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Coco Chanel & Igor Strawinsky

Titel: Coco Chanel & Igor Strawinsky Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Greenhalgh
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gewann ihre ersten Kunden. Schließlich hat sie einen kleinen Laden eröffnet. Als der Krieg kam, wurden alle männlichen Modeschöpfer zur Armee eingezogen, und die meisten fielen.«
    »Und daraus konnte sie Profit schlagen?«
    »Genau.«
    Eine Wolke Zigarrenrauch entweicht aus Igors Mund. »Dann hatte sie also Glück.«
    »Sie hat Talent. Und sie arbeitet hart. Mittlerweile gehören die Herzogin von York und die Prinzessin Polignac zu ihren Kundinnen, und sie beschäftigt über dreihundert Mitarbeiter in Paris, Biarritz und Deauville …« Diaghilew reibt Daumen und Zeigefinger der rechten Hand gegeneinander, als er fortfährt: »Sie hat Geld wie Heu und niemanden, für den sie es ausgeben kann. Und sie würde alles tun, um in der Gesellschaft akzeptiert zu werden.« Er schaut Igor auffordernd an, damit dieser seinen Gedanken zu Ende führt.

    »Du glaubst, sie könnte die Wiederaufführung finanzieren?«
    Diaghilew lehnt sich entspannt zurück und zieht zufrieden an seiner Zigarre. »Vielleicht. Nur vielleicht.« Er klaubt einen Tabakkrümel von seiner Lippe. »Auf jeden Fall kann sie es sich leisten. Die ganze feine Gesellschaft reißt sich um ihre Kleider.«
    »Den Eindruck habe ich auch.«
    »Die Hälfte ihrer Angestellten sind Emigranten. Vielleicht kennst du sogar ein paar davon.«
    »Ich bin nicht bereit, mich zu erniedrigen«, sagt Igor, plötzlich misstrauisch.
    »Mein lieber Junge, das verlangt doch auch niemand von dir.« Diaghilew sieht ihn vertrauensvoll an.
    »Sie ist eine bemerkenswerte Frau«, antwortet Igor.
    »Das ist sie in der Tat.«
    »Und sie ist nicht verheiratet, sagst du?«
    »Sie ist eine moderne Frau, in jeder Hinsicht.«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob ich so etwas gutheiße.«
    »Ach?«
    »Ich bin nicht einmal sicher, dass ich genau weiß, was das bedeutet.«
    »Zunächst einmal bedeutet es nur, dass sie reich und unverheiratet ist.«
    »Was willst du damit andeuten?«
    Diaghilew hält abwehrend die Hände hoch. »Nichts, alter Junge. Ich schwöre es.«
    Entschlossen leeren beide ihr Glas und drücken ihren Zigarrenstummel im Aschenbecher aus.
    »Noch einen Brandy?«
    Igor schüttelt den Kopf. »Ich muss gehen«, sagt er und richtet sich auf. »Danke für den wunderbaren Abend.«

    »Lass uns hoffen, dass er nicht vergebens war.«
    Als Igor Mantel und Schal anzieht, wird er für einen Moment wieder ernst. »Ich bin dir wie immer dankbar für deine Hilfe.«
    Diaghilew nickt. »Grüß Jekaterina und die Kinder von mir«, sagt er.
    »Das mache ich.«
    »Und ich sage dir Bescheid, wenn es etwas Neues gibt.«
    »Ja, tu das.« Sie umarmen sich und klopfen einander herzlich auf den Rücken.
    Nachdem Diaghilew die Tür geschlossen hat, seufzt er und schüttelt den Kopf, dann schenkt er sich noch einen Drink ein.
     
    Draußen regnet es nicht mehr, aber die Straßen sind noch feucht. Igor schlägt den Kragen hoch. Die frische Luft tut ihm gut. Er hat das Gefühl, er könnte kilometerweit laufen. Mit dem Regenschirm auf das Pflaster klopfend, geht er forschen Schrittes zurück zu seinem Hotel. Das Geräusch hallt im Takt auf den gepflasterten Straßen wider.
    Eine halbe Stunde später schlüpft Igor zu seiner Frau ins Bett. Im Schlaf verströmt Jekaterinas Körper einen etwas unangenehmen Geruch. Die Kissenfalten haben sich in ihr Gesicht eingedrückt, und Haarsträhnen kleben an ihrer Stirn. Sie leidet wieder unter Nachtschweiß, und er weiß, dass ihr Körper glüht. Aber er berührt sie nicht, er verspürt nicht einmal den Wunsch danach. Sein Körper kribbelt immer noch von dem Stromstoß, den ihm Cocos Hand versetzt hat.
    Er liegt einfach nur da, und es kommt ihm so vor, als könnte er ewig wach bleiben und an die Decke starren. Auf der Zunge spürt er immer noch die Wärme des Brandys. Um ihn herum scheint die Temperatur gestiegen zu sein, und tief in seinem Innern schwingt etwas hin und her.

Kapitel 4
    NACH DEM ESSEN bei Diaghilew gelingt es Coco tagelang nicht, den Gedanken an Igor aus ihrem Kopf zu verbannen. Sie zieht Erkundigungen über ihn ein und erfährt so von seiner desolaten finanziellen Situation. Aus einem plötzlichen Impuls heraus ruft sie ihn an und bittet ihn um ein Treffen. Es gebe da etwas, über das sie gern mit ihm sprechen möchte, sagt sie, aber nicht am Telefon. Es sei wichtig. Sie verabreden sich vor dem Zoo.
    Auch bei Igor hat ihre Begegnung einen unerklärlichen Eindruck hinterlassen, und so kann er es kaum erwarten, sie wiederzusehen. Er erinnert sich an die

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