Codename - Cobra
einer kleinen Kommode das Telefon stand.
»Ja? Applegate!«, rief er atemlos in den Hörer. Justus sah zu Peter und Bob, legte den Finger auf die Lippen und deutete dann auf sein linkes Ohr zum Zeichen, dass sie alle still sein und dem Gespräch lauschen sollten.
»Cloe! Gott sei Dank! Ich habe vorhin schon ein paar Mal angerufen, aber ihr wart nicht da! Julia sollte schon längst zu Hause sein! Sie soll sofort –«
Applegate verstummte und für einige Sekunden hörten die drei ??? nichts. Aber das Nächste, was der Mann sagte, ließ alle drei erschrocken aufhorchen, obwohl es nur ein einziges Wort war, das er von sich gab. Doch es war nicht das, was er sagte, sondern die Art, wie er es sagte, die die drei Detektive so erschaudern ließ. Dieses raue, durch Mark und Bein gehende »Was?« klang so verzweifelt, dass sich die drei ??? voll der schlimmsten Vorahnungen anschauten.
»Sie ist«, ächzte Applegate weiter, »sie ist nie bei dir gewesen? Aber, aber ... ihr habt doch gestern telefoniert ... und ausgemacht, dass sie ... habt ihr nicht? Nicht? Sie hat ... nie angerufen? Oh Gott! Oh mein Gott! Ich habe es geahnt. Ich habe so etwas geahnt!«
Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis draußen im Flur der Hörer auf die Gabel gelegt wurde. Und es dauerte noch einmal so lange, bis sich Applegate wieder in Bewegung setzte und auf die Wohnzimmertür zugeschlurft kam.
Aber der Mann, der dann endlich wieder im Zimmer erschien, war nicht mehr Applegate. Es war zumindest nicht mehr jener Applegate, den die drei ??? vor wenigen Minuten kennen gelernt hatten. Der Mann schien um Jahre gealtert, sein Gesicht war eingefallen, seine Lippen blutleer, er selbst einen Kopf kleiner, niedergebeugt von tonnenschwerer Angst.
»Ich bin schuld, ich bin ... schuld!«, keuchte Applegate und ließ sich leeren Blickes auf einen Sessel fallen. Dort vergrub er sein Gesicht in seinen Händen und gab nur noch dumpfe, unverständliche Laute von sich.
Die drei ??? sahen sich bestürzt an. Zu deutlich war dieses Telefonat gewesen, als dass sie nicht hätten erahnen können, was los war. Julia war verschwunden! Sie hatte ihrem Vater gestern allem Anschein nach erzählt, dass sie bei einer Freundin – Cloe – übernachten wolle, war dort aber nie angekommen und hatte mit dieser Freundin auch gar nicht darüber gesprochen. Dafür war sie ohne das Wissen ihres Vaters zu ihnen in die Zentrale gekommen und danach – ja, was war danach passiert?
Justus schüttelte die beklemmenden Gedanken an das Danach, die sich wie schaurige Gespenster in sein Gehirn schlichen, ab und versuchte sich zu konzentrieren. Jetzt galt es kühlen Kopf zu bewahren, die Sache systematisch anzugehen. Mit schrecklichen Befürchtungen war jetzt niemandem gedient, am wenigsten Julia.
»Mr Applegate«, begann der Erste Detektiv vorsichtig, »wir würden Ihnen gerne helfen, aber dazu müssen wir genau erfahren, was sich gestern zugetragen hat, bevor Julia zu uns kam. Vielleicht gibt uns das einen Hinweis, so dass wir wissen, warum sie nicht mehr nach Hause gekommen ist und auch bei ihrer Freundin nicht aufgetaucht ist.«
Applegate fragte gar nicht danach, woher Justus das alles wusste, sondern fing einfach mit gebrochener Stimme zu erzählen an: »Wir hatten einen Streit. Julia kam am Nachmittag völlig außer sich aus ihrem Zimmer gerannt und rief, dass sie eine Nachricht von Ted erhalten habe, ihrem Bruder. Der sei in größten Schwierigkeiten, habe sie um Hilfe gebeten und so weiter. Ich habe dann versucht, sie zu beruhigen, doch sie steigerte sich immer weiter hinein. Irgendwann habe ich dann die Geduld verloren und sie auf ihr Zimmer geschickt. Und als sie dann ungefähr eine Stunde später wieder rauskam und mich fragte, ob sie bei Cloe übernachten dürfe, habe ich zugestimmt. Sie machte wieder einen halbwegs vernünftigen Eindruck und ich hielt es für das Beste, wenn sie etwas Ablenkung bekommt.« Applegate stockte und kämpfte dann sichtlich mit den Tränen. »Und jetzt ist sie, ist sie ... und nur, weil ich, ich nicht – oh Gott!«
Die drei ??? schwiegen eine Weile betroffen, aber dann ergriff Justus wieder das Wort. »Mr Applegate, genau wegen dieser Sache kam Julia dann am Abend auch zu uns. Sie bat uns, ihrem Bruder zu helfen. Nun haben wir –«, Justus druckste ein wenig herum, »haben wir ihr versprochen, dass wir uns mit ihrem Bruder einmal treffen würden. Aber Sie selbst nahmen ihre Sorgen offenbar nicht so ernst, wie Sie ja gerade erzählt haben. Nun,
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