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Codename Sparta 01 - Die Sternenkoenigin

Codename Sparta 01 - Die Sternenkoenigin

Titel: Codename Sparta 01 - Die Sternenkoenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Preuss
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wickelten sie in zwei Wollhosen, ein Flanellhemd, einen Schal, pelzgefütterte Lederstiefel, einen dicken Mantel aus glänzendem grauen, gesteppten Stoff – eine märchenhaft teure Garderobe, die sie allerdings nicht in Erstaunen versetzte. Sie war durchaus in der Lage, sich selber anzuziehen, aber sie vergaß oft, ihre Kleider zu wechseln. Man fand es einfacher, sie in Morgenmantel und Pantoffeln umherlaufen zu lassen und sich einzureden, sie sei hilflos. Jetzt half man ihr, und sie ließ es mit sich geschehen.
    Der Arzt wartete draußen auf den eiskalten Stufen der Steinveranda auf sie und betrachtete die Flügeltüren, an deren Rahmen bereits die Farbe abblätterte, die vergilbte Lackfarbe, die in der dünnen, trockenen Luft zu Staub wurde. Er war ein großer und sehr rundlicher Mann, was durch seinen massigen schwarzen Mantel mit dem eleganten Samtkragen noch betont wurde. Der Mantel war soviel wert wie ein durchschnittliches Einfamilienhaus. Er war ein Zeichen für die Kompromisse, die er gemacht hatte.
    Die junge Frau wurde von den Schwestern aus dem Haus getrieben und rang in der schneidenden Kälte nach Luft. Zwei rosige Flecke blühten auf ihren Wangenknochen unter der durchsichtigen, blau-weißen Haut. Sie war weder groß noch ungewöhnlich schlank, aber ihre Bewegungen waren flink und von einer selbstverständlichen Sicherheit, die ihn daran erinnerte, daß sie Tänzerin war. Unter anderem.
    Er lief mit der jungen Frau über das Gelände hinter dem Hauptgebäude. Von dieser Höhe konnten sie hundert Meilen weit über den Flickenteppich aus braunem und weißen Flachland im Osten sehen, einer Wüste aus abgegrastem, unfruchtbarem Geröll. Das Weiße war nicht alles Schnee, einiges davon war Salz. Die Nachmittagssonne spiegelte sich in den Fenstern einer Richtung Süden fahrenden Magnetbahn, die zu weit entfernt war, um sie deutlicher erkennen zu können. Wo das Sonnenlicht die Schneedecke geschmolzen hatte, knirschten braune, von Eisschollen zusammengehaltenen Grashalme unter ihren Füßen.
    Die Wiese wurde durch kahle Baumwollpflanzen begrenzt, die dichtgedrängt parallel zu einer uralten Ziegelmauer gepflanzt waren. Der drei Meter hohe elektrische Zaun hinter der Mauer war vor dem Berg kaum zu erkennen, der abrupt anstieg und sich im Schatten verlor; weiter oben hielten sich bläuliche Schneewehen hartnäckig unter dem Kriechwacholder.
    Sie saßen auf einer Bank in der Sonne. Er zog ein kleines Schachbrett aus seiner Manteltasche und legte es aufgeklappt zwischen sie. »Wie wär’s mit einer Partie?«
    »Spielen Sie gut?« fragte sie, statt zu antworten.
    »Es geht. Nicht so gut wie Sie.«
    »Woher wissen Sie das?«
    Er zögerte; sie hatten schon oft gespielt, aber er war es leid, sie mit der Wahrheit zu konfrontieren. »Es stand in Ihrer Akte.«
    »Die Akte würde ich gerne irgendwann einmal sehen.«
    »Leider komme ich nicht mehr an sie heran«, log er. Die Akte, die sie meinte, war eine ganz andere.
    Sie bekam die weißen Figuren und eröffnete. Im vierten Zug brachte sie den Doktor in Schwierigkeiten, indem sie den Bauern vor den Läufer auf G3 zog. Um Zeit zum Nachdenken zu gewinnen, fragte er: »Gibt es sonst noch etwas, das Sie gerne tun würden?«
    »Sonst noch etwas?«
    »Gibt es irgend etwas, das wir für Sie tun können?«
    »Ich möchte meinen Vater und meine Mutter sehen.«
    Er antwortete nicht, sondern dachte statt dessen über die Stellung nach. Wie alle Dilettanten hatte er damit zu kämpfen, zwei oder drei Züge voraus zu denken, und war nicht in der Lage, alle Veränderungen im Kopf zu behalten. Sie dagegen dachte wie fast alle Meisterspieler in Konstellationen; es spielte nicht einmal eine Rolle, daß sie sich in diesem Augenblick nicht mehr an ihre Eröffnungszüge erinnern konnte. Vor Jahren, als ihr Kurzzeitgedächtnis noch nicht zerstört worden war, hatte sie unzählige Figurenkonstellationen speichern können.
    Er drückte die Knöpfe für die Figuren und beantwortete sofort ihren Zug. Mit ihrem nächsten Zug nagelte sie einen seiner Läufer fest. Er lächelte wehmütig. Ihm stand wieder eine vernichtende Niederlage bevor. Trotzdem gab er sein Bestes, um mithalten und ihr eine interessante Partie bieten zu können. Viel mehr hatte er ihr ohnehin nicht zu bieten, solange ihm durch ihre Wärter die Hände gebunden waren.
    Es verging eine Stunde – Zeit bedeutete ihr nichts –, bis sie zum letztenmal ›Schach‹ sagte. Er hatte seine Königin schon lange verloren, seine Situation

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