Colin-Saga 02 - Das Armageddon-Vermächtnis
Sicherheitssystem war zugleich auch sehr gründlich. Es schien, als würde es an jeder Biegung, jeder Wegkreuzung erneut nach seiner Identifikation fragen, und jedes Mal stieß das System dabei in größere sicherheitstechnische Tiefen vor. Colin hatte schon mit Brückenoffizieren konferiert, von denen er gar nicht gewusst hatte, dass er sie überhaupt kannte, und begriff nun, dass diese Computer immer tiefer in seine Konditionierung, die das Reagieren auf entsprechende Aufforderungen betraf, vorstießen. Kein Wunder, dass Druaga sich so sicher gewesen war, Anu würde niemals die letzten Anweisungen, die er der Dahak erteilt hatte, widerrufen können! Colin hätte niemals für möglich gehalten, wie viele Sicherheitscodes Dahak in seinen eigenen Implantaten und seinem Unterbewusstsein verankert hatte.
Doch endlich erreichte er den zentralen Transitschacht, und er verspürte zugleich eine gewisse Erleichterung und eine neue Art von Anspannung, als er sich nun in das Verkehrssubnetzwerk einlinkte und um einen Transport zu Kommando-Alpha der Raumflottenzentrale bat. Er hatte schon damit gerechnet, wieder zur Identifizierung aufgefordert zu werden, doch dann meldeten die Streckenleitcomputer auch schon ihre Einsatzbereitschaft, und Colin trat in den Schacht hinaus.
Das Praktische an der Angst vor dem Unbekannten, dachte er mit einem schiefen Grinsen, während der Schacht ihn zunächst abfing und dann mit zunehmender Geschwindigkeit immer tiefer in das Innere dieser Station schleuderte, ist, dass sie völlig banale Ängste ganz und gar verdrängen … wie zum Beispiel die Angst davor, die Gravitonik dieses Schachtes könne ihn aus Versehen zu Mus zerquetschen.
Der Schacht führte Colin in eine hell erleuchtete Kammer, die groß genug war, um dort eine Sturmfähre unterzubringen; sie lag unmittelbar vor dem Zugang zu Kommando-Alpha. Auf dem Kommandodeck waren keine Insignien irgendwelcher Einheiten zu erkennen, als sei die Raumflottenzentrale über Derartiges schlichtweg erhaben. Nur das Emblem des Vierten Imperialats war dort: der Stern des Imperiums, gekrönt von einem verschlungenen Diadem.
Colin schaute sich um, alle Sinne und alle Implantate gespannt, und erbleichte, als er die Sicherheitseinrichtungen erkannte, die den gleißend leuchtenden Eingang bewachten. Schwere GravGewehre in kunstvoll verborgenen Gehäusen wurden durch weitere Waffen unterstützt, die Vlad als Trans-D-Gewehre bezeichnet hatte, und sämtliche Zielerfassungssysteme waren geradewegs auf ihn gerichtet. Colin versuchte, seine vor Anspannung verkrampften Schultern ein wenig zu lockern, und ging festen, gleichmäßigen Schrittes auf die gewaltige Luke zu.
Er war fast überrascht, als sie sich einfach öffnete, und dann auch weitere Luken – doppelt so viele wie zu Kommando-Eins der Dahak – lautlos zur Seite glitten; er ging einen grell erleuchteten Tunnel hinab und musste bewusst gegen das Gefühl ankämpfen, er sei hier gefangen. Und dann, endlich, trat er aus diesem Tunnel hinaus, hinein in das Herz und das Hirn der Raumflotte, und hinter ihm schloss sich die letzte Luke.
So beeindruckend wie Kommando-Eins ist das hier aber nicht, war sein ersten Gedanke – aber wirklich nur der allererste. Es fehlten die atemberaubenden, perfekten Holoprojektionen, wie Colin sie von der Brücke der Dahak kannte. Der in sanftes Licht getauchte Raum war allerdings viel, viel größer. Zahlreiche HyperCom-Konsolen waren entlang der Wände aufgestellt, allesamt in der flüssigen Schrift des Imperiums beschriftet – mit Namen, die er aus nur halb für bare Münze gehaltenen Legenden kannte, die ihn Dahak über die Implantatsausbildung gelehrt hatte. Systeme und Sektoren, berühmte Stützpunkte der Raumflotte und stolze Geschwader – die Namen verschwanden so weit in der Ferne, dass Colin sie nicht mehr lesen konnte, und Quadranten-Befehlsnetzwerke erstreckten sich über den Boden, die in Rängen aufgestellten Sessel und Konsolen zu zahlreich, als dass er sie hätte zählen können, und allein schon das machte Colin die unvorstellbare Größe des Imperialats erschreckend bewusst.
Er fühlte sich sehr, sehr klein, sehr, sehr unbedeutend.
Und doch war er nun hier … und alle diese Sessel waren nicht besetzt. Er war achthundert Lichtjahre weit gereist, um diesen gewaltigen Raum hier aufzusuchen, von einem Planeten, der vor Menschen nur so wimmelte, und hier fand er eine Stille vor, die seit fünfundvierzig Jahrtausenden durch nichts mehr durchbrochen
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