierte seinen Lichtverstärker und blickte sich um.
    Er befand sich auf einem Stück nackter Erde, das früher vermutlich ein ausgedehntes Blumenbeet gewesen war und fast bis zu jener Stelle reichte, wo die gestutzten Bäume und Sträucher eines kunstvoll gestalteten Haiku-Gartens begannen, der wiederum in eine Reihe ausgewachsener Bäume in der Nähe der Außenmauer überging. Keine Deckung bis zu den Bäumen – Jonnys Entfernungsmesser legte die Distanz auf etwa zweiundfünfzig Meter fest. Die Mauer selbst lag … dreißig Meter dahinter.

    Von hinten hörte er ein Geräusch. Er wirbelte herum und war sich undeutlich bewusst, dass die Bewegung schmerzte; er sah, wie Ilona leichtfüßig zu Boden sprang. »Toller Tritt«, zischte sie, als sie sich neben ihn hockte.
    »Gar nicht mal. Die Kanten sind nur gegen Einwirkungen von außen verankert. Irgendeine Ahnung, wo wir sind?«
    »Auf der Westseite der Villa. Das Tor befindet sich um die Ecke nach Norden.«
    »Das Tor ist mir egal – wir können genauso gut hier über die Mauer steigen.« Ein Teil von Jonnys Verstand wog die Wahrscheinlichkeit ab, dass die Trofts Richtmikrofone auf sie hielten. »Zuerst allerdings«, fügte er hinzu, »will ich feststellen, ob die Laser am Haus so eingestellt sind, dass sie auf Ziele feuern, die sich von hier fortbewegen.«
    Immer noch kein Zeichen von den feindlichen Soldaten. Er ging zu der ehemaligen Fensterabdeckung und nahm das Metall für eine kurze Untersuchung in die Hand. Jonny hatte keine Ahnung, ob es für seine Zwecke geeignet war, es war aber keine Zeit mehr, etwas Besseres zu suchen. Er packte die Platte an beiden Seiten, hob sie wie einen behelfsmäßigen Schirm über seinen Kopf … und schleuderte sie mit allem, was die Servos hergaben, auf die weit entfernte Mauer zu.
    Noch nie war er derart an die Grenzen gegangen, und einen Augenblick lang befürchtete er, die Platte zu weit geschleudert zu haben. Wenn sie über die Mauer flog und dadurch verriet, dass seine

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