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Coe, Jonathan

Coe, Jonathan

Titel: Coe, Jonathan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die ungeheurliche Einsamkeit des Maxwell Sim
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Stellen,
mit denen sie auf dem felsigen Meeresboden aufgekommen war, böse Schürfwunden
hatte, aus denen sie heftig blutete. Sie warf sich der Chinesin in die Arme und
weinte ein paar Sekunden bitterlich, dann machten wir uns alle vier auf den
Weg um den Pool herum und zurück zur Picknickdecke.
    »Haben Sie vielen, vielen
Dank«, sagte die Chinesin. Aus der Nähe betrachtet, fand ich sie noch viel
schöner.
    »Kann ich sonst noch
irgendetwas tun?«, fragte ich.
    »Wir kriegen sie wieder hin.
Man muss das alles gut auswaschen, und -«
    »Wir gehen doch noch nicht
nach Hause, oder, Mum?«, fragte ihre Tochter.
    »Das weiß ich nicht, Schatz,
es hängt davon ab, was Jennifer will. Jennifer, möchtest du heim zu deiner
Mutter?«
    Jennifer schüttelte den Kopf.
    Als wir bei der Picknickdecke
angekommen waren, legte Jennifer sich hin, und wir schauten uns ihr Bein ganz
genau an. Eine der Schürfwunden war tief und sah ziemlich böse aus. Die
Chinesin zog ein Kleenex aus der Schachtel in ihrem Picknickkorb, ich
schüttete etwas Wasser aus meiner Flasche über die Wunde, und gemeinsam wuschen
wir sie aus und stillten den Blutfluss. Sie stöberte wieder in ihrem Korb, und
ich hörte sie vor sich hin flüstern: »Keine Pflaster! Wieso habe ich keine
Pflaster dabei!« Mir fiel ein, dass ich auf dem Weg zum Strand an einer
Apotheke vorbeigekommen war.
    »Ich geh schnell welche
holen«, sagte ich.
    »Nein - bitte - wirklich - das
ist wirklich zu viel verlangt.«
    »Aber wieso denn? Gleich da
vorne ist eine Apotheke. Irgendetwas müssen wir über die Kratzer kleben. Sonst
kann sie den ganzen Tag nicht ins Wasser.«
    »Wirklich, ich glaube nicht -«
    Ich wollte ihre Einwände nicht
hören, und bevor sie weitere machen konnte, war ich unterwegs. Keine zehn
Minuten später war ich wieder da. Und als ich der Chinesin die Pflaster gegeben
hatte, wurde mir klar, dass ich jetzt keine große Hilfe mehr sein konnte. Die
Kratzer waren im Nu überklebt, und die beiden Mädchen - während meiner
Abwesenheit hatten sie den größten Teil ihres Picknicks verputzt - waren
wieder fröhlich und munter. Sie waren bereit, zurück zum Pool zu rennen.
    Aber bevor sie das durften,
stand die Chinesin auf, zog ihrer Tochter das Haar zu einem festen
Pferdeschwanz nach hinten und sicherte es mit einem Haarband.
    »Nicht ins Wasser gehen, bevor
ihr euer Essen verdaut habt«, mahnte sie. »Und bitte besser aufpassen diesmal.«
    »Ja-haa.«
    »Und wie wär's, wenn ihr euch
bei dem netten Herrn für seine Hilfe bedankt?«
    »Danke«, riefen sie
pflichtschuldigst im Chor.
    »Kein Problem«, sagte ich,
aber da waren sie schon losgelaufen.
    Wir standen eine Weile in
verlegenem Schweigen da, die Chinesin und ich. Keiner wusste, was er sagen
sollte.
    »Ganz ehrlich«, stotterte ich
schließlich los, »ich bin froh, dass ich gerade hier war. Ich meine, natürlich
wären Sie auch ohne mich zurechtgekommen, aber ...«
    Sie sah mich mit gerunzelter
Stirn an und sagte: »Ich bin nicht besonders gut mit Akzenten, aber Ihrer ist -
englisch, oder?«
    »Ja, richtig.«
    »Sie sind also nur zu Besuch?
Waren Sie lange in Sydney?«
    »Nur eine Woche«, sagte ich.
»Um meinen Vater zu besuchen, ein paar Familienangelegenheiten zu regeln. Das
ist jetzt erledigt, ich fliege zurück nach London. Heute Nacht, um es genau zu
sagen.«
    Als sie das hörte, streckte
sie förmlich die Hand aus. »Also, dann nochmals vielen Dank für Ihre Hilfe, Mr
... ahm -«
    »Sim«, sagte ich, nahm ihre
Hand und schüttelte sie. »Maxwell Sim.«
    »Danke, Mr Sim. Und bevor Sie
gehen, würde ich Sie gerne noch etwas fragen - wenn ich darf.«
    »Natürlich dürfen Sie.«
    »Ehrlich gesagt, ich bin
einfach neugierig. Ich wüsste zu gern, ob es reiner Zufall war, dass wir
gestern Abend im selben Restaurant zu Abend gegessen haben.«
    »Ach.« Anscheinend hatte man
mich ertappt.
    »Und auch vor zwei Monaten,
wenn ich mich nicht sehr täusche.«
    »Vor zwei Monaten«, wiederholte ich. »Ja, das stimmt.«
    »Folgen Sie mir etwa, Mr Sim? Muss ich am Ende die
Polizei rufen?«
    Ich wusste nicht, was ich
sagen sollte. In ihrem Blick war jetzt ein Funkeln, aber es schien mir eher
trotziger als ängstlicher Natur zu sein.
    »Ich bin hergekommen«, sagte
ich, »weil ich wusste, dass ich Sie hier finden würde, und weil ich Sie etwas
fragen wollte. Ich hätte da eine Frage, die nur Sie mir beantworten können. Das
ist alles.«
    »Weiter nichts? Dann los,
stellen Sie Ihre Frage.«
    »Gut. Die Frage.« Ach,

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