Coconut Caye - Insel der Lust
gewesen und hatte keine Vorstellung davon gehabt, wie weich und zart Männerhaut sein konnte, wie seidig fein Brusthaare waren und wie umwerfend ein Mann aus unmittelbarer Nähe duftete. Dort, in dem schäbigen Motel, hatte sie wieder und wieder fasziniert diesen betörenden Duft eingesogen, hatte gar nicht genug davon bekommen können.
Sie hatte nie vergessen, wie es gewesen war. An dem Abend auf der Veranda hatte sie überlegt, wie es sein würde, ihre Erinnerungen wieder aufzufrischen und neue Eindrücke hinzuzufügen. Mittlerweile waren sie beide erwachsener, und entsprechend wäre vieles anders – wahrscheinlich noch besser. Und sie wollte etwas haben, wovon sie zehren konnte, wenn sie sich nach dem Urlaub wieder ins Arbeitsleben stürzte und auf ein Privatleben verzichtete.
Wenn sie das nächste Mal mit ihm schlief, wäre sie keine unerfahrene Jungfrau mehr, sondern eine erwachsene Frau, die wusste, was sie von einem Mann wollte.
Aber was genau wollte sie von ihm? Wollte sie wirklich nur einen heißen Urlaubsflirt, wie sie sich seit Wochen einredete? Oder wollte sie jetzt, nachdem sie seine Hände wieder auf ihrem Körper gespürt hatte, nachdem sie ihn gestern Abend geküsst hatte, vielleicht viel mehr, als sie in der kurzen Zeit auf der Insel bekommen konnte?
Eine Berührung, ein Kuss, mehr war noch nicht gewesen. Sie hatte gerade erst angefangen, ihre Fantasie in die Wirklichkeit umzusetzen. Und sie war nicht verwirrt, sondern nur ungeduldig. Ganz klar. Sobald sie endlich miteinander geschlafen hatten, sobald sie sich vergewissert hatte, dass er nur ein Mann von vielen war, würde sie wieder zur Ruhe kommen. Danach wäre ihr Kopf frei für andere Dinge als Ray Coffey. Und sie hätte endgültig ihr Leben zurück, in dem doch die Firma die Hauptrolle spielte und nicht er.
Wieso hatte sie ständig das Gefühl, an ihrem Plan wäre irgendetwas faul? Warum bezweifelte sie, jemals genug von ihm bekommen zu können?
“Außerdem ist Jess zwar ein echt scharfer Typ, aber entschieden zu jung, um für mehr als einen Urlaubsflirt in Betracht zu kommen”, riss Poe Sydney aus ihren Gedanken.
Bei diesen Worten musste Sydney unwillkürlich an das denken, was Lauren über Poe und ihren Vater gesagt hatte – dass Poe der richtige Typ Frau für Nolan sei. Da war etwas Wahres dran. Dennoch war Sydney sich nicht sicher, ob es ausgerechnet Poe sein musste.
“Jess und zu jung? Er ist gerade vier Jahre jünger als du.” Ganz im Gegensatz zu Nolan, der zehn Jahre älter war als Poe.
“Schon, aber das Alter in Jahren ist relativ unerheblich. Die Einstellung ist entscheidend. Ich bin jetzt zweiunddreißig, und ich sehe vieles anders, als ich es beispielsweise mit achtundzwanzig gesehen habe.”
“Das hört sich an, als lägen Welten zwischen euch”, erwiderte Sydney und dachte einen Augenblick nach. “Möglicherweise unterschätzt du Jess ein bisschen.”
“Hmm.” Poe setzte sich auf und angelte in ihrer Tasche nach dem Wasser. Sie trank einen kleinen Schluck, bevor sie sich wieder Sydney zuwandte. “Ich dachte, er hätte sowieso etwas mit Melanie.”
“Ich weiß lediglich, dass sie ein paar Mal zusammen aus waren. Aber soweit ich weiß, sind sie nur befreundet”, erklärte Sydney. Immerhin war es Poe hoch anzurechnen, dass sie auf die Gefühle der anderen Frauen Rücksicht nahm. Das war wichtig, wenn sie eine der Partnerinnen bei
Girl Gear
werden sollte. Denn sie arbeiteten dort sehr eng zusammen.
“Hmm”, machte Poe noch einmal. “Dann werde ich einfach abwarten, was sich ergibt. Trotzdem finde ich es normalerweise einfacher, mir vor Ort was Knackiges zu suchen. Heiße Affären, die mit der Abreise enden, haben ihre Vorzüge.”
“Mein Gott, bist du verdorben”, sagte Sydney kichernd.
Poe seufzte theatralisch. “Na ja, ich gebe mir Mühe. Das Leben als böses Mädchen macht nun mal mehr Spaß. Obwohl ich mir natürlich darüber im Klaren bin, welche Vorzüge die anständigere Alternative bisweilen zu bieten hat.”
“Langsam verstehe ich, weshalb Chloe meinte, du bist gar nicht so schlimm, wie du tust.”
“Verdammt, dabei habe ich so hart an meinem Image als Furie gearbeitet.”
“Warum möchtest du als jemand wahrgenommen werden, der du nicht bist?”
“Warum spielen Menschen Rollen?”, antwortete Poe mit einer Gegenfrage, die sie sogleich selbst beantwortete. “Sie wollen die hässliche Wahrheit verbergen.”
Sydney sollte sich mittlerweile an die dramatischen Übertreibungen Poes
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