Coins - Die Spur des Zorns
Stunden nichts mehr zu tun. Von nun an zählte allein die tödliche Gesetzmäßigkeit der Biophysik. Er schaute auf die Uhr. Er war im Plan, würde nun sein Alibi vervollkommnen. Er lächelte bei diesem Gedanken.
„Hallo Professor! Treten Sie ein!“ Schöller erhob sich, ging Pohl einige Schritte entgegen. „Kaffee?“
„Oh ja, gerne.“
Schöller trat in den Durchgang zum Vorzimmer. „Schmittchen, machen Sie uns noch ‘ne Kanne?“
„Schon gehört. Kommt gleich!“
„Prima!“ Er wandte sich um, wies auf einen der Besucherstühle. „Bitte, setzen Sie sich!“
Er wartete, bis Pohl der Aufforderung nachgekommen war, dann nahm er hinter dem Schreibtisch ebenfalls Platz. Er blickte auf die Klarsichthülle in Pohls Hand. „Ihr Reisebericht?“
Pohl nickte. „Ich würde eher sagen: Strafarbeit. Das ist ja der reine Wahnsinn, was man für gerade mal zwei Tage alles niederschreiben muss!“
Schöller grinste. „Vergessen Sie nicht, Professor, Sie haben Ihr Alibi verfasst. Insofern ist der Aufwand doch vertretbar, oder?“
„Mein Alibi? Sie hätten doch selbst alle Angaben und Belege überprüfen können! Das geht per Telefon wesentlich schneller als diese dämliche Schreiberei.“
„Das haben wir selbstredend getan, Professor.“
„Und? Werde ich jetzt festgenommen?“
Schöller musterte Pohl einen Moment lang. Was war mit dem Professor los? So dünnhäutig hatte er ihn nur unmittelbar nach dem Verbrechen erlebt. Natürlich zerrte auch an Pohls Nerven die bisherige Ergebnislosigkeit der Fahndungsarbeit. Vielleicht sollte er ihn ein wenig aufmuntern. „Scherz beiseite, Professor. Natürlich stehen Sie nicht unter Verdacht. Sie haben zwar ein Motiv, von allen in Frage kommenden potenziellen Verdächtigen wahrscheinlich das stärkste, aber Ihre Angaben wurden überprüft und in vollem Umfang bestätigt. Ihr Bericht ist insofern von untergeordneter Bedeutung, dient lediglich der Vervollkommnung der Aktenlage. Ich bitte um Entschuldigung, wenn wir Ihnen damit zur Last gefallen sind. Allerdings muss ich Ihnen auch einen kleinen Vorwurf machen, Professor. Sie lassen keine Gelegenheit aus, sich selbst ins Rampenlicht der Fahnder zu stellen. Sie wissen, was ich meine?“
Pohl schüttelte den Kopf, schien überrascht. „Ganz und gar nicht. Sie werden es mir sicherlich sagen.“
„Ich meine Ihre Besuche in Kreuzers Eck. Sie spielen mit dem Feuer, Professor! Unterschätzen Sie die Ganoven nicht!“
„Das tu‘ ich nicht. Ich bin da schon auf der Hut. Ich schleich mich systematisch in deren Vertrauen ein, hoffe, auf diese Weise an Informationen zu kommen, die Ihnen bei der Fahndungsarbeit möglicherweise dienlich sind. Darüber haben wir doch schon zigmal gesprochen!“
„Und ich habe niemals meine Meinung geändert, Professor! Der Job ist zu gefährlich, glauben Sie mir das endlich! Sie sind kein Profi! Verdeckte Ermittlung ist ein Scheißjob! Ein einziger Fehler, und aus ist es. Das Mindeste, das Sie verlören, wäre Ihre Gesundheit.“
Schöller sah ihn beschwörend an, wusste jedoch im selben Moment, dass sein Appell wieder einmal vergeblich war. Dieser Professor! Er mochte ihn, aber er raubte ihm den letzten Nerv. „Sie wollen etwas sagen, Professor?“
„Schon, aber es beeindruckt Sie ja nicht. Hören Sie! Ich kann nicht zu Hause herumhocken und Däumchen drehen. Verstehen Sie das doch! Drei Wochen sind ins Land gegangen, wir sind in dieser Zeit nicht einen Schritt vorangekommen. Verstehen sie mich nicht falsch! Ich kritisiere nicht Ihren Einsatz. Und ich behaupte auch nicht, dass ich Ihre Arbeit bisher erleichtert habe. Aber ich habe Sie auch nicht erschwert!“
„Doch, das haben Sie, Professor. Ich muss nicht nur auf die Ganoven achten, sondern auch auf Sie! Im Grunde genommen verstehe ich Sie ja, aber ich darf Sie nicht verstehen!“
„Warum nicht? Wenn Lösegeld erpresst wird, binden Sie den Erpressten doch auch in Ihre Aktionen ein! In der Regel lassen Sie den doch das Lösegeld überbringen, wünschen demzufolge dessen aktive Mitarbeit. Warum nicht bei Mord, bei Entführung?“
„Das lässt sich nicht vergleichen, Professor. Der Überbringer des Lösegelds ist bei der Aktion rundum geschützt. Den Schutz kann ich Ihnen nicht gewähren. Sie sind ja fast jeden Tag in Aktion. Jedenfalls behaupten das die Duisburger Kollegen. Und das stimmt ja wohl.“ Er sah Pohl fragend an.
„Herr Hauptkommissar, ich habe nicht Urlaub genommen, um zu Hause auf Ihre Nachrichten zu warten. Die
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