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Coins - Die Spur des Zorns

Coins - Die Spur des Zorns

Titel: Coins - Die Spur des Zorns
Autoren: Götz Justus
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wünsche einen schönen Tag noch.“ Er hob zum Abschiedsgruß die Hand, machte kehrt und war im Nu verschwunden.
    Schöller lehnte sich zurück, starrte hoch zur Decke. Toll, diesen Mann hinter sich zu wissen! Wie gerne hätte er ihm gesagt, zu welchen Erkenntnissen er vergangene Nacht gekommen war. Doch dazu war es zu früh.
     
    Pohl warf, wie gewohnt, die Jacke über den Haken. Den Feldstecher verstaute er an seinem Platz im Dielenschrank. Das Telefon in der Diele läutete, doch er achtete nicht darauf. Er hatte nur eines im Sinn: Duschen und Abstand gewinnen von den Ereignissen dieses Tages! Solange er Akteur war, war es ihm gelungen, immer wieder aufkommende Zweifel an seinem Tun aus seinen Gedanken zu verbannen. Doch kaum hatte er den Tatort nach vollendeter Aktion verlassen, trat sie wieder in den Vordergrund: die Zwiespältigkeit seines Rachefeldzuges. Es war nicht allein sein tödlicher Feldzug, der sein Innerstes in Aufruhr versetzte, es war vor allem die Art und Weise, wie er als Vollstrecker funktionierte! Ein seelenloser Roboter schritt von Exekution zu Exekution, empfand offenbar keine Skrupel, eine ganze Horde jugendlicher Gewalttäter auszulöschen. Hieran änderten auch die immer wieder aufkommenden Selbstzweifel nichts, denn letztendlich setzte sich stets seine Bereitschaft durch, Mord mit Mord zu vergelten. War er überhaupt noch Jan Pohl, Professor der Pharmazie, Familienvorstand, Vater zweier reizender Töchter?
    Kurz darauf stand er reglos unter der Dusche, ließ das Wasser – heißer, als gewöhnlich – minutenlang auf seinen Körper prasseln. Ilja, Abdullah, Sascha, Victor – vier Opfer! Vier weitere standen auf der Agenda: Mecit, der unbedarfte Mitläufer, Anatol, die drogensüchtige Schwuchtel, Kevin, der Schwätzer und zum Schluss Boris Kustow, Bandenchef, brutal, gewissenlos, das eigentliche Ziel der Aktion. Vier mussten bereits sterben, drei weitere müssten noch ins Gras beißen, um aus Boris Kustow die Information zu pressen, von der er sich die Befreiung seiner Töchter erhoffte. Was würde er tun, sollte dies Schöller vorher gelingen? Ließe er die dann noch Lebenden ungeschoren? Ausgerechnet Boris Kustow, der, ginge es nach seinem Plan, in diesem Fall die größte Überlebenschance hätte? Er fand keine Antwort.
    Er stellte die Dusche ab, streifte den Bademantel über den nassen Körper. Im Erdgeschoss blickte er einen Moment unschlüssig auf die Plastiktüte in der Diele. Hierin befanden sich seine Stiefel, die andere Tüte mit dem Schrupptusch und den Handschuhen hatte er am Düsseldorfer Stadtrand in unterschiedlichen Müllcontainern entsorgt. Die Stiefel mussten noch mit dem Hochdruckreiniger gesäubert werden. Das hatte Zeit bis nachher, jetzt war ihm nach einem Kaffee. Er ging in die Küche, schaltete die Kaffeemaschine ein. Wieder glitt sein Blick hinüber zur Diele. Hatte er an alles gedacht? In Gedanken ging er noch einmal Punkt für Punkt durch, nickte beruhigt. Es gab nichts, das ihn in Verbindung mit einem tödlichen Unglück auf einer Duisburger Industriebrache bringen könnte. Dann fiel ihm das Handy ein. Er hatte vergessen, es zu reaktivieren. Er ging zu seiner Jacke, zog es hervor und schaltete es ein. Eine Voice Mail war eingegangen. Wer schickte ihm eine Nachricht? Er beschloss, sie beim Kaffee abzuhören. Wieder schellte das Telefon. Ob das Schöller war? Er ignorierte das Läuten, war erleichtert, als es aufhörte, bevor der Anrufbeantworter aktiviert wurde. Ihm war nach Ruhe! Er musste herausfinden, wie es weitergehen sollte!
    Pohl setzte sich an den Küchentisch, testete die Temperatur des Kaffeebechers. Zu heiß! Er rief die Voice Mail auf, betrachtete skeptisch die Rufnummer. Sie begann mit 1304. Er stutzte. 1-304 … Das war Charleston in West Virginia! Wer, zum Teufel, rief ihn von dort an? Was war der Grund? Er startete die Wiedergabe :
     
    ‚Hallo Jan! Esther hier. Wie geht‘s dir? Lass doch bitte von dir hören! Ich bin in Sorge. … Hörst du? Ich würde mich über deinen Anruf sehr freuen! … Du fehlst mir! Hoffentlich ist dir nichts passiert. Ciao.‘
     
    Mein Gott – Esther! Er hatte sie in der Hektik der letzten Tage tatsächlich vergessen! Er spürte dieses rätselhafte Kribbeln im Bauch, betätigte den Rückruf. Er schaute auf die Uhr, rechnete die Zeitdifferenz zurück. Sie könnte zu Hause sein! Die Verbindung kam zustande, Pohl begann unbewusst, die Freizeichen zu zählen. In seinen Gedanken formte sich das Bild der Halle, in der
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