Code Freebird
dann so?«
»Nichts.«
Michaelis gab Levy einen Schubs, nicht weiter darauf einzugehen.
Nimrod fuhr fort. »Was wir an Zeugenaussagen bisher zusammengetragen haben, beläuft sich auf Folgendes: Lieutenant Brendall wurde ohnmächtig in der Toilette einer Buchhandlung aufgefunden. Sie schien verwirrt, verweigerte aber jegliche Hilfe. Kurz darauf verließ sie den Laden in Richtung einer nahegelegenen Bushaltestelle. Dort bestieg sie die Linie 12.
Der Busfahrer berichtete, dass sie sich während der Fahrt gegen seine Anweisungen verhalten habe. Sie wurde zunehmend hysterisch, bis er sie schließlich an der nächstgelegenen Haltestelle vor die Tür setzte.
Ein weiterer Zeuge sagte aus, dass sich die Frau am Bürgersteig ruhig verhalten habe. Sie sei irgendwie ›abwesend‹ gewesen. Schließlich sei sie nach vorn gekippt und von einem heranfahrenden Vierzigtonner erfasst worden. Die Wucht des Aufpralls hat sie zur Seite geschleudert. Todesursache scheint dieser Aufprall gewesen zu sein. Genaueres erfahren wir am Ende der Obduktion.«
Der entscheidende Punkt fehlte jedoch. Denn wegen eines bedauernswerten Unfalls hatte er Michaelis wohl nicht verständigt.
»Was uns Sorgen macht«, führte er weiter aus, »ist, dass wir an ihrem Körper eine Vorrichtung gefunden haben, wie sie einer Sprengladung gleicht. Allerdings waren die Taschen, die normalerweise für den Sprengstoff gedacht sind, mit handelsüblicher Knetmasse ausgestopft. Von diesen Attrappen gingen verschiedene Drähte weg. In der Nähe des Unfallortes haben wir ein zerstörtes Handy gefunden. Wir gehen davon aus, dass sie es mit sich geführt hat. Die Spurensicherung kann uns morgen mehr sagen.«
»Klingt nach einem missglückten Terroranschlag«, sagte Demandt süffisant. » Angehörige der US-Streitkräfte kapert Bus. Tolle Schlagzeile.«
Nimrod war für derartige Späße nicht zu haben. Seine Gesichtszüge bebten vor Zorn. »Herr Demandt, Sie sind nur hier, weil Ihre Behörde darum gebeten hat. Würde das Oberkommando keinen Wert auf eine gute Zusammenarbeit zwischen unseren Dienststellen legen, so kämen Sie nicht mal am Wachpersonal vorbei.«
»Beruhigen Sie sich, Colonel«, beschwichtigte Demandt. »Ich kann Ihren Unmut verstehen. Doch diese Angelegenheit, so traurig sie auch ist, entbehrt nicht einer gewissen Komik.«
Nimrod explodierte förmlich. »Komik?! Es wurde eine Frau getötet, die Mutter eines Zweijährigen ist und eine Angehörige der Streitkräfte. Was ist daran komisch?«
»Diese Frau war keine Unbekannte. Sie hat Menschenleben auf dem Gewissen. Und dass sie nicht Auge in Auge gekämpft hat, wie ein anständiger Soldat, sondern hinterlistig und bestialisch Gefangene hingerichtet hat, macht sie nicht gerade zu everybody’s darling. Der Lkw-Fahrer, der sie versehentlich gestreift hat, ist zudem ein Iraker. Das entbehrt nicht einer gewissen Ironie.«
»Was meinst du damit?«, wollte Michaelis wissen.
»Lieutenant Brendall ist uns durchaus bekannt. Sie hat im Irak, in Rumänien und auch auf Kuba gedient. Und nun rate mal, was diese Länder miteinander verbindet.«
»Du meinst, Sie war an Verhören beteiligt?«
»Sie war sogar für einige verantwortlich. Die Frau hat sich um die Sicherheit der amerikanischen Nation verdient gemacht, hat Auszeichnungen erhalten und in Wiesbaden ihre Nachfolger für den osteuropäischen Raum geschult. Ist es nicht so, Colonel?«
Nimrod bestätigte es durch sein Schweigen. Sein Blick haftete an den Vorgängen im Obduktionssaal.
»Wieso sollte sie einen Bus mit einer Bombenattrappe hijacken?«, fragte Levy. »Das passt überhaupt nicht zusammen.«
»Sehr richtig«, bestätigte Demandt. »Ich denke, da steckt jemand ganz anderes dahinter.«
»Und wer könnte das sein?«, hakte Michaelis nach.
Auch ihr dämmerte es, dass Demandt und Nimrod einen entscheidenden Wissensvorsprung hatten.
Demandt antwortete nicht. Er wartete auf Nimrods Reaktion.
Es dauerte, aber dann lenkte er schließlich ein. »Wir haben ein Problem. Es lässt sich nicht länger verleugnen. Der Grund, wieso diese beiden Herren dort im Saal anwesend sind, ist, dass sich die Army ernsthaft Sorgen um einen ihrer Soldaten macht …«
»Den Blade Runner«, sagte Levy.
Nimrod nickte. »Alle Erkenntnisse zeigen in seine Richtung. Einer unserer Informanten berichtete von einem Amerikaner, der sich auf die Seite der oppositionellen Iraker geschlagen habe. Er war gut ausgebildet, kannte sich mit Sprengstoff und Waffen sehr gut aus. Er war
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