Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Codewort Geronimo - der Augenzeugenbericht zum Einsatz der Navy-SEALs gegen Osama bin Laden

Codewort Geronimo - der Augenzeugenbericht zum Einsatz der Navy-SEALs gegen Osama bin Laden

Titel: Codewort Geronimo - der Augenzeugenbericht zum Einsatz der Navy-SEALs gegen Osama bin Laden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: BÖRSENMEDIEN AG
Vom Netzwerk:
Fremdenbrigade fragte niemand, woher ein Mann kam. Das spielte keine Rolle. Schließlich waren sie alle aus demselben Grund nach Peschawar gekommen – um Märtyrer zu werden.
    Osama bin Laden begründete die dschihadistische Bewegung weder noch trug er wesentlich zu ihrer kulturellen, religiösen oder intellektuellen Untermauerung bei. Das blieb Männern wie Abdallah Azzam und später Aiman Sawahiri überlassen. Osama war der Impresario. Dem Vernehmen nach war er keine besonders charismatische Persönlichkeit und auch kein begnadeter öffentlicher Redner. Warum aber reagierten muslimische Männer auf diesen Ruf in den Untergang? Was brachte sie dazu, in ein fernes Land zu reisen und ihr Leben wegzuwerfen in einem hoffnungslos anmutenden Kampf gegen eine russische Übermacht?
    Seit den ersten Tagen des sowjetischen Einmarschs verkündeten Prediger in wahabitischen Moscheen, die Belohnung für den Märtyrertod sei die Ewigkeit im Paradies. Die meisten Männer, die diese Worte hörten, waren durchaus vernunftbegabt. Die große Mehrheit fragte sich, warum die Prediger nicht selbst ins Flugzeug stiegen und sich in den Kampf stürzten, wenn das Paradies so nah war?
    Wer also fühlte sich vom Aufruf zum Heiligen Krieg angesprochen?
    Radikalismus schlägt Wurzeln, wo es keine Hoffnung mehr gibt. Die Nazis kamen in der vergifteten Atmosphäre an die Macht, die den Deutschen durch militärische Niederlage und Wirtschaftskrise aufgezwungen worden war. Ganz ähnlich war der globale salafistische Dschihad ein Sirenengesang für eine Generation muslimischer Männer, die sich verraten fühlte und verbittert war.
    Aus Pakistan, den Golfstaaten, dem Libanon, Syrien, Ägypten und Nordafrika scharten Azzam und Osama bin Laden verlorene muslimische Seelen um sich, die den Glauben an sich und ihre Zukunft aufgegeben hatten. Das waren Männer, die am Rande der Gesellschaft lebten – unterdrückt durch Militärdiktaturen oder frustriert und abgeschmettert durch starre Monarchien, in denen Meinungsfreiheit und soziale Mobilität stark eingeschränkt waren. In diesen dunklen Winkeln der Erde gab es weder Kunst noch Literatur oder Theater. Es gab keine einheimischen Filme und wenig Musik oder Unterhaltung, die nicht vorgekaut und staatlich zensiert war. Manche hatten aber auch soziologische und kulturelle Gründe für den Eintritt in die Fremdenbrigade. In der muslimischen Welt war eine beklemmende moralinsaure Kultur auf dem Vormarsch, ein neuer, alles verzehrender religiöser Masochismus, der Männern und Frauen den sozialen Umgang untersagte. Im Libanon war ein solcher Umgang zwar noch erlaubt, aber dennoch unmöglich, da das ganze Land ein einziges Schlachtfeld war.
    In den 1980er-Jahren gab es nicht eine funktionierende Demokratie in der arabischen Welt. Die Demütigung durch die fortgesetzten Niederlagen gegen die israelische Armee brachte einen greifbaren, schwelenden Hass zum Vorschein. Es brodelte, und der Deckel saß fest auf dem Topf.
    Azzams Bücher und Predigten versprachen eine schnelle, schmerzlose Lösung der vielfältigen Probleme: den Märtyrertod. Die Welt war nicht zu retten – sie war zu böse, zu verdorben, zu sündig. Die Antwort lag im Jenseits, im Paradies.
    Anfangs reagierten nur wenige auf diesen schwermütigen Aufruf zum Freitod, doch sie kamen, erst allein oder zu zweit, dann in Gruppen. Männer, die nichts zu verlieren hatten und keine Träume außer dem einen – ihr Leben zu lassen. Diese Männer sollten später zum harten Kern von al-Qaida werden. Doch erst mussten sie die Russen besiegen.
    1985 begann Osama bin Laden seine kurze Karriere als Heeresführer, die unter keinem guten Stern stand. Mit 60 Angehörigen der Fremdenbrigade überschritt er die Grenze nach Afghanistan, wo er sich dem afghanischen Warlord Gulbuddin Hekmatyar anschließen und mit ihm in der Nähe von Dschihad Wal gegen sowjetische Truppen kämpfen wollte.
    Sie kamen mitten in der Nacht an, mit eingeschalteten Scheinwerfern an ihren Fahrzeugen, ungesicherten Waffen, schwatzend und die Taschen voller Rosinen und Kichererbsen als Proviant. Die dschihadistische Verstärkung machte keinen sehr vertrauenerweckenden Eindruck und so teilte ihr der afghanische Kommandeur gleich am folgenden Morgen mit, dass ihre Dienste nicht mehr benötigt würden.
    Abdallah Azzam begriff schnell, dass sie einen lächerlichen Anblick boten, doch bin Laden war nicht gewöhnt, sich von anderen etwas sagen zu lassen. Er wollte sich ins Schlachtgetümmel

Weitere Kostenlose Bücher