Codename Tesseract - Wood, T: Codename Tesseract - The Killer
er wohnte, und das bedeutete, dass sie über erhebliches Geschick verfügten oder sehr exakt recherchiert hatten. Solange Victor nicht genau wusste, mit wem er es zu tun hatte, konnte er es sich nicht leisten, sie zu unterschätzen. Er musste davon ausgehen, dass sie ihm zumindest ebenbürtig waren. Sollte sich herausstellen, dass dem nicht so war, dann umso besser.
Die Rezeptionistin beendete ihre Suche und schüttelte den Kopf. »Monsieur, il n’y a aucun message pour vous.«
Er bedankte sich und sah im selben Augenblick, wie die konzentrierte Miene des Mannes im Fahrstuhl für einen kurzen Augenblick einem Ausdruck des Schmerzes oder höchster Anspannung wich. Er hob einen Finger an das rechte Ohr, dann warf er einen schnellen Blick auf seinen Partner. Noch während er den Mund öffnete, um etwas zu sagen, versuchte er die Hand zwischen die zugleitenden Fahrstuhltüren zu schieben, doch es war zu spät. Victor konnte gerade noch die ersten Worte von seinen Lippen lesen.
Er ist in der Lobby …
Sie trugen Funkempfänger. Man hatte ihn entdeckt.
Victor drehte sich um und ließ den Blick durch das Foyer gleiten, musterte jede einzelne Person etliche Sekunden lang, um festzustellen, ob ihm andere Mitglieder des Killerkommandos entgangen waren. Die natürliche Reaktion auf eine solche unmittelbare Bedrohung wäre gewesen, sofort zu handeln. Bei Gefahr wurden die Nebennieren angeregt, Adrenalin auszuschütten,
das den Herzschlag beschleunigte und den Körper in Aktionsbereitschaft versetzte. Doch Victor verließ sich nur ungern auf seine Instinkte. In der Wildnis hatte man immer nur die Wahl zwischen zwei Möglichkeiten: kämpfen oder flüchten. Victors Herausforderungen waren jedoch in der Regel weit weniger einfach.
Er schluckte, holte tief Luft, zwang seinen Körper zur Ruhe. Er musste nachdenken. Schnelles Handeln brachte überhaupt nichts, wenn es falsch war. Wer in Victors Branche den ersten Fehler machte, war nur selten in der Lage, noch einen zweiten zu begehen.
Er zählte zehn Personen in der Lobby. Ein Mann mittleren Alters und seine junge, attraktive Begleiterin waren auf dem Weg zur angrenzenden Bar. Eine Gruppe hüftsteifer alter Männer saß auf den Ledersesseln und amüsierte sich. Die verführerische Rezeptionistin unterdrückte ein Gähnen. Ein Geschäftsmann steuerte den Ausgang an und rief etwas in sein Handy. Bei den Fahrstühlen kämpfte eine Mutter mit ihrem Kleinkind. Niemand, der etwas mit den beiden Männern zu tun haben könnte, allerdings war es möglich, dass weitere Gegner den Lieferanteneingang oder vielleicht sogar die Küche besetzt hielten, um ihrer Beute jeden möglichen Fluchtweg zu versperren. Das war das übliche Vorgehen. Allerdings zwecklos, wenn die Beute gar nicht da war, wo sie eigentlich sein sollte.
Aus irgendeinem Grund war der zeitliche Ablauf durcheinandergeraten, und der ursprüngliche Plan funktionierte nicht mehr. Sie würden hektisch werden, fürchten, dass sie entdeckt worden waren und dass ihre Zielperson womöglich entkommen konnte. Sie hatten ihn aus den Augen verloren und mussten ihn zunächst einmal wiederfinden. Oder sie würden jedes Versteckspiel über Bord werfen und versuchen, ihn hier und jetzt umzubringen, solange sie ihn noch für verwundbar und unaufmerksam hielten. Victor hatte weder das eine noch das andere vor.
Er beobachtete die Anzeige über dem Fahrstuhl. Die Drei leuchtete auf. Dort lag sein Zimmer. Er starrte weiter auf die Anzeige. Wenige Sekunden später erschien die Zwei. Sie waren wieder auf dem Weg nach unten.
Victor warf einen Blick zum Haupteingang. Wenn er jetzt hinausging, dann musste er sich nur mit denen beschäftigen, die zu seiner Überwachung eingeteilt waren. Sie waren vielleicht nicht darauf eingerichtet, ihn zu Fuß zu verfolgen, und wenn er schnell genug war, konnte er unter Umständen entkommen, ohne dass ein Schuss fiel. Aber er konnte nicht weg. Sein Reisepass und seine Kreditkarten lagen in seinem Hotelzimmer. Die Dokumente waren zwar gefälscht, aber seine Verfolger wussten eigentlich jetzt schon zu viel über ihn.
Er konnte die Treppe nehmen, aber nicht, wenn einer der beiden ihm dort entgegenkam, um genau das zu verhindern. Es gab da nämlich noch ein Problem. Er war unbewaffnet. Die FN, die Ozols’ Leben beendet hatte, war in ihre Einzelteile zerlegt und einzeln entsorgt worden. Der Lauf in der Seine, der Schlitten in einem Gully, Verschluss und Schließfeder in einem Container, das Magazin in einem
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