Codewort Geronimo - der Augenzeugenbericht zum Einsatz der Navy-SEALs gegen Osama bin Laden
und logistischer Unterstützung. Azzam veröffentlichte ein Buch, Die Verteidigung der muslimischen Länder . Es enthielt eine Fatwa – ein islamisches Rechtsgutachten –, die erk lärte, der Dschihad in Afghanistan sei die Pflicht eines jeden Muslims. Azzams Ruf zu den Waffen erging an alle Muslime der Welt: Bosnier, Malaysier, Turkmenen und Philippinos. Sie alle wurden gebraucht. Durch seine guten Verbindungen sorgte Osama bin Laden dafür, dass die ersten Ausgaben von Die Verteidigung der muslimischen Länder ein Vorwort enthielten, das Scheich Abdul Aziz bin Baz verfasst hatte, der Chefkleriker Saudi-Arabiens. Das war so gut wie ein amtlicher Segen.
Osama und Azzam kehrten nach Pakistan zurück und richteten als Anlaufstelle eine Kette von Gasthäusern ein, die sie Makhtab al Khadamat nannten – Dienstbüro. Die Hauptstelle befand sich in der Universitätsstadt Peschawar. Als Erstes kümmerten sie sich um den Druck weiterer Exemplare von Azzams Büchern und eines Hochglanzmagazins, in dem die männlichen Tugenden des bewaffneten Dschihad gepriesen wurden.
Dann begann die Anwerbung von Rekruten. Osama versüßte ihnen die Entscheidung, indem er allen, die sich freiwillig für den Kampf in Afghanistan meldeten, Flugtickets, Kost und Logis sowie 300 US-Dollar Sold pro Monat anbot.
Die Saudis hatten über pakistanische Geheimdienstkanäle Geld in den afghanischen Widerstand gepumpt. Zusätzlich zu den Summen, die direkt vom saudischen Geheimdienst kamen, stellte Osama einen Kanal dar, über den wohlhabende Spender aus Saudi-Arabien und der Golfregion ihre Unterstützung für die Mudschaheddin zeigen konnten. Die geflossenen Beträge werden auf insgesamt mehrere Hundert Millionen US-Dollar geschätzt.
Solche Mittel, die heimlich aufgetrieben und auf Schweizer Bankkonten gehalten wurden, verliehen dem Dienstbüro Bedeutung als maßgeblicher Akteur im afghanischen Widerstand. Weder Osama noch Azzam hatten bis dato im Zorn einen Schuss abgefeuert. Eine Zeit lang rekrutierten sie Soldaten, sammelten Geld und schickten beides in die Ausbildungslager über der Grenze. Die Neuankömmlinge schworen Scheich Azzam die Treue, al bayat , doch alle wussten, wer das Ganze finanzierte. Ankommende Freiwillige sollten auch Osama selbst al bayat versprechen, aber erst später. Osama gab sich zunächst damit zufrieden, dass er von seinen pakistanischen Gastgebern und von den Mitarbeitern des Dienstbüros ehrerbietig behandelt wurde. Er besuchte verwundete Kämpfer im Krankenhaus und spendete für die Gründung der Universität Dawa al-Dschihad (Universität für Öffentlichkeitsarbeit und Kampf) jenseits der Grenze in den Stammesgebieten. Die von Abdul Sayyaf geleitete Schule sollte später als erste Ausbildungseinrichtung für Terroristen traurige Berühmtheit erlangen.
Für den pakistanischen und den saudischen Geheimdienst war der charismatische Azzam der Kopf der Organisation – sowohl als militärischer Führer als auch als Religionsgelehrter. Osama trat zurückhaltend und leise auf. Er hatte weiche Hände und ein geheimnisvolles Lächeln, das dem einen oder anderen hoffnungslos naiv vorkam.
Die mehreren Hundert Araber, die unter dem Schirm des Dienstbüros zusammengezogen wurden, wurden „die Fremdenbrigade“ genannt. Sie versuchten gar nicht, sich in die afghanischen Streitkräfte zu integrieren, denen sie Hilfe versprochen hatten. Gegenüber der knappen Million Afghanen, die sich dem sowjetischen Moloch entgegenstellten, machten diese „afghanischen Araber“ nie mehr als ein Prozent der gesamten Streitmacht aus. Und sie kämpften auch nicht viel. Die meisten kamen nie über Peschawar hinaus.
Viele waren islamische Radikale auf der Flucht vor heimischen Behörden. Manche waren nur auf Abenteuer aus, doch eine kleine Gruppe glaubte tatsächlich, der Kampf gegen die Russen sei eine unumstößliche religiöse Pflicht. Sie alle stellten fest, dass man sie zu Hause nicht mehr haben wollte, sobald sie in die Fremdenbrigade eintraten. Viele arabische Regierungen nahmen bin Ladens Offerte zur Übernahme der Reisekosten wahr, um sich lästiger Fundamentalisten zu entledigen.
Bin Laden und Azzam hatten ein Reisebüro für Selbstmörder gegründet, das unzufriedene muslimische Heimatlose aus aller Welt anzog. Die meisten waren Sunniten und tendierten zur absolutistischen wahabitischen Strömung des Islam. Sie lebten wie Revolutionäre im Untergrund. Oft kannten nicht einmal die eigenen Kameraden ihre richtigen Namen. In der
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