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Cold Space - Hot Love

Cold Space - Hot Love

Titel: Cold Space - Hot Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya T. Heinrich
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verändern. Manche Szenarien unterscheiden sich erst nach einer Stunde, nach einem Tag. Andere sind komplett verschieden. Es gibt unendliche Möglichkeiten.«

    Samuel hielt inne und fixierte Eric, der rekapitulierte diese Worte noch einmal. Ja, das hatte er verstanden. »Wie dieses Experiment, das man in der Schule macht? Man lässt Kugeln durch einen Hindernisparcours laufen und sie sollen sich am Ende in verschiedenen Fächern sammeln.«

    »Du meinst ein Galtonbrett«, nickte Samuel. »Ein guter Vergleich.«

    Es klang ehrlich überrascht und Eric sah sich genötigt, zu seiner Verteidigung anzusetzen: »Na hör mal, ich bin nicht einfach nur ein dummer Raumpilot. Ich war auch einmal auf der Schule.«

    Samuel lachte wieder. »Ich habe nie behauptet, dass du ein ›dummer Raumpilot‹ wärst. Aber ich gebe zu, manche deiner Kollegen feuern zuerst die Laser ab und denken dann nach, was sie da eigentlich tun.«

    »Mhm... aber zurück zum Galtonbrett. Die Kugeln sammeln sich in den mittleren Fächern. Das heißt manche Szenarien sind wahrscheinlicher und manche eben nicht«, wiederholte Eric.

    »Ein Observer muss sämtliche Szenarien beurteilen, entscheiden welche wahrscheinlicher sind, welche nicht. Er muss Maßnahmen ergreifen, die die gewünschten Szenarien unterstützen. Um im Bild des Galtonbretts zu bleiben: Die Szenarien mit bestmöglichem Ausgang müssen die Kugelfächer in der Mitte bilden.«

    »Aber, wenn es unendlich viele Szenarien gibt, wie kannst du das alles beurteilen und dann auch noch die Konsequenzen von Maßnahmen mit berücksichtigen. Und wenn die Zukunft immer im Fluss ist, dann gibt es ja nichts Statisches. Du musst in jeder Sekunde umdenken.«

    »Genau.«

    »Das ist unmöglich.« Obwohl Eric ja schon oft genug gesehen hatte, dass es doch möglich war. Aber wenn man allein überlegte, dass der durchschnittliche Mensch damit überfordert war zu berechnen wie viele Zahlenkombinationen ein simpler Tresor aufwies und wie groß die Wahrscheinlichkeit war diese Zahlenkombinationen zu erraten, dann war es wahrhaftig unglaublich, was Samuel und die übrigen Observer da einfach so in ihrem Kopf durchspielten.

    »Du wärst ziemlich gut im Pokern, oder?« Eric meinte es zunächst im Spaß.

    »Ich habe nie Poker gespielt.«

    Doch, das sollten sie dann irgendwann einmal ausprobieren. Vielleicht wäre das eine gute Möglichkeit an Geld zu kommen, ganz ohne die Automaten der Kreditinstitute, die jegliche Transaktionen zurückverfolgen konnten. Eric wusste nicht, ob er nun offiziell als vermisst, verschollen, auf der Flucht oder als tot galt. Doch egal welchen Status man ihm nun zuschrieb, es würde die Prüfalgorithmen Alarm schlagen lassen, wenn er Geld abhob. Bei Samuel war es noch gravierender. Sollte Samuel sich Zugriff zu seinen Konten verschaffen, würde sie wahrscheinlich sofort eine Polizeieskorte vor der Bank erwarten. Oder sie konnten das Gebäude nicht einmal mehr verlassen, weil der Computer die Türen verriegeln würde.

    Dies brachte Eric zu einem ganz anderen Gedanken: »Was verdient man als Observer eigentlich?«

    Der Sold eines Raumpiloten war nicht übel, solange man überlebte, um dieses Geld irgendwann nach dem Krieg wieder ausgeben zu können.

    »Nichts, wir verdienen nichts. Ich habe auch keinen Pass, keine ZID, kein Bankkonto. Gar nichts.«

    Eric stutzte. Die ZID war die Zentrale Identifikationsnummer, die jeder Mensch mit seiner Geburt zugeteilt bekam. Sie war Grundlage des alltäglichen Lebens, wurde beim Zahlungsverkehr benötigt, auf den Ämtern, beim Arzt, einfach überall. Schon jedes Kind konnte seine Nummer aufsagen und Samuel wollte ihm weismachen, dass die Observer gleichsam außerhalb der Gesellschaft standen.

    »Wie sonst könnte man einen Menschen so sehr an das Militär und die Ausbildung binden? Selbst wenn einem von uns die Flucht gelänge, wo sollten wir hingehen? Wie sollten wir uns durchschlagen ohne Papiere.« Samuel ballte die Faust. »Ohne uns Observer wäre der Krieg schon längst verloren, aber das Militär hält uns wie Gefangene. Das ist alles andere als gerecht.«

    Eric beugte sich vor und küsste Samuel beschwichtigend auf die Stirn. Er wollte diese düsteren Gedanken gleich wieder vertreiben, bevor sich Samuel in etwas hereinsteigerte. Es schien zu funktionieren, denn Samuel seufzte und vergrub seine Hand in Erics Haarschopf. Bestimmend zog er ihn näher an sich heran und dirigierte Erics Kopf ein Stückchen nach unten. Ein süßer, unschuldiger

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