Codewort Geronimo - der Augenzeugenbericht zum Einsatz der Navy-SEALs gegen Osama bin Laden
Flashlight 1 und 2 eingesetzt. Flashlight 1 beförderte die Treibstofftanks sowie Schläuche und Pumpen, um die Stealth Hawks auf dem Rückflug jenseits der Grenze zu Afghanistan aufzutanken. Flashlight 2 würde mit 20 Einsatzkräften des SEAL-Teams 6 besetzt, die den FARP sichern und die Helikopter vor aufständischen Taliban schützen sollten. Die SEALs, die das Auftanken absichern sollten, waren mit Stinger-Flugabwehrraketen ausgerüstet für den Fall, dass Jagdflugzeuge der pakistanischen Luftwaffe bei der Verfolgung der Stealth Hawks die Grenze überschreiten würden. Dazu hätten sie jedes Recht. Sollten die SEALs an Osamas Anwesen in einen Hinterhalt geraten, konnten die Einsatzkräfte an Bord von Flashlight 2 als schnelle Eingreiftruppe eingesetzt werden, um den SEALs zu helfen, sich den Rückweg freizukämpfen und wieder in freundlicheres Territorium zurückzukehren.
Die Entscheidung, die Ghost Hawks nicht in Gefahr zu bringen, gestaltete die Mission in vieler Hinsicht schwieriger, wurde jedoch als unbedingt notwendig erachtet. Es wäre unvernünftig gewesen, die Ghost Hawks schutzlos in den Kampf zu schicken. Die Jagdflugzeuge würden zwar nicht starten, doch die USS Carl Vinson würde einen EA-6B „Prowler“ schicken – ein Flugzeug zur elektronischen Kriegführung, das die pakistanische Luftabwehr lahmlegen sollte, wenn die Stealth Hawks in pakistanischen Luftraum vordrangen. Das war immerhin besser als nichts.
Die EA-6B Prowler der Navy sind ebenfalls komplex und streng geheim. Prowler fliegen in der Regel unbewaffnet. Sie sind weder besonders schnell noch außergewöhnlich wendig, doch sie können das feindliche Radar täuschen und blind machen für anwesende Flugzeuge. Potenziellen Abfangjägern können sie sogar Ziele vorgaukeln, die in Wirklichkeit gar nicht da sind. Ein einziger Prowler sollte das pakistanische Radar die 210 Minuten lang irreführen, die sich die Stealth Hawks in Pakistan aufhalten würden. Für diese Mission musste auch der Prowler zwischendurch aufgetankt werden, was im Flug bei einem Rendezvous über dem Indischen Ozean geschehen sollte – nachts, durch einen anderen Prowler, der speziell für die Luftbetankung ausgerüstet war. Auf jeder Ebene hing die Operation Neptune’s Spear davon ab, dass die Flugzeugbesatzungen fehlerfrei arbeiteten.
Am Abend des 1. Mai begann um 21.00 Uhr afghanischer Zeit die Übertragung eines Livevideos aus dem Bin-Laden-Anwesen zum Joint Operations Center in Dschalalabad. Die hochauflösenden Kameras der Sentinel gaben das Grundstück in Grünschattierungen wieder. Die Bilder waren so klar, dass man beobachten konnte, wie einer von bin Ladens Leibwächtern das Schloss am Eingangstor prüfte und dann mit einer Taschenlampe zwischen den Gebäuden umherlief. Unsichtbar fürs Radar zog die Sentinel ihre Kreise über Abbottabad. In 6.000 Metern Höhe war sie von der Erde aus weder zu sehen noch zu hören. Die Sentinel-Drohne war nichts als ein winziger Lichtpunkt in der weiten, dunklen Nacht.
Die Sturmtruppführer des Red Squadrons gesellten sich zu Admiral McRaven im Operations Center und sahen sich die Videoeinspeisung vom Schlupfwinkel an. Nichts war anders als auf den Hunderten von Luftbildern, die sie bereits analysiert hatten. Es gab keine verstärkten Sicherheitsvorkehrungen. Vor allem aber zeigten die Luftaufnahmen, dass die gläserne Schiebetür im zweiten Stock offen stand. Sie sollte das Haupteinfallstor für die SEALs werden.
Im zweiten Stock, in dem Osama sein Schlafzimmer hatte, waren manche der Fenster auf der Vorderseite des Hauses zugemauert. Auch die übrigen Fenster waren fest geschlossen. Die Luftzufuhr für den zweiten Stock erfolgte nur über drei Schiebetüren aus Glas, die auf eine ummauerte Terrasse hinausgingen.
Ansonsten war das Gelände rundum gut befestigt. Osama und seine Leibwache hatten fast jede Eventualität zur Abwehr eines Angriffs vom Boden aus einkalkuliert. Das Grundstück war von einer hohen Mauer umgeben, die mit Stacheldraht gesichert war. Die Tore in der Mauer waren aus Metall. Die Türen des Haupthauses waren alle durch Eisengitter geschützt und auch im Haus waren einzelne Bereiche durch solche Metalltore voneinander abgeteilt. Die zentrale Treppe durchs Hauptgebäude war im Erdgeschoss durch eine Metalltür abgeriegelt. Osama und seine Leibgarde hatten von überall her mit Angriffen gerechnet – nur nicht aus der Luft.
Das Red Squadron wurde von einem muskulösen, hochgewachsenen Mann mit flinken
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