Codename Merlin - 3
weiteres. Ich weiß nur wenig über dieses andere Eisen, das es dereinst zu schmieden gelten wird, und selbst dieses Wenige weiß ich nur durch reinen Zufall. Dr. Pei hatte niemals die Absicht, uns darüber in Kenntnis zu setzen − wieder aus offensichtlichen Gründen. Doch so viel weiß ich: Commodore Pei und sie haben auch noch andere Vorbereitungen getroffen, haben noch andere Pläne zurechtgelegt, ebenso gründlich wie das, was uns selbst betrifft. Ich werde nicht einmal das wenige, was ich weiß, hier zu Papier bringen, nur für den Fall, dass dieses Schreiben dereinst der Inquisition in die Hände fällt. Aber wer auch immer du sein magst, du darfst niemals vergessen, dass es auch noch dieses zweite Eisen gibt. Der Tag wird kommen, an dem es zu einer mächtigen Waffe wird, und wenn diese Waffe in Erscheinung tritt, so musst du sie auch als genau das erkennen, was sie ist. Setze dein Vertrauen in diese Waffe. Sie hat ihre Wurzeln in einer Treue, die du dir nicht einmal ansatzweise vorstellen kannst, und in einer Opferbereitschaft, die größer ist als das All selbst. Ich glaube, du wirst sie erkennen, wenn − sobald − du sie siehst, und hiermit vermagst du sie auf die Probe zu stellen: Nimue.«
Ein PICA verfügte nicht über einen Blutkreislauf, und dennoch durchfuhr heftiger Schmerz Merlins nicht vorhandenes Herz, als er diesen letzten Satz las. Endlose Sekunden lang starrte er nur das Blatt Papier an, und fast war ihm, als höre er ein letztes Mal Pei Shan-weis Stimme, als er diese Worte las − niedergeschrieben von einem Mann, der vor siebenhundertfünfzig Jahren zu Staub zerfallen war.
Schließlich hob er wieder den Blick, und Staynair blickte dem PICA tief in die saphirgrünen Augen.
»Sagt mir, Merlin …«, fragte er mit sehr sanfter und sehr leiser Stimme, »… seid Ihr Shan-weis zweite Waffe?« »Worum geht es denn hier?«, fragte König Cayleb und ignorierte den Thron auf seinem Podest; stattdessen stellte er sich mit dem Rücken zum kleinen Fenster des Audienzzimmers. Immer wieder blickte er zwischen Erzbischof Maikel und Merlin hin und her, die Augenbrauen hatte er fragend gehoben. Merlin lächelte ihn an; es war fast ein Grinsen.
»Ihr werdet Euch vielleicht erinnern, Euer Majestät«, sagte er, »dass ich Euch einmal versprochen habe, sobald ich ein gewisses Thema ausführlicher würde erläutern können, würde ich das auch tun.«
Caylebs Augen weiteten sich. Dann huschte sein Blick zu Staynair hinüber. Abwehrend hob er die Hand, doch Merlin schüttelte den Kopf.
»Das ist in Ordnung, Cayleb«, sagte er. »Es hat sich herausgestellt, dass Erzbischof Maikel − und tatsächlich auch Euer Herr Vater − eine deutlich bessere Vorstellung davon hatten, wer ich in Wirklichkeit bin, als mir bewusst war.«
»Wirklich?« Plötzlich wirkte Cayleb sehr konzentriert, und der Blick, den er Staynair zuwarf, wirkte immens nachdenklich.
»Oh, ich denke, das könnte man so sagen.« Merlins Grinsen wurde noch breiter. »Wisst Ihr, Cayleb, es ist folgendermaßen …«
.VII.
König Caylebs privater Speisesaal, Königlicher Palast, Stadt Tellesberg, Königreich Charis
»Darf ich Euch nachschenken, Maikel?«, fragte König Cayleb deutlich später am Abend; immer noch hielt er die Weinflasche in der Hand, aus der er gerade sein eigenes Glas erneut nachgefüllt hatte.
»Ja bitte, Euer Majestät.« Der Erzbischof hob das Glas und lächelte fast spitzbübisch. »So kommt aus Corisande wenigstens etwas Gutes«, merkte er an, nachdem er einen Blick auf das Etikett der Flasche geworfen hatte.
»Irgendetwas Gutes gibt es fast überall«, erwiderte Cayleb, während er das Glas des Erzbischofs füllte. Diese einfache Aufgabe schien seine ganze Aufmerksamkeit zu erfordern; es war, als empfinde der jugendliche König sie als zutiefst tröstlich. Oder er sah darin zumindest eine willkommene Ablenkung.
Schließlich stellte er die Flasche auf den Tisch zurück und nahm wieder in seinem Sessel Platz.
Offiziell war dies ein privates Abendessen mit seinem Erzbischof, das auf Maikels Bitte hin stattfand. Nachdem Gray Harbor das Königreich verlassen hatte und Staynair an seiner statt die Aufgaben eines Ersten Ratgebers übernommen hatte, hatte es derartige Abendessen schon des Öfteren gegeben. Und natürlich war dafür stets Captain Athrawes als Leibgarde des Königs ausgewählt worden. An diesem Abend erwies sich diese Tradition als äußerst nützlich.
»Also gut«, sagte Cayleb leise. »Jetzt hatte ich
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