Colin-Saga 01 - Der Mond der Meuterer
gestatten Sie mir, Ihnen anlässlich des Todes Ihres Herrn Bruders mein aufrichtiges Beileid auszusprechen, Sir!«
»Ich danke Ihnen«, wiederholte Sean und legte den Gang ein, als Klein erneut seine Mütze antippte.
Die Bemerkung hätte reine Höflichkeit gewesen sein können, doch Klein hatte ganz und gar aufrichtig geklungen, und Sean war regelrecht gerührt.
Er hatte immer gewusst, dass sein Bruder von seinen Kollegen sehr geschätzt worden war, doch erst nach Colins ›Tod‹ hatte er begriffen, wie sehr auch die Mannschaftsdienstgrade ihn respektiert hatten. Ein gewisses Maß an Ehrfurcht hatte Sean tatsächlich erwartet – egal was für ein Trottel jemand gewesen sein mochte, er wurde automatisch zum Helden, wenn er ums Leben kam, während er etwas Heldenhaftes tat –, doch Colin hatte einfach richtig dazugehört.
Dass Colin als Chefpilot für die Vermessungsmission Prometheus ausgewählt worden war, konnte man als Zeichen dafür ansehen, wie angesehen er in fachlicher Hinsicht gewesen war; die allgemeine Trauer über die Meldung seines Todes, ob nun die Trauer seiner engen, persönlichen Freunde oder die Trauer der Männer und Frauen, die ihn nie persönlich kennen gelernt hatten, wie etwa Sergeant Klein, zeigte noch eine andere Seite seiner Persönlichkeit.
Ach, wenn die wüssten!, dachte Sean und brachte es gerade noch fertig, ein leises Lachen zu unterdrücken. Corporal Hansen hätte diese Belustigung gewiss nicht verstanden.
Der Corporal geleitete Sean durch drei weitere Kontrollpunkte, dann über eine Abkürzung, die zwischen der hoch aufragenden silbernen Kuppel der Tankanlage Zwo von Shepherd Center entlangführte, über der aus Druckablassventilen dichte Dampfwolken aufstiegen und über das Gelände hinwegzogen. Das Grollen eines Shuttle-Starts in der Ferne ließ die Scheiben des Bushmasters leise klirren, als sie dann auf der anderen Seite wieder ins Freie kamen, und dann erhob sich vor ihnen auch schon ein massiger, glitzernder Obelisk aus Spiegelglas: der ›White Tower‹. Grazil zogen Wolken über den blauen Himmel, sie spiegelten sich in der Oberfläche, und nicht einmal die Vielzahl unterschiedlichster Kommunikationsantennen und -relais vermochten die Eleganz dieses Gebäudes zu stören.
Sean parkte den Wagen auf dem Parkplatz, den man ihm angewiesen hatte, und dann stiegen er und der Corporal aus.
»Nehmen Sie den Haupteingang und sagen Sie dem Wachmann am Empfang, dass Sie Major Simmons sprechen wollen! Dann wird alles weitere veranlasst.«
»Ich danke Ihnen, Corporal. Kommen Sie rechtzeitig wieder zum Eingangstor zurück?«
»Machen Sie sich keine Sorgen, Sir! In ungefähr zehn Minuten fährt ein Shuttlebus zurück.«
»Dann mache ich mich jetzt auf den Weg«, gab Sean zurück und nickte dem Mann zu. Festen Schrittes ging er zum Eingang hinüber, auf den man ihn hingewiesen hatte, und durch die dahinter liegenden Metalldetektoren hindurch. Ein kleeblattförmiges Holo-Piktogramm warnte zusätzlich auch noch vor Röntgenscannern, und Sean musste grinsen, weil er erst jetzt richtig die Gründe seines Bruders, ihn für diese Aufgabe auszuwählen, begriffen hatte. Selbst wenn niemand hier den ›großen Helden‹ erkannt haben sollte, was an sich schon unwahrscheinlich genug gewesen wäre, hätten seine zahlreichen Implantate dieser Sicherheitsschleuse wahrscheinlich einen Herzinfarkt verpasst!
Der Wachmann ließ ihn zu Major Simmons vor. Sean war dem Major schon einmal begegnet, und nun schüttelte Simmons ihm die Hand, sein fester Händedruck war der wortlose Ausdruck seines Mitgefühls angesichts seines ›Verlustes‹; dann reichte er ihm einen Sicherheits-Besucherausweis, den Sean an seinem Revers befestigen sollte.
»Damit kommen Sie zum Büro von Captain Yamaguchi – das Ding gilt für den gesamten Bereich ›Grün‹ –, und sie hat schon alle persönlichen Daten von Colin für Sie herausgesucht. Kennen Sie den Weg, oder soll ich Ihnen eine Begleitperson rufen lassen?«
»Nein danke, Major. Ich war schon ein paar Mal hier; ich denke, ich werde mich hier schon zurechtfinden. Soll ich das hier …«, kurz berührte er den Besucherausweis, »… dann wieder am Empfang abgeben, wenn ich gehe?«
»Das wäre sehr freundlich«, meinte Simmons, und schon machte sich Sean auf den Weg zu den Aufzügen. An der ersten Aufzugsgruppe ging er vorbei, in Block L angekommen rief er eine Kabine, summte leise vor sich hin und wünschte sich inständigst, dass seine Handflächen nicht so
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