Codewort Geronimo - der Augenzeugenbericht zum Einsatz der Navy-SEALs gegen Osama bin Laden
grünen Augen und durchdringendem Blick angeführt, dessen sprachlicher Einschlag an Tidewater, Virginia erinnerte. In seiner Unterlippe bunkerte Frank Leslie stets eine Prise Copenhagen-Kautabak. Er kommandierte die Red Men schon seit fast zwei Jahren und seine Männer mochten ihn. Im Red Squadron gab es noch zwei weitere Offiziere. Beide sollten beim anstehenden Auftrag eine Schlüsselrolle spielen.
Der Führer des zweiten Sturmtrupps entsprach nicht dem Bild, das sich die amerikanische Öffentlichkeit vermutlich von einem Angehörigen des SEAL-Teams 6 macht. Er hatte den drahtigen Körperbau eines Langstreckenläufers und war ein Meister im Kajak. Auch er sprach mit leichtem Südstaatenakzent und lebte wie sein Vorgesetzter offenbar von Kautabak und schwarzem Kaffee. Rich Horn sagte gern, im Einsatz brauche er bloß Koffein, Nikotin und Kerosin. Das Kerosin war für den Hubschrauber, der ihn beförderte. Nikotin und Koffein waren seine Vorstellung von gesunder Ernährung. Der dritte Offizier des Red Squadron hatte gerade das Green Team absolviert. Er besaß viel Afghanistan-Erfahrung als Platoon-Kommandeur und später als Truppenführer bei den SEAL-Teams 4 und 8. Im Team 6 war er zwar noch nicht sehr lange, doch Feuergefechte in Gebäuden waren ihm nicht fremd.
Der führende Stealth Hawk bekam das Rufzeichen Razor 1. Sein Pilot gehörte zu den ersten, die je einen Stealth-Hubschrauber in den Kampfeinsatz steuerten. Der Mann war erfahren und aggressiv. Razor 1 würde zehn Kombattanten aufnehmen, unter anderem die Scharfschützenzelle des SEAL-Teams 6 und zwei Sprengstoffspezialisten, die Plastiksprengstoff-Schneidladungen im Gepäck hatten. Damit sollten die Terrassentüren aufgesprengt werden, falls sie geschlossen waren – oder, wenn nötig, auch gleich das Dach –, um dem Team Zugang zum zweiten Stock zu verschaffen. Razor 1 sollte vor Ort das Kommando haben, bis der Command Bird mit Scott Kerr und der Verstärkung eintraf. Razor 2, der zweite Stealth Hawk, würde von einem weiteren Veteranen geflogen, der seit zehn Jahren bei der TF-160 im Einsatz war. Der Hubschrauber würde einen zweiten Sturmtrupp aus zehn Schützen absetzen. Außerdem hatte er ein Zweierteam Scharfschützen an Bord, das schon den Maersk Alabama -Einsatz mitgemacht hatte, und einen eigens abgestellten Beobachter, der direkt Feuerschutz in die Türen und Fenster des Hauses leiten würde, während Razor 1 im Anflug war und auf dem Dach landete.
Die ganze Operation stand und fiel mit der Fähigkeit der Scharfschützen, zu verhindern, dass die anfliegenden Hubschrauber unter Beschuss genommen würden. Besonders mussten sie darauf achten, dass es kein Bewaffneter aufs Dach eines der Gebäude schaffte oder während der Landung auf dem Hauptgebäude freie Schussbahn auf Razor 1 bekam.
Die Stealth Hawks waren leise, doch nicht vollkommen geräuschlos. Bestimmt würde irgendwann jemand auf dem Gelände merken, dass zwei schwarze Hubschrauber herunterkamen. Ein einziger entschlossener Schütze konnte beide Stealth Hawks mit nur einem Magazin herunterholen, wenn er richtig traf. Hatten die Männer auf dem Anwesen genug Zeit, um ihre schultergestützten Strela-Raketen abzufeuern, konnten sie nicht nur die Stealth Hawks abschießen, sondern jedes in Sicht befindliche Flugobjekt weit und breit.
Die SEALs waren darauf eingerichtet, die massiven Zufahrtstore des Gehöfts und sogar seine Mauern zu durchbrechen. Sie waren schwer bepackt. Jeder von ihnen hatte bis zu zehn Kilo hochexplosiven Sprengstoff dabei. Sie waren dafür ausgerüstet, Löcher in Betonwände zu sprengen, durch die ein Lkw passte, und sich mit exakt platzierten Schneidladungen Zugang durch die Türen des Hauptgebäudes und der Gästequartiere zu verschaffen. Jeder Soldat an Bord von Razor 1 und 2 kannte seinen Platz in der Befehlskette und wusste, was zu tun war, wenn die Kommunikation mit der Einsatzzentrale zusammenbrach. Sie würden die Gebäude erobern und halten und den Mann herausholen, auf den sie angesetzt waren.
Nach der Landung auf dem Dach würde sich das Team von Razor 1 Stockwerk um Stockwerk nach unten vorarbeiten, bis das Haupthaus gesichert war. Razor 2 würde für Feuerschutz durch Scharfschützen sorgen, bis die Mannschaft von Razor 1 im Gebäude war. Dann würde das Team von Razor 2 auf dem Dach des Gästehauses abgesetzt werden und die Nebengebäude sichern. Danach würden sie die Tore zum Haupthaus sprengen und es stürmen. Außerdem war es ihre Aufgabe,
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