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Codex Alera 06: Der erste Fürst

Codex Alera 06: Der erste Fürst

Titel: Codex Alera 06: Der erste Fürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Aleranern angemessene Art anredest, oder nicht?«
    Die Königin legte mit geistesabwesender Miene den Kopf schief. »Es sollte keine Rolle spielen.« Sie blinzelte mehrfach in schneller Folge. »Sollte es nicht. Und doch tut es das.«
    Isana holte tief Atem und spürte, dass sich etwas Hochwichtiges unter der kühlen, glatten Oberfläche der Vordkönigin regte. Sie war sich nicht sicher, ob sie mit der Königin sprach, als sie murmelte: »Warum?«
    Die Vordkönigin verschränkte brüsk die Arme vor der Brust und wandte sich ab, eine Bewegung, die recht menschlich wirkte. Sie blickte zur leuchtenden Decke über sich empor, an die anderen Wände des Raums – überallhin, nur nicht in Isanas Richtung.
    »Warum?«, fragte Isana noch einmal. Sie trat einen Schritt näher heran. »Bedeutet dir die Antwort auf die Frage etwas?«
    Frustration und ein verzweifeltes, unerfülltes Bedürfnis loderten durch den Raum, hell und fassbar für Isanas Wasserwirkersinne. »Ja. Sie bedeutet mir etwas.«
    »Und die Antwort zu finden ist dir wichtig.«
    »Ja. Das ist es.«
    Isana schüttelte den Kopf. »Aber wenn du uns vernichtest, erfährst du die Antwort vielleicht nie.«
    »Glaubst du, dass ich das nicht weiß ?«, stieß die Vordkönigin hervor und riss die Augen weit auf, während sie die Zähne bleckte. »Glaubst du, das begreife ich nicht? Ich fühle wie du, Großmutter. Ich spüre alles, alles , was meine Kinder empfinden. Ich fühle ihren Schmerz und ihre Furcht. Und durch sie spüre ich auch deine Leute. Ich fühle, wie sie schreien und sterben, ich bin so voll davon, dass ich in der Mitte aufplatzen könnte.«
    Eine ruhige, harte Stimme sprach in den Raum hinein und ließ Isana überrascht zusammenzucken. »Sei vorsichtig«, sagte Invidia Aquitania. »Du wirst manipuliert.« Die ehemalige Hohe Fürstin betrat die Höhle. Sie war in die eng anliegende schwarze Chitinrüstung gekleidet, welche alle aleranischen Cives trugen, die den Vord dienten.
    Die Vordkönigin wandte den Kopf leicht, reagierte aber abgesehen davon nicht auf Invidias Worte. Sie runzelte die Stirn und richtete ihre verstörenden Augen wieder auf Isana. Das Schweigen zog sich einige Zeit in die Länge, bevor sie fragte: »Ist das wahr?«
    Isana starrte Invidia an. Sie hatte Amaras Beschreibung der Kreatur gehört, die an Invidias Oberkörper haftete und deren bauchiger Körper in einem Rhythmus, der einem langsamen Herzschlag glich, pulsierte. Aber das mit eigenen Augen zu sehen, das Blut wahrzunehmen, das schwach dort hervorsickerte, wo der Kopf des Geschöpfs in die Brust der Frau ragte, war etwas ganz anderes. Invidia war für Isana vieles gewesen – Verbündete und Ränkeschmiedin, Mentorin und Mörderin. Isana hatte, wie sie fand, reichlich Grund, die ehemalige Hohe Fürstin zu hassen. Aber als sie sie jetzt ansah, konnte sie nicht mehr als Mitleid aufbringen.
    Und Ekel.
    »Das kommt auf die Sichtweise an«, antwortete Isana der Vordkönigin, ohne den Blick von Invidia zu lösen. »Ich versuche, dich zu verstehen. Ich versuche, dich in die Lage zu versetzen, uns besser zu verstehen.«
    »Wissen hilft dir vielleicht, dich besser gegen mich zu behaupten«, sagte die Königin. »Das ist eine vernünftige Vorgehensweise. Aber umgekehrt trifft das ebenfalls zu. Warum solltest du versuchen, mir zu helfen, deinesgleichen besser zu verstehen?«
    Invidia trat vor. »Ist das nicht offensichtlich?«, fragte sie in ruhigem Ton. Sie sah nur Isana an. »Sie spürt die Gefühle in dir, so wie ich es tue. Sie hofft, sie aus dir hervorzulocken, um dann deine Taten zu beeinflussen.«
    Der Mund der Königin verzog sich zu einem eisigen Lächeln. »Ah. Ist das wahr, Isana?«
    »Aus einem bestimmten Blickwinkel«, antwortete Isana. »Ich habe gehofft, dir die Hand reichen zu können. Dich überzeugen zu können, die Feindseligkeiten einzustellen.«
    »Invidia«, sagte die Königin, »wie würdest du ihre Fähigkeiten im Wasserwirken bewerten?«
    »Sie kommen den meinen gleich«, antwortete Invidia ohne Zögern. »Wenn ich schätzen soll, würde ich sagen, dass sie mir mindestens das Wasser reichen kann.«
    Die Vordkönigin ließ sich das einen Augenblick durch den Kopf gehen. Dann nickte sie. »Gibt es deiner Ansicht nach irgendetwas, das sie mit dieser Methode direkt bewirken könnte?«
    »Sie würde nur herausfinden, dass der Versuch zwecklos ist«, antwortete Invidia in müdem Ton. »Es gibt zweifelsohne Gefühle wie unsere eigenen in deinem Inneren. Aber du empfindest

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