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Coins - Die Spur des Zorns

Coins - Die Spur des Zorns

Titel: Coins - Die Spur des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz Justus
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schien überrascht, doch war sie auch erfreut? Er hoffte es inständig, merkte er doch in diesem Moment, wie sehr ihm in letzter Zeit ein Mensch fehlte, der ihm so nahe stünde wie Rebecca, wie seine Töchter. Dieser Mensch – Rebecca würde es verstehen – hieß Esther! „Ich bin es wirklich, Esther! Toll, dass ich dich erreiche! Hast du ein paar Minuten Zeit?“
    „Den ganzen Nachmittag, Jan! Solange du willst! Du weißt gar nicht, welche Freude du mir bereitest. Wie geht es dir? Wie war es in Riga? Sind deine Töchter wieder zu Hause? Entschuldige, Jan! Ich stelle zu viele Fragen. Ich bin … ich bin …“
    Esthers Stimme versagte. Pohl wusste, jetzt war er gefordert. Esther hatte auf seinen Anruf gewartet, nur so ließ sich ihre Reaktion interpretieren. Sie mochte ihn! Eine andere Erklärung gab es nicht! Wenn Esther in diesem Moment ihrer Gefühle nicht Herr wurde, musste er Stärke beweisen! Er war ein Mann, verdammt noch mal! Wie konnte er sie nur so lange im Unklaren lassen? „Esther, ich bin ein Idiot! Ich hätte dich längst anrufen sollen!“
    „Du hast doch auf den Anrufbeantworter gesprochen …“
    „Das ist nicht dasselbe! Außerdem hätte ich dich schon viel früher anrufen sollen. Es ist viel passiert, weißt du? Ich habe …“
    „Bist du gesund?“
    „Ja. Mir geht’s gut …“
    „Gott sei Dank! Ich hatte große Angst. Und die Mädchen? Sind sie wieder bei dir?“
    „Leider noch nicht …“
    „Das ist ja schrecklich!“
    Er lauschte, wartete einen Moment, ob Esther noch etwas sagen würde, doch sie schwieg. Hatte sie Probleme mit dieser Nachricht? Natürlich hatte sie diese! Sollte er ihr sagen, was er seit seiner Abreise getrieben hatte, was ihm in der Nacht den Schlaf raubte? Nein, er würde es ihr nicht sagen, ihre Sorge um ihn durfte er nicht noch größer werden lassen! „Die Polizei hat eine Spur, Esther. Sie ist davon überzeugt, dass Alena und Alexa leben. Sie scheint auch zu wissen, in welcher Region sie versteckt gehalten werden. Sie müssen nur sehr vorsichtig sein, um die Gesundheit der Mädchen nicht zu gefährden. Du verstehst?“
    „Nicht so richtig, Jan. Aber sie werden es sicherlich richtig machen. Ich wünsch‘ es dir. Und natürlich den Mädchen.“
    „Ja, das wünsch‘ ich mir auch. Was machst du zurzeit? Erzähl! Wie geht es dir?“
    „Ich muss mich um den Nachlass meines Vaters kümmern. Sein Haus steht zum Verkauf. Das hält mich ganz schön auf Trab. Fast jeden Tag melden sich Interessenten. Die meisten kommen aus Florida. Sie übernachten hier.“
    „Im Golden Swan?“
    „Ja, natürlich. Denen ist es bis Charleston zu weit. Außerdem wollen die meisten die nähere Umgebung erkunden.“
    „Und es sind seriöse Interessenten darunter?“
    „Ich glaub‘ schon. Ein Ehepaar hat sich gleich für eine Woche einquartiert. Sie fahren täglich zu Dad’s Haus. Nächstes Wochenende kommt ihr Architekt. Ich weiß nicht genau, was sie vorhaben.“
    „Na, hoffentlich eröffnen sie nicht ebenfalls eine Pension!“
    „Du, daran hab‘ ich auch schon gedacht. Ich glaub‘, das wär‘ gar nicht so schlecht.“
    „Ich wünsch‘ es dir!“
    „Und was machst du heute noch? Bei dir ist es doch schon spät.“
    „Ich geh‘ noch mal fort. Ich hab‘ noch etwas zu tun.“
    „Wegen der Mädchen?“
    Diese Frauen! Pohl schüttelte ungläubig den Kopf. Dass die immer den Finger in die Wunde legten, als ahnten sie selbst über Weltmeere hinweg, was sich in fernen Kontinenten gerade anbahnte. Was sollte er antworten? Er wollte doch vermeiden, dass sie sich seinetwegen Sorgen machte! Zu spät!
    „Ist es wegen der Mädchen, Jan?“
    „Ja.“
    „Bitte! Sei vorsichtig! Versprich es mir!“
    „Mach dir keine Sorgen, Esther! Ich war bisher vorsichtig, und werde auch weiterhin vorsichtig sein.“
    „Ich hoffe es, Jan. Ich werde heute Abend für dich und deine Töchter beten. Erlaubst du mir das?“
    „Ja, natürlich! Es wird mich bestärken.“
    „Es soll dich weniger bestärken, als vielmehr beschützen. Du verstehst, wie ich das meine?“
    „Aber sicher. Ich werde bei allem, was ich ab jetzt tue, an deine Worte denken.“
    „Das wäre wunderbar, Jan! Weißt du, was ich dir jetzt gerne sagen würde, fällt mir nicht leicht. Ich weiß nicht, ob ich dich damit überrumple …“
    „Sag es, Esther!“
    „Ich will dich nicht auch noch verlieren.“

Pohl hielt den Atem an. Es war die Eindringlichkeit, mit der sie diesen Satz gesprochen hatte, die ihn einen Moment

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