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Codewort Geronimo - der Augenzeugenbericht zum Einsatz der Navy-SEALs gegen Osama bin Laden

Codewort Geronimo - der Augenzeugenbericht zum Einsatz der Navy-SEALs gegen Osama bin Laden

Titel: Codewort Geronimo - der Augenzeugenbericht zum Einsatz der Navy-SEALs gegen Osama bin Laden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: BÖRSENMEDIEN AG
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drückte gegen die gläsernen Schiebetüren, die in ihren Schienen schepperten und sich nach innen bogen. Neben den geöffneten Türen waren Vorhänge angebracht, die so kräftig in den Raum hineingeweht wurden, dass sie die Gardinenstangen von der Wand rissen.
    Osama warf die Bettdecke zurück. Als er seine Füße auf den Boden setzte, spürte er, wie das Haus vibrierte. Er hatte noch 90 Sekunden zu leben.
    Osamas dritte Frau Khairah trat in den Flur und rannte auf die Terrassentüren zu. Sie sah die Vorhänge und die Stühle, und dann nahm sie schemenhaft menschliche Gestalten wahr, die vom Dach auf die Terrasse sprangen und mit einem dumpfen Aufprall landeten, der den Boden erzittern ließ. Ihre Gesichter konnte sie nicht erkennen. Sie waren wie fleischgewordene Nacht.
    In weniger als sechs Sekunden waren die Sturmkräfte von Razor 1 aus dem schwebenden Hubschrauber auf das Dach gesprungen und nach hinten gerobbt. Dort ließen sie sich weitere zwei oder zweieinhalb Meter auf die Terrasse hinunter. Khairah sah sie mit den Waffen im Anschlag durch die Glastüren und den Flur auf sich zukommen.
    Khairah muss damit gerechnet haben, von einem Kugelhagel zerfetzt zu werden, doch die Männer schossen nicht. Stattdessen wurde sie von einer grellen Taschenlampe geblendet. Sie konnte nichts mehr erkennen, sah nur noch weißes Licht und dann pulsierende Rottöne, während sie zurückwich.
    Da wurde sie am Arm gepackt und zu Boden gedrückt. Erst 20 Sekunden waren vergangen, seit sie Geräusche wie von einem Wasserfall gehört und ihr Bett verlassen hatte. Die Eindringlinge gaben keinen Laut von sich. Khairah rollte sich auf den Fliesen zusammen und die anderen Männer gingen vorbei – zwei direkt den Flur hinunter, hintereinander, die Waffen im Anschlag.
    Dann überstürzten sich zwei Ereignisse.
    Eine Tür zum Flur im zweiten Stock öffnete sich. Osama steckte den Kopf heraus, sah die Amerikaner und schlug die Tür geräuschvoll zu.
    Einer der SEALs aktivierte den internen Funkverkehr und rief: „Geronimo, Geronimo, Geronimo.“ Er informierte die anderen, dass er die Zielperson gesehen hatte.
    Mehrere SEALs rannten auf Osamas Tür zu, als im Treppenhaus plötzlich das Licht anging. Es war im ersten Stock eingeschaltet worden. Khalid bin Laden rannte die Stufen hinauf bis zum Treppenabsatz. Er sah, wie die Männer oben an der Treppe stehen blieben. Ein grüner Laserstrahl glitt von der Wand auf seine Brust, zwei schallgedämpfte Schüsse wurden abgefeuert. Khalid wurde unterhalb der Kehle in die Brust getroffen. Er stürzte vornüber und landete auf der rechten Seite, mit dem Arm unter seinem Kopf. Patronenhülsen klimperten an seinem Leichnam vorbei die Betonstufen hinunter.
    Oben im Flur erreichte der erste Angreifer die Tür, an der bin Laden gesichtet worden war. Er wartete zwei Sekunden, bis er spürte, dass er einen Kameraden hinter sich hatte, dann trat er die Tür ein und drang in das Zimmer vor. Sein Teampartner folgte ihm auf dem Fuß.
    Die blendenden Lampen an ihren Waffen leuchteten einen kurzen Gang aus und dann ins Schlafzimmer hinein. Die Lichter und Laser glitten ins Zimmer. Im Lichtschein zeichneten sich die Umrisse eines Mannes und einer Frau ab. Die Frau schrie, doch schien sich in Zeitlupe zu bewegen – nicht anders als der Mann, der sich hinter ihr befand. Er ging auf das Bett zu, erreichte es und warf sich auf die andere Seite. Das alles spielte sich ab wie bei einer Diashow – klick, klick, klick .
    Im Lichtkegel ihrer Waffen sahen die SEALs deutlich eine AKSU-Maschinenpistole an der linken Bettseite lehnen. Beide SEALs erfassten die Situation, schätzten die Distanzen ab und vermuteten, dass der Mann sich umdrehen, die Hand ausstrecken und nach der Weife greifen würde. Der Bärtige schubste die Frau auf die Männer zu und hielt sich hinter ihr. Er stellte die Bedrohung dar. Die Frau war uninteressant. Er war 1. Die Frau war 0. Die SEALs hoben ihre Waffen und nahmen den Mann ins Visier.
    Wenn SEALs einen Raum betreten, tun sie das im Satori-Modus – in einem hellwachen Zen-Zustand, der es ihnen ermöglicht, alles rasend schnell wahrzunehmen und ebenso schnell zu reagieren. Sie befinden sich dann ganz im Hier und Jetzt – im situativen Kontext. Außerdem stimmen sie sich auf die Gedanken und Absichten ihrer Feinde ein. Die Zeit zerfließt. Alle Sinne der SEALs arbeiten auf Hochtouren. Das leiseste Geräusch, der feinste Dufthauch, die Beschaffenheit von Boden und Wänden, das alles brennt sich

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