Colin-Saga 02 - Das Armageddon-Vermächtnis
dankbar für das Vertrauen, das der Niedere Herrscher in ihn setzte, und sogar noch mehr darüber, dass die Beförderung ihm derart wunderbare Instrumente einbrachte. Brashieel krümmte die Augen zur Sichtplatte und beschaute die felsige Masse, die dem Scharfrichter folgte. Das Nest verwendete derart große Waffen selten, aber es war an der Zeit, nein, es war höchste Zeit, dass die Hüter diese infernalischen Nestmörder erledigten und dann weiterzogen!
Gerald Hatcher fühlte sich, als sei er einen Million Jahre alt, als er die Füße gegen die Kante des Couchtisches in Horus' Büro setzte. Selbst mit all der Biotechnik hatte die Anzahl der Zweiundzwanzig-Stunden-Tage, die ein Mann durcharbeiten konnte, ihre Grenze, und diese Grenze hatte Hatcher schon lange überschritten.
Sieben Monate hatte er durchgearbeitet – irgendwie –, doch das Ende war in Sicht. Seine ebenso hundemüden Mitarbeiter wussten das, und auch die Zivilisten mussten langsam etwas in der Art vermuten. Der Himmel war zu oft von Flammen überzogen. Zu viele ihrer Verteidiger waren gestorben … und zu viele ihrer Kinder. Vierzehn Mal hatten die Achuultani jetzt Hyperantriebsgeschosse durch den planetaren Schutzschild gebracht. Die meisten waren im Wasser niedergegangen, hatten die geschundenen Küsten der Erde mit Tsunamis gepeitscht, sie mit Strahlung und salzvergifteten Taifunen gequält, doch vier Geschosse hatten das Festland getroffen. Es musste Gottes Gnade zu verdanken sein, dass eines tatsächlich mitten in der afrikanischen Wüste eingeschlagen war. Doch nach der Zerstörung Brisbanes hatte es vierhundert Millionen weitere Todesopfer gegeben, und all die Wunder, die Hatcher und seine Leute vollbracht hatten, hatten der Erde und ihren Kindern nicht viel mehr als einen Aufschub gebracht.
Wie Vassily den Energiekern am Laufen hielt, wusste Hatcher nicht zu sagen, doch es gelang Chernikov tatsächlich, alles zusammenzuhalten, und wenn es mit bloßen Händen war. Der Energiestrom war immer noch nicht abgerissen, und Geb und seine Leute, die kaum noch von Zombies zu unterscheiden waren, schafften es sogar irgendwie, die Schildgeneratoren online zu halten. Sie konnten für Wartungsarbeiten nie mehr als nur eine Hand voll gleichzeitig abschalten, doch ebenso wie Vassily brachte auch Geb das Unmögliche fertig.
Ja, dachte Hatcher, die Erde hat wirklich Leute, die Wunder wirken … aber zu welchem Preis!
»Wie …« Er stockte und räusperte sich. »Wie geht es Isaiah?«
»Unverändert«, antwortete Horus traurig, und Hatcher schloss die Augen, so sehr schmerzte es ihn.
Es war schon schlimm genug für Isaiah, Leiter bei dem Gemetzel gewesen zu sein, das seine Mannschaft so drastisch dezimiert hatte; doch der Verlust von Brisbane hatte ihn gebrochen. Jetzt saß er nur noch in seinem kleinen Zimmer und starrte die Bilder von seiner Frau und seinen Kindern an.
Seine Freunde wussten, wie großartig er gekämpft hatte, immer und immer wieder hatte er die angeschlagenen Schiffe zusammengezogen; er hingegen wusste nur, dass er nicht gut genug gewesen war. Dass er zugelassen hatte, dass die Achuultani seine Familie ermordeten und ein Großteil der Soldaten, die so tapfer gekämpft hatten, Seite an Seite mit ihm, ebenfalls den Tod gefunden hatten. Das stimmte auch, und viele der Überlebenden waren wie Isaiah – ausgebrannt, innerlich tot, sie hassten sich dafür, nur Menschen zu sein, keine Götter, und das in der schlimmsten Stunde ihrer Heimatwelt.
Doch es gab auch noch andere, rief sich Hatcher ins Gedächtnis zurück. Leute wie Horus, die Isaiahs Pflichten übernommen hatten, nachdem dieser zusammengebrochen war. Wie Adrienne Robbins, die ranghöchste Offizierin aller Schiffe der Parasiten -Klasse, die einen direkten Befehl missachtet hatte, als sie sich weigerte, ihr beschädigtes Schiff aus der Kampfzone herauszusteuern. Wie Vassily und Geb, die irgendwie über sich hinausgewachsen waren und das Unmögliche vollbrachten. Wie die völlig erschöpften Mannschaften der OVZs und PVZs, die einen endlosen, hoffnungslosen Tag nach dem anderen durchkämpften, und die Besatzungen der Kampfschiffe, die immer und immer wieder ins All hinaus jagten und in immer kleinerer Zahl zurückkehrten.
Und, dachte Hatcher, Leute wie Tsien Tao-ling, diese Männer und Frauen, die so selten sind, diese Menschen, die unzerstörbar und unerschütterlich scheinen … und dafür, dass es diese Menschen gab, musste man Gott danken.
Aus den Reihen der Obersten
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