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Codewort Geronimo - der Augenzeugenbericht zum Einsatz der Navy-SEALs gegen Osama bin Laden

Codewort Geronimo - der Augenzeugenbericht zum Einsatz der Navy-SEALs gegen Osama bin Laden

Titel: Codewort Geronimo - der Augenzeugenbericht zum Einsatz der Navy-SEALs gegen Osama bin Laden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: BÖRSENMEDIEN AG
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Magazinen für Sprengstoff und Munition. Der harte Fels machte die Höhlen praktisch unangreifbar. Jahre später, während des amerikanischen Einmarschs, bezog Osama dort Stellung. Der Ort hieß Tora Bora, „schwarzer Fels“, und war während des Kriegs ein streng geheimes und besonders wichtiges Nachschubzentrum für die Mudschaheddin.
    Im Mai 1986 versuchte sich Osama ein drittes Mal als Soldat. Er kehrte wieder nach Dschadschi zurück, in ein Gebiet, das von Warlord Abdul Sayyaf kontrolliert wurde. Doch auch dieser Einsatz verkam zur schwarzen Komödie. Bin Laden und seine kleine Gruppe von Kämpfern wurden über Nacht in Behelfszelten untergebracht und merkten nicht, dass ein sowjetisches Flugzeug das Lager im Vorbeiflug mit sogenannten Schmetterlingsbomben überzog. Das sind grüne Antipersonenminen aus Kunststoff, die wie Ahornsamen durch die Luft zu Boden kreiseln. Sie enthalten gerade genug Sprengstoff, um einem Menschen den Fuß abzureißen. Sie sollen verwunden, nicht töten. Der Hintergedanke ist, dass dadurch gleich drei Männer kampfunfähig werden – der Verletzte und die beiden, die ihn tragen.
    Bei Sonnenaufgang trat ein Koch auf eine der Minen. Es blitzte und gab einen dumpfen Knall. Dann schrie jemand auf und rief: „Gott ist groß! Gott ist groß!“ Osama und seine Männer gerieten in Panik. Im Tageslicht zeigte sich, dass Hunderte solcher Minen über das Lager verstreut waren. Während sie versuchten, sich auf allen Vieren aus dem verminten Areal zu retten, ließ ein zweiter Luftschlag, der eine nahe Felswand traf, Granatsplitter und Granitbrocken auf die konfuse Soldateska herabregnen.
    Osama und seine Leute wurden von einer dicken schwarzen Korditwolke eingehüllt. Die Druckwelle kehrte ihre Zelte von innen nach außen, versprengte Männer und Ausrüstung und tötete einen Dschihad-Touristen aus Ägypten. Als sich der Staub legte, waren vier Männer schwer verletzt und alle anderen stark traumatisiert.
    Adbul Sayyaf nahm bin Laden zur Seite und schlug diplomatisch vor, er solle die Verwundeten nach Peschawar zurückbringen. Keine Frage, dass sie sich zum Narren gemacht hatten.
    Dreimal hatte Osama sich als Kämpfer versucht und dreimal hatte er sich dabei lediglich dem Feind als Ziel angeboten. Er war aus dem Nichts bombardiert worden, ohne je im Kampf einen Schuss abgefeuert oder auch nur das Gewehr auf einen russischen Soldaten gerichtet zu haben. Gerüchte über seine Glücklosigkeit eilten ihm voraus, sodass bald kein afghanischer Kommandeur Osamas arabische Mudschaheddin mehr auch nur in die Nähe der Front lassen wollte. Doch wenn jemand Macht besitzt, hört er von anderen selten die Wahrheit, und sein Geld wird in aller Regel gern genommen. Im Dezember ließ Osama bei Dschadschi einen „rein arabischen“ Stützpunkt anlegen. Er nannte ihn „die Höhle des Löwen“. Der Standort war ungünstig – den Elementen ausgesetzt und in nächster Nähe eines aktiven, alarmbereiten sowjetischen Feldlagers.
    Abdul Azzam versuchte Osama die Einrichtung eines eigenen Frontstützpunkts auszureden und riet ihm, arabische Kämpfer nicht von den afghanisch kommandierten Kampfeinheiten abzusondern – denen, die wirklich kämpften.
    Zwischen Osama und Azzam kam es zum Zerwürfnis, bei dem es um mehr ging als um die taktische Bedeutung eines einzigen Stützpunkts. Abdul Azzam hatte zum Heiligen Krieg aufgerufen – und zwar alle Muslime. Er wollte ulma , also alle Muslime gemeinsam, aufbieten, um die Sowjets aus Afghanistan zu vertreiben. Azzam verteilte arabische Freiwillige nach Möglichkeit gern auf afghanische Einheiten. Das war aus militärischer Sicht vernünftig. Azzam wusste, dass die arabischen Freiwilligen Leidenschaft mitbrachten, es ihnen aber an grundlegenden militärischen Kenntnissen mangelte. Und sie beherrschten auch nicht die Landessprachen. Azzam war der Ansicht, dass die Katastrophe förmlich heraufbeschwor, wer alle arabischen Kämpfer an einem festen Stützpunkt konzentrierte. Schließlich führte man einen Guerillakrieg. Und Stützpunkte waren Ziele.
    Azzam dachte im Hier und Jetzt. Osama dagegen dachte an die Zukunft. Die Sowjets arbeiteten bereits an einer Rückzugsstrategie. Osama bereitete sich auf einen Kampf gegen den zweiten Feind des Islam vor: den Westen. Er plante den Aufbau einer arabischen Legion von Mudschaheddin, einer Privatarmee, die den Dschihad in die Welt hinaustragen konnte. Azzam war ein intelligenter Mann. Er wusste, dass er mit seinen Plänen und auch

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