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Coins - Die Spur des Zorns

Coins - Die Spur des Zorns

Titel: Coins - Die Spur des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz Justus
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dann der. Er ist aus der Ukraine zurück! Du kannst ihn heute Abend bei Kreuzer treffen. Aber ich würd‘ schon mal mein Testament machen! Er wird dir den Arsch bis zum Stehkragen aufreißen …“
    „Wo habt ihr die Mädchen hingebracht?“
    „Keine Ahnung.“ Pohls Blick ließ ihn zusammenfahren. Rasch fuhr er fort: „Wir mussten in einem Wald aussteigen, sind direkt danach von dort zur Düsseldorfer Kirmes gefahren worden. Da waren die Mädchen noch in dem Transporter. Ich weiß wirklich nicht, wohin die gebracht wurden. Da waren wir doch schon weg!“
    „Welcher Wald war das? Sag‘ mir, wo das war!“
    Pohl wusste es längst, Schöller hatte ihm erzählt, wo man den ausgebrannten Transporter gefunden hatte. Er wollte testen, ob Anatol die Wahrheit sagte. Der schien nun wirklich verzweifelt, sah offensichtlich seine Felle davonschwimmen. Er hatte längst begriffen, was das für ihn bedeutete. „Ich weiß es wirklich nicht. Wir saßen im Dunklen, der Transporter hatte keine Fenster!“
    „Aber du wirst doch wohl wissen, aus welcher Richtung ihr zur Kirmes gefahren seid!“
    „Ich war zu aufgeregt, Mann! Die Sache mit der Frau …“
    „Warum habt ihr meine Frau ermordet?“
    „Der Russe hat es befohlen. Es war wegen Abdullah. Die Schlampe hatte ihm in die Eier …“ Er duckte sich erschrocken, doch der Schlag traf ihn mit brutaler Härte unmittelbar über dem linken Auge. Die Braue platzte auf, Blut rann in zwei schmalen Bahnen das Gesicht hinunter. Im Reflex wischte sich Anatol über die Stirn, starrte entsetzt auf das Blut in seiner Handfläche.
    „Scheiße, Mann!“
    Anatol, weiß im Gesicht, starrte Pohl an, sein Blick reflektierte hilflose Wut. Oder war es wütende Hilflosigkeit? Pohl verspürte nicht den Drang, der Frage auf den Grund zu gehen. Die ganze Fragerei würde, wie erwartet, ohnehin zu keinen nutzbaren Erkenntnissen führen. Es war an der Zeit, die Sache zu Ende zu bringen. Er nahm das Glas, schenkte ein. „Trink!“
    Wieder huschte Anatols Blick hinüber zur Blechschachtel, dann nickte er gottergeben. Er gab auf. Er hob das Glas, leerte es zur Hälfte. Als er es absetzen wollte, tauchte ein Tropfen Blut in den Wodka, zog in ihm eine faserige hellrote Schliere, um sich langsam auflösend dem Gesöff den blässlich roten Farbton eines Mixgetränks zu verleihen. Angeekelt setzte Anatol das Glas ab. Vorwurfsvoll sah er Pohl an, doch der gab sich erbarmungslos. „Trink aus! Ist eh dein Blut!“
    Wieder der Blick zur Blechschachtel. Pohl sah es mit Genugtuung. Noch ein Glas, Anatol hätte sich nicht mehr unter Kontrolle. Vermutlich wusste er längst, dass es sein ‚Goldener Schuss‘ sein würde, im Vergleich zum Sturz vom Dach allemal die komfortablere Variante, seiner erbärmlichen Welt Lebewohl zu sagen. Pohl beobachtete, wie Anatol in einem Zug das Glas leerte, ihn daraufhin fragend ansah. „Sie wollen wirklich keinen?“ Der verzweifelte Versuch der Verbrüderung mit dem Henker …
    Pohl beugte sich über den Tisch, schob Anatol die Blechschachtel zu. „Ein Glas noch, dann darfst du drücken!“
    „Das ist wirklich ein Speedball? Ist der sauber?“
    „Kommt’s darauf noch an? Aber er ist es. Ich hab‘ ihn extra für dich aus Belgien kommen lassen. Ist schon aufgezogen.“
    „Schon aufgezogen? Und der ist wirklich nicht mit so’nem Scheiß gestreckt?“
    „Das wäre gegen mein ureigenes Interesse, kapier das endlich!“
    „Aus Belgien hast du ihn? Ist der Stoff da billiger?“
    Pohl reagierte nicht auf die Frage. Er füllte das Glas, schob es Anatol hin. „Je flotter du trinkst, desto eher darfst du an die Schachtel.“
    Anatol ergriff das Glas mit beiden Händen, ließ es jedoch auf dem Tisch. Er grinste Pohl an. Der sah die Feuchte in den Mundwinkeln, die aufkommende Röte in den Augäpfeln. Kein Zweifel, Anatol zeigte Wirkung. Der grinste immer noch, beugte sich über den Tisch Pohl entgegen, grub den wässrigen Blick in dessen Augen. Er leckte sich lasziv über die Lippen, bevor er zu sprechen begann: „Du weißt, dass das mein Goldener Schuss wird! Na klar, weißt du das! … Und es ist dir scheißegal! War es dir auch scheißegal, als du die anderen umgebracht hast? Du hast sie doch umgebracht?“
    Pohl nickte mit einem Selbstverständnis, als bestätige er die Uhrzeit. „So ist es.“
    „Und? War es dir egal?“
    „Es musste sein!“
    Anatol schüttelte schwerfällig den Kopf. Sabber rann ihm aus den Mundwinkeln. „Es musste sein? Bist du Gott, der

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