COLLECTION BACCARA Band 0259
Sie nicht einer von diesen Chefs sind, die ihre Leute herumschubsen und nur an ihrem Gewinn interessiert sind.“
Als er Tränen in ihren Augen schimmern sah, spürte er ein Ziehen in der Brust. Er konnte es nicht ertragen, eine Frau weinen zu sehen. Solange er denken konnte, hatten Tränen ihn tief berührt, und sie erweckten automatisch seinen Beschützerinstinkt. Wenn eine Frau weinte, wollte er auf der Stelle losstürmen, um den bösen Drachen zu töten oder sonst etwas tun, nur um ihren Tränenfluss zu stoppen.
„Was habe ich denn gesagt, Miss Minnesota?“, fragte er leise. „Was habe ich gesagt, dass Sie weinen müssen?“
Als ihr bewusst wurde, dass sie im Mondlicht standen, unter dem funkelnden Sternenhimmel, und er sie mit ihrem Nachnamen anredete, musste sie lachen, so absurd war die Situation.
„Nichts, Sie haben nichts gesagt. Es ist nur …“ Ihre Stimme versickerte, während ihr die Erinnerung den Hals abschnürte.
„Was denn?“
Sie holte tief Luft. „Heute ist Melissas Geburtstag.“
„Melissa?“
Sie nickte und blickte zur Seite, damit er nicht merkte, dass sie feuchte Augen hatte. Außerdem, wenn sie ihn jetzt ansah, würde sie hoffnungslos in Tränen ausbrechen.
„Meine Tochter“, flüsterte sie.
„Sie haben eine Tochter?“ Auch das war ihm bei seiner Recherche entgangen.
„Hatte.“ Das Wort stach ihr wie ein Messer in die Brust.
Diese Geschichte konnte er nicht auf sich beruhen lassen. Außerdem hatte er das Gefühl, es tat ihr gut zu reden. „Was ist mit ihr passiert?“
„Sie ist gestorben.“ Ihre Stimme zitterte. „Sie war zwei Monate alt, und ich war zu erschöpft, um nach ihr zu sehen.“ Maren schlang sich die Arme um den Körper, aber die Kälte kam von innen. „Sie hatte den ganzen Tag geschrien, ich konnte machen, was ich wollte. Als sie einschlief, war ich so froh, endlich Ruhe zu haben. Ich dachte, sie wäre erschöpft vom vielen Schreien und würde deshalb so lange schlafen. Dass sie jetzt gelernt hätte, die Nacht durchzuschlafen.“
Maren stieß zitternd den Atem aus. „Aber sie hat nicht geschlafen, sie war … tot.“
Ihr Schmerz ergriff ihn wie eine Welle. „Oh Gott, Maren, wie schrecklich.“
Sie schüttelte hilflos den Kopf. „Unaufhörlich mache ich mir Vorwürfe, weil ich nicht früher nach ihr gesehen habe. Weil ich so fest eingeschlafen war …“
Er unterbrach ihre Selbstanklage. „Aber Sie waren doch völlig erschöpft.“
Es gab keine Entschuldigung für das, was sie getan hatte oder vielmehr nicht getan hatte. Ihr Selbsthass richtete sich jetzt gegen ihn. „Ich war doch ihre Mutter! Ich hätte wissen müssen, dass etwas nicht stimmte.“
„Nur weil man Mutter ist, hat man nicht automatisch übermenschliche Kräfte. Bisher haben die Ärzte noch nicht herausgefunden, wie es zum plötzlichen Kindstod kommt. Sie müssen aufhören, sich ständig Vorwürfe zu machen. Solche Dinge passieren eben.“
Diesmal konnte sie ihre Tränen nicht zurückhalten. „Das war kein Ding, es war mein Baby.“ Ihr Hals war wie zugeschnürt. „Mein Baby …“
Jared legte die Arme um sie, aber Maren ließ ihre Schuhe fallen und fing an, mit den Fäusten gegen seine Brust zu hämmern. Plötzlich war sie gar nicht mehr schwach.
Doch dann brach ihre mühsam aufrechterhaltene Fassung zusammen. Sie tat das, wonach ihr schon den ganzen Tag zumute gewesen war. Sie weinte herzzerreißend. Ihr ganzer Körper wurde von Schluchzern geschüttelt. Sie weinte, bis sie sich innerlich vollkommen leer fühlte.
Und die ganze Zeit hielt Jared sie fest im Arm.
4. KAPITEL
Langsam und unter großer Anstrengung schaffte Maren es, sich aus dem Gefühlsstrudel zu befreien, in dem sie versunken war. Sie hob den Kopf und sah Jared schuldbewusst an. „Tut mir leid.“
Während sie herzzerreißend geschluchzt hatte, hatte er sie festgehalten und ihr den Kopf gestreichelt. Was dabei in ihm vorgegangen war, das wagte er ihr nicht zu gestehen. Etwas hatte sich in ihm geregt, ein Ziehen im Magen und ein Verlangen, das durch seinen ganzen Körper ging.
Ihr Gesicht war ganz nass vom Weinen, und eine Haarsträhne klebte auf ihrer Wange. Er schob sie beiseite. „Sie brauchen sich doch nicht zu entschuldigen.“
Mit dem Kopf deutete sie auf seine offene Jacke. „Ihr Hemd ist ganz nass.“
„Das trocknet wieder.“
Seufzend fuhr Maren sich mit der Hand durchs Haar. Sie hätte sich nicht derart gehen lassen dürfen. Das war sonst gar nicht ihre Art. Aber er war so lieb
Weitere Kostenlose Bücher