COLLECTION BACCARA Band 0259
gewesen …
„Ich wünschte, Sie wären nicht so mitfühlend.“
„Hätte ich Ihnen stattdessen einen Fußtritt geben sollen? Das wäre wohl in dem Moment nicht angebracht gewesen.“
Sie presste die Lippen zusammen. Sie war im Innersten aufgewühlt. So lange war es her, dass sie sich an jemanden angelehnt hatte, wirklich angelehnt. Zwar war Papa Joe immer für sie da, aber sie wollte ihn nicht belasten. Doch immer auf eigenen Füßen zu stehen konnte furchtbar anstrengend sein.
„Viel lieber kämpfe ich gegen ein Hindernis. Freundlichkeit macht mich immer schwach.“
Das hatte er gespürt und sie deshalb in den Arm genommen. Wie gerne hätte er sie noch länger festgehalten. „Passen Sie auf, dass diese Information nicht an den Falschen gerät.“
Sie sah ihn an, und Zeit und Raum schienen für einen Moment stillzustehen. „Sind Sie der Falsche?“
Ach Kleine, wenn du wüsstest, flüsterte seine innere Stimme. Jetzt sollte er sie eigentlich zum Auto zurückbringen. Aber er stand da wie angewurzelt und konnte die Augen nicht von ihr wenden.
Bevor er über die Konsequenzen nachdenken konnte, hatte er schon ihr Gesicht mit den Händen umfasst und näherte sich langsam ihrem Mund. Dabei sah er ihr unverwandt in die Augen und spürte die Anziehungskraft zwischen ihnen. Als ihre Lippen sich berührten, durchzuckte ihn ein unbeschreibliches Lustgefühl.
Sein Cousine Callie hatte ihn immer damit aufgezogen, dass er schon als Frauenheld geboren war. Mit zehn hatte sein Vater ihn erwischt, als er Louise Rodriguez küsste, und Jared konnte sich überhaupt nicht erinnern, Frauen gegenüber jemals gleichgültig gewesen zu sein.
Aber er konnte sich auch zurückhalten. Wenn er im Dienst war, benutzte er seine Anziehungskraft auf Frauen manchmal als Mittel zum Zweck. Zum Beispiel um aus einer schwierigen Situation herauszukommen.
Das hier hatte allerdings mit seinem Auftrag nicht das Geringste zu tun. Maren zu küssen tat er ohne jede Berechnung. Keinen Moment lang überlegte er, wie er sie anschließend am besten wieder loswurde. Alles, was er fühlte, war der Wunsch, sie zu beschützen, und gleichzeitig ein heißes Verlangen, das stärker war als seine Vernunft.
Ihm war, als würde er versinken im Duft ihrer Haut und im süßen Geschmack ihrer Lippen, der sich mit dem Salz ihrer Tränen mischte. Mit beiden Händen griff er unter ihren Mantel und presste sie fester an sich, spürte intensiv ihre Wärme. Seine üblichen Strategien waren diesmal unwirksam. Er begehrte Maren auf eine völlig unvernünftige Weise, aber ihm war auch klar, dass er diesem Begehren nicht nachgeben durfte.
Maren war vollkommen verwirrt von den widerstreitenden Gefühlen, die sie bei Jareds Kuss empfand. Sie hätte es nicht so weit kommen lassen dürfen, aber jetzt war sie ihm willenlos erlegen. Dabei hatte sie immer geglaubt, sie hätte sich fest im Griff und würde nie wieder schwach und verletzbar werden. Und genau das war passiert.
Sie hatte nur noch den verzweifelten Wunsch, im Arm gehalten zu werden und ihren Schmerz zu vergessen. Seit Melissas Tod war sie mit keinem Mann ausgegangen, geschweige denn im Bett gewesen. Sie war zu einer uneinnehmbaren Festung geworden, lebte nur noch für ihre Arbeit. Dabei sehnte sie sich so sehr danach, wieder Frau zu sein.
Ihr geordnetes Leben war plötzlich völlig aus der Bahn geraten. Alles, was sie empfand, war Verlangen, unermessliches Verlangen. Viel zu lange war sie innerlich tot gewesen. Jared hatte den schlafenden Tiger in ihr geweckt. Sie drängte sich an ihn, küsste ihn, als wäre es zum letzten Mal im Leben.
Der schrille durchdringende Schrei einer Möwe brachte sie in die Wirklichkeit zurück.
Wie benommen machte sie sich los. Ihr Mund war vom Küssen ganz taub geworden, aber sie spürte noch intensiv den Geschmack seiner Lippen und würde ihn gerne für immer bewahren. „Das hätte nicht passieren dürfen.“
„Es war meine Schuld.“
Maren sah ihn verblüfft an. „Also das habe ich noch nie erlebt. Dass ein Mann sich entschuldigt. Die meisten hätten längst versucht, die Situation auszunutzen.“
War ihr das passiert?, fragte sich Jared. Hatte jemand sie ausgenutzt? „Ich nutze eine Frau nie aus.“
Das klang so aufrichtig, dass sie ihm beinahe glaubte oder ihm gerne geglaubt hätte. Aber ihre Erfahrung hatte sie etwas anderes gelehrt, und das wollte sie nicht noch einmal erleben. Wenn sie sich wieder auf einen Mann einließ, würden ihre kaum verheilten Wunden wieder
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