Code Delta
für Geld, Macht, Ruhm oder Unsterblichkeit interessierte, gab es für Alexander nur einen Grund, ihm etwas zu verheimlichen – dass King nicht gefallen würde, was er zu hören bekam.
»Eine Überraschungsparty?«, erkundigte sich King in dem Versuch, mehr herauszubekommen, ohne direkt zu fragen.
Alexander tat so, als habe er ihn nicht gehört. »An meine Eltern kann ich mich kaum noch erinnern«, meinte er. »Aber ich bin froh, dass es damals noch keine Handys gab.« Er schüttelte grinsend den Kopf.
King durchschaute das falsche Lächeln und das Ablenkungsmanöver: Halt dich zurück. Doch war er niemand, der sich zurückhielt, nicht einmal gegenüber Unsterblichen, und er wollte gerade weiterbohren, als eine lautstarke Horde Touristen aus dem Ausflugsbus strömte. Einige gingen zum Besucherzentrum, um sich Prospekte zu holen, auf die Toilette zu gehen oder etwas zu trinken, während die anderen direkt auf die Unterführung zusteuerten, die unter der Straße hindurch zu dem spektakulären Steinkreis führte. Bis auf die Neuankömmlinge aus dem Bus war nicht viel los. Nach Stonehenge-Maßstäben hatten sie den Ort praktisch für sich allein.
Die Luft roch nach feuchtem Gras und Auspuffgasen – eine seltsame Mischung aus Natur und Zivilisation, die King an all die Kriegsgebiete erinnerte, die er gesehen hatte. Trotz des trüben Wetters war es angenehm, nicht übermäßig kühl.
»Sorry, wenn ich hier so rumgebrüllt habe«, sagte die Reiseleiterin zu King, als sie aus dem Bus stieg. Sie war hochgewachsen, lächelte strahlend und sprach mit unverkennbar britischem Akzent. Die braunen Haare hatte sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Beim Lächeln verengten sich ihre Augen, und die Lippen wurden zu pinkfarbenen Strichen. »Hab Sie in Ihre Telefone quasseln sehen.«
»Ach, nur keine Sorge, meine Liebe«, meinte Alexander.
King starrte ihn verblüfft an. Er klang wie ein Einheimischer, doch sie hatten keine Deckgeschichte vereinbart, so dass King nicht wusste, wie er sich verhalten sollte.
»Sie sind von hier?«, fragte die Busfahrerin.
»Geboren und aufgewachsen in Amesbury«, entgegnete Alexander. »Aber mein Freund hier ist ein Highlander, frisch aus den Bergen. Hat unsere Steine noch nie gesehen.«
»Ooh«, meinte sie kokett und schob sich näher an King heran. »Ein waschechter Schotte, was?«
King bemühte sich, nicht die Augen zu verdrehen. »Aye.«
»Tja, wenn Sie irgendwelche Fragen zu Stonehenge haben, sind Sie bei mir an der richtigen Adresse. Machen Sie keine Führung bei denen mit«, sagte sie mit einer Geste zum Besucherzentrum. »Die sind alle vom Hals aufwärts tot.«
King musste unwillkürlich lächeln. Seinen schottischen Akzent beibehaltend, antwortete er: »Seid ihr Londoner Mädels alle so von oben herab?«
Sie warf King einen schrägen Blick zu und grinste. Er wusste, dass er den Highlander ein bisschen dick auftrug, aber es konnte nicht schaden, ein wenig mit der Lady zu flirten. Und wenn er ihrem strahlenden Lächeln Glauben schenken durfte, schien er Erfolg zu haben.
»Ach, ich kenn den Krempel bloß schon aus dem Effeff«, antwortete sie und deutete auf ihren Bus. »Bin jetzt seit fünf Jahren Kapitän auf diesem roten Kreuzer. Und keiner weiß mehr über die Wunder des Wiltshire County als ich.« Sie knuffte King in die Rippen. »Ihr zwei Hübschen kriegt eine erstklassige Führung auf Kosten des Hauses.«
King streckte ihr die Hand entgegen. »Calum mein Name. Und mein Kamerad hier heißt Humphrey.«
Sie kicherte. »Bisschen altmodisch, was?«
»Er ist älter, als er aussieht«, meinte King.
Sie schüttelte ihm die Hand. »Lauren Henderson. Besitzerin und einzige Angestellte von London Hills Tours.«
»Das trifft sich gut«, meinte King. »Eines wollte ich nämlich schon immer wissen.«
Lauren legte den Kopf schief. »Ach? Und das wäre?«
»Ich habe auch Humph hier schon danach gefragt, aber was Geschichte angeht, ist er ein richtiger Einfaltspinsel.«
Alexander schmunzelte und schlenderte ein Stück voraus. Er behielt den Parkplatz, die Besucher und die Anlage auf der anderen Seite der Straße wachsam im Auge und folgte der Unterhaltung nur mit halbem Ohr.
King fuhr fort: »Sind Ihnen Worte bekannt, also, hm, gesprochene Worte, mit denen sich elementare Kräfte freisetzen lassen?«
Sie starrte ihn einen Moment lang an, dann grinste sie breit. »Ihr Highlander geht ganz schön ran, was?« Sie stieß ihm abermals den Ellenbogen in die Rippen. »Ah, ich zieh’
Weitere Kostenlose Bücher