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Coco Chanel & Igor Strawinsky

Titel: Coco Chanel & Igor Strawinsky Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Greenhalgh
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gottlos. Farbe war für sie immer schon ein sichtbares Zeichen für Seine Gegenwart, ein Symbol Seiner Herrlichkeit. Sie denkt an die Buntglasfenster der Kirchen, die Farben der Tiere und Pflanzen. In ihrer Monochromie scheint die Villa alles Göttlichen beraubt. Vom ersten Moment an erfüllt sie sie mit bösen Vorahnungen. Sie verspürt das Bedürfnis nach Schutz und spannt ihren weißen Sonnenschirm auf. Sie hält ihn vor die Sonne und dreht ihn nervös in der Hand.
    Dann reißt sie sich zusammen. Sie ist doch sonst nicht so ungnädig. Vielleicht ändert sie ja ihre Meinung, wenn sie das Innere des Hauses sieht. Sie muss dieser Frau gegenüber freundlich sein. Schließlich bietet sie ihnen ein Zuhause. Und vielleicht ist ihr erster Eindruck ja bloß durch ihre Müdigkeit getrübt. Die Fahrt hat sie erschöpft.
    »Ich möchte Ihnen dafür danken, dass Sie uns erlauben, hier zu wohnen«, sagt sie zu Coco. »Ich kann Ihnen gar nicht sagen, welche Erleichterung es für mich bedeutet, endlich etwas Stabilität in unserem Leben zu haben. Vor allem für die Kinder.«
    »Es ist mir eine Ehre, Sie hier zu haben. Seien Sie alle herzlich willkommen!«, antwortet Coco mit einer weit ausgreifenden Armbewegung, die Jekaterina und die Kinder in ihrem Schwung mit einschließt.
    Die Höflichkeiten klingen auswendig gelernt, und trotz der herzlichen Worte schleicht sich ein wachsamer Ausdruck in die Augen der beiden Frauen. Coco erkennt in Jekaterina auf den ersten Blick eine Frau, die zum Leiden bestimmt ist. Sie ist solchen Frauen schon früher begegnet. Es scheint, als
sähen sie etwas Edles in Elend und Selbstverleugnung. Wenn Jekaterina ein Opfer ist, dann macht sie sich wahrscheinlich selbst dazu, denkt Coco. Sie versucht sich den großen, hageren Körper der anderen Frau mit Igor im Bett vorzustellen, aber es gelingt ihr nicht.
    Igor hat damit gerechnet, dass es bei der ersten Begegnung der beiden Frauen zu Spannungen kommen werde, und Jekaterina, so gut es ging, vorbereitet. Er hat von Cocos Großzügigkeit geschwärmt, aber seine Frau gleichzeitig mit unschmeichelhaften Hinweisen auf Cocos niedere Herkunft beruhigt. Sie versteht, dass eine wohlerzogene Frau niemals ein Geschäft leiten würde. Vielleicht würde sie sich für ein paar wohltätige Zwecke engagieren, aber ganz sicher keinen Laden führen. Das wäre unschicklich, darin sind sich beide einig.
    Igor fragt, ob sich seine Frau irgendwo hinsetzen könne. Die schaukelnde Fahrt hat ihr nicht gutgetan. Ihre Augen wirken unter der Hutkrempe blass und ausgewaschen, und auf ihren Wangen zeichnen sich dunkle, mondförmige Flecken ab, als habe sie sich gekniffen. Coco deutet auf eine Bank. Als sie Igor ansieht, müssen beide unwillkürlich lächeln. Dann werden sie durch ein Knurren abgelenkt und drehen sich um.
    Die Strawinskys haben einen Kater namens Wassili. Bei seinem Anblick werden die Schäferhunde unruhig und schlagen mit dem Schwanz auf das Gras. Ein dumpfes Knurren entweicht der Kehle eines der Hunde. Die Katze macht einen Buckel und faucht. Aber sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, denn mit deutlich zur Schau gestellter Herablassung duldet Wassili, dass die Hunde neugierig an ihm herumschnüffeln. Sein herrisches Gebaren fasziniert sie. Die drohende Auseinandersetzung ist abgewendet.

    Joseph, der Butler, und seine Frau Marie kommen aus dem Haus. Sie haben vorher für Misia Sert gearbeitet, bis diese vor drei Jahren ihren Ehemann auswechselte - und mit ihm auch die Bediensteten. Coco stellt sie den Strawinskys vor. Igor erkennt in Joseph auf den ersten Blick einen rechtschaffenen, freundlichen Mann. Maries Gesichtsausdruck wirkt ein wenig strenger, aber sie lächelt, als sie Jekaterina die Jacke abnimmt und sie ins Haus führt. Joseph folgt ihnen hinein, sodass Igor und Coco mit den Kindern allein zurückbleiben.
    Igor beobachtet sie, wie sie hin und her rennen und die Hunde in immer engeren Kreisen vor sich herjagen. »Sie haben großes Glück«, sagt er.
    Coco sieht, dass die beiden Jungen das helle Haar und die wimpernlosen Augen ihrer Mutter geerbt haben, während die Mädchen Igors dunklere Züge aufweisen. Théodore weicht verschüchtert zurück, als Coco ihn anspricht. Aber die anfängliche Steifheit verfliegt, und bald folgt er ebenso ausgelassen wie die anderen ihrer Aufforderung zum Spiel.
    »Sie werden sich hier schnell einleben«, sagt sie.
    Der Fahrer öffnet die Tür an der Rückseite des Wagens und klettert hinein. Joseph, der ihm beim

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