Code Delta
viel zu Ihrer Wiederaufladungstheorie alle fünfzehn Minuten«, meinte King.
»Sie haben recht«, nickte Davidson und fügte hinzu: »Aber das hier war ein Lehmgolem in Form eines Menschen. Vielleicht gelten für etwas so … Raffiniertes andere Regeln als für die kruden Steinkolosse.« Er schraubte den Deckel der Probe ab und roch daran. Sein Gesicht war bleich, aber aufgeregt.
»Was ist es?«, fragte King.
Davidson hielt die Probe in die Höhe, als handelte es sich um eine Reliquie. »Wir sollten diesen Mann nicht Richard nennen.« Er sah King an. »Sondern … Adam .«
61 Unbekannter Ort
Fiona erwachte in einer Zelle von ähnlicher Form und Größe wie die letzte, nur dass der Fels diesmal braun und glatt war. Ein schmaler Schlitz in der einen Wand war das einzige hervorstechende Merkmal. Durch ihn kamen Luft und ein wenig Licht herein. Aber wo sie sich befand, war erst einmal zweitrangig. Sie musste sich endlich von ihren Fesseln befreien und richtig zu sich kommen.
Sie spuckte einen blutigen Klumpen Seilfasern aus. Es kam ihr vor, als hätte sie schon seit Stunden die Stricke bearbeitet, fieberhaft nagend und dazwischen immer wieder Pausen einlegend. Ihr Zahnfleisch war wund und blutig, doch diese kleinen Verletzungen waren nichts im Vergleich zu dem Schmerz, der durch ihren Körper tobte. Sie war jetzt seit so langer Zeit krumm zusammengebunden, dass sich Muskelkrämpfe einstellten. Schwindelanfälle plagten sie. Die Kopfschmerzen ließen nicht nach und wurden begleitet von einem furchtbaren Durst. Sie versuchte, das körperliche Unbehagen zu ignorieren, und konzentrierte sich ganz auf ihre Fesseln, die jetzt nur noch von wenigen Zwirnfasern zusammengehalten wurden.
Zitternd zerrte sie die Arme auseinander. Die Fasern spannten sich, und eine nach der anderen gab nach. Endlich riss der angeknabberte Strick mit einem Ruck entzwei. Fionas Arme flogen auseinander, und sie sackte schlaff in sich zusammen.
Die Anstrengung hatte sie erschöpft. Aber ihre Hände waren frei. Sie kämpfte gegen die bleierne Müdigkeit an und fing an, auch ihre Füße loszubinden. Normalerweise wäre das kein Problem gewesen, aber in ihrem Zustand kostete es sie zehn Minuten. Das in die Finger zurückschießende Blut machte jede Bewegung zur Qual.
Als auch ihre Füße frei waren, zog sich Fiona langsam an der Wand hoch. Sobald sie stand, überfiel sie eine erneute Welle von Übelkeit und drohte, sie zu Boden zu zwingen. Sie legte die Wange an die kalte Felswand und nahm sich Zeit, durchzuatmen und sich zu erholen. Als sie sich halbwegs fit fühlte, bückte sie sich vorsichtig und berührte mit den Fingern die Zehenspitzen. Die Dehnübung tat ihr gut. Sie richtete sich wieder auf und holte in tiefen Zügen Luft. Obwohl sie sich anschließend deutlich besser fühlte, ließen das Schwindelgefühl, die Kopfschmerzen und der Durst nicht nach.
So leise wie möglich näherte sie sich der einzigen Lichtquelle der Zelle, dem länglichen Schlitz in der Felswand. Sie spähte hindurch und erwartete, eine Wache zu sehen. Aber da war niemand.
Warum auch eine Zelle bewachen, die keine Tür hat? , dachte sie.
Gegenüber lag die kahle Felswand eines Gangs. Sie schob sich nach links, um in schrägem Winkel durch den Spalt zu spähen. Der Tunnel vor der Zelle mündete drei Meter weiter rechts in einen größeren Raum. Dort kam das Licht her.
Und da waren Schatten. Sie bewegten sich.
Eine Stimme. Sie lauschte, konnte aber die leisen Worte nicht verstehen, die wie ein Sprechgesang klangen. Einen Moment später hörte sie jedoch ein Wort, das sie kannte.
»Verdammt!« Es war eine maskuline, tiefe Stimme, in der eine Art überirdischer Bedrohung lag, als hätte kein einzelner Mann das Wort ausgesprochen, sondern ein Chor, dessen Stimmen um Sekundenbruchteile asynchron waren.
Der Sprechgesang hob von neuem an. Die Sprache war Fiona unbekannt, doch schlug der Klang eine Saite in ihr an. Einzelne Silben klangen vertraut. Betonungen. Modulationen. Nicht genug, um sich den Inhalt zusammenreimen zu können, doch einen Teil dessen, was der Mann sagte, verstand sie. Es waren Fragmente des Siletz-Idioms, dieser beinahe toten Sprache, die Fiona als einziger lebender Mensch noch beherrschte.
Wieder brach der Sprechgesang ab, gefolgt von einem wütenden Faustschlag. Sie zuckte zusammen, blieb aber still. Sie musste wissen, was außerhalb ihrer Zelle vorging.
Was dann kam, erschütterte sie bis ins Innerste. »Bitte, Sir«, flehte ein Mann mit schwacher
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