Colin-Saga 01 - Der Mond der Meuterer
konnte, denn er fand sich selbst in ihr wieder. Vielleicht etwas weniger getrieben, weniger düster und grüblerisch, nicht ganz so sehr auf ein einziges Ziel fixiert, doch in vielerlei Hinsicht vergleichbar.
Die Meuterer waren Colin kaum mehr als ein Hindernis erschienen, als er von der Dahak zur Erde zurückgekehrt war … doch damals hatte Sean noch gelebt. Er, Colin, hatte viel weniger verloren als Jiltanith, hatte viel weniger häufig miterleben müssen, wie Freunde und Familienmitglieder in diesem geheimen, endlosen Krieg der gestrandeten Imperialen aufgerieben worden waren, doch auch er hatte echten Hass kennen gelernt; und ihn erschreckte der Gedanke, er könne so schnell und mit einer derartigen Leichtigkeit einen so starken Schatten der Finsternis finden, Finsternis, von der er gleich zu Anfang gewusst hatte, dass diese Besitz von Jiltanith ergriffen hatte.
Colin verkniff sich derartige Gedanken, hoffte inständigst, dass die Frau neben ihm sich zu sehr auf die Freuden des Fluges konzentrierte, um diese Gedanken wahrzunehmen, und wandte sich seinem eigenen Computer zu. Bisher hielten sie sich noch im Tarnfeld der Nergal auf; sobald sie das hinter sich gelassen hätten, wären sie auf sich allein gestellt.
Der imperiale Kampfjäger war etwa halb so groß wie eine Beagle , schien nur aus geschwungenen Kurven, Stummelflügeln und einer nadelförmigen Spitze zu bestehen. Er war für den Einsatz in der Atmosphäre optimiert, doch der Jäger konnte ebenso gut im Vakuum eingesetzt werden, war dort sogar noch ungleich wendiger – auch wenn seit Jahrtausenden keines der Kinder der Nergal mehr dort gewesen war. Meistens waren sie zwischen den Baumwipfeln hin und her gerast, um nicht von den Gruppenantennen erfasst zu werden, die Anu aufgestellt hatte, und genau so flogen sie auch jetzt.
Sie schwebten hinaus auf den Pazifik, nur wenige Meter über der Dünung, und vorsichtig gab Jiltanith ein wenig mehr Schub. Eine gewaltige Hand presste Colin in den Sitz, und hinter ihnen schien ihr Kielwasser zu kochen, als sie mit dreifacher Schallgeschwindigkeit gen Süden rasten. Nach all der Zeit war es für Colin fast belebend, endlich wieder einmal Beschleunigungskräfte zu spüren; es war, als würde er endlich einen alten Freund wiedersehen, den er aus den Augen verloren hatte, seit er an Bord der Dahak gelangt war – doch zugleich verdeutlichten diese Beschleunigungskräfte auch Jiltaniths einzige, eklatante Schwäche als Pilotin.
Es ist ungleich schwerer, sich in der Atmosphäre zu bewegen als im Vakuum. Selbst bei maximaler Leistung des Jägers verschworen sich dort Reibung und Kompression, sodass sie die Höchstgeschwindigkeit des Schiffes drastisch verringerten. Es gab eine beachtliche Entschädigung dafür: Wenn man das Ruder einsetzte, um zu manövrieren, statt sich ausschließlich auf die Gravitonen-Magie zu verlassen, dann konnte man die gleiche Geschwindigkeit erreichen, dabei aber eine sehr viel schwächere Antriebssignatur hinterlassen – aber es war doch immer eine Frage des Abwägens. In diesem Falle musste man sich entscheiden, ob man bereit war in Kauf zu nehmen, dass man von Thermodetektoren leichter geortet werden konnte und damit auch leichter von auf Thermodetektoren basierenden Zielerfassungssystemen: Ein Schiffsrumpf, der nicht durch ein Antriebsfeld geschützt war, heizte sich deutlich stärker auf, doch das war ein kaum ins Gewicht fallender Nachteil.
Das eigentliche Problem bestand darin, dass der in seiner Leistung gedrosselte Antrieb nicht die Massenträgheit und die g-Kräfte der Beschleunigung aufheben konnte. Wenn das kleine Schiff mit Hilfe von Rudern manövriert wurde, dann unterlag dieses tödliche Fluggerät den Bewegungsgesetzen der klassischen Physik und war damit niemals wendiger, als es die Besatzungsmitglieder ertragen konnten – und das mochte für Jiltanith tödlich sein. Wenn sie sich in einem Luftkampf gegen einen voll ausgestatteten Imperialen wiederfand und dabei diesen Leistungsgrenzen unterlag, dann war sie erledigt: Sie würde sehr viel früher ohnmächtig werden als ihr Gegner.
Dennoch hatte MacMahan mit größter Wahrscheinlichkeit Recht. Wenn es zu einem Luftkampf kommen sollte, dann kam es nicht in erster Linie darauf an, unauffällig zu bleiben. Dann ging es um rohe Kraft, um Geschicklichkeit, um Reaktionsvermögen und die Kompetenz der Spezialisten für die elektronische Kriegsführung, die sich an Bord befanden – und das Erste, was in einem solchen Fall
Weitere Kostenlose Bücher