Collection Baccara Band 0282
den Kutscher an, als dieser grüßend den Hut lüftete. Auf dem Rücksitz saßen ein Mann und eine Frau, eingemummt in dicke Mäntel und warme Mützen. Sie winkten ihr zu und wünschten frohe Weihnachten.
Weihnachten war im Napa Valley schon immer eine wunderbar märchenhafte Zeit gewesen. Blinkende Lichter in allen Schaufenstern, das bewegliche Rentier und Santa Claus auf dem Dach von McIntye Hardware, der riesige, geschmückte Tannenbaum in Old Town, dem Zentrum von Napa. Sie atmete die frische, würzige Luft ein.
Es war ein schönes Gefühl, nach langer Zeit wieder zu Hause zu sein.
Die Hände tief in die Manteltaschen gesteckt, lief sie die Straße entlang und nahm alles in sich auf. Einige Geschäfte gab es nicht mehr, seit sie vor fünf Jahren weggezogen war, andere waren neu eröffnet worden. Emily’s Bed and Linen, ein Wäschegeschäft, war jetzt eine elegante Brautmodenboutique, der traditionelle Geschenkeladen Old Town Vintage Gifts war einer Boutique namens Très Chic Fashion gewichen, und aus Britwells Tea Shop war ein Restaurant geworden.
Veränderungen waren nun einmal unvermeidlich. Man konnte dagegen ankämpfen, man konnte sie ablehnen, man konnte sogar vor ihnen davonlaufen. Aber so sehr man sich auch anstrengte, sie ließen sich nicht aufhalten.
Veränderungen gehörten einfach zum Leben.
Leise Musik und das melodische Geräusch einer Glocke zogen sie an die Fensterfront eines kleinen Spielwarengeschäfts. Sie blieb stehen und betrachtete einen etwa sechzig Zentimeter großen aufblasbaren tanzenden Schneemann im Schaufenster. Er trug einen schwarzen Zylinder mit rotem Band und eine Jacke und schüttelte eine kleine Glocke zu der Melodie von „Jingle Bell Rock“. Ein kleines rothaariges Mädchen stand fröhlich lachend im Laden und deutete aufgeregt auf den Schneemann.
Zum Glück gibt es wenigstens noch ein paar Dinge, die sich nicht ändern, dachte Becca und sah in die strahlenden Augen des Kindes. Sie selbst hatte auch einmal diese Aufregung verspürt, diese Vorfreude auf Weihnachten.
Als sie sich umdrehte, stieß sie mit einem Mann zusammen. Instinktiv hielt er sie fest, damit sie nicht stürzte.
„Tut mir …“
Sie erstarrte.
Oh nein.
Auch wenn sie in der Dämmerung nicht viel erkennen konnte, wusste sie doch, dass der Mann grüne Augen und hellbraune Haare hatte. Sie wusste, dass er über der linken Augenbraue eine kleine Narbe hatte, das Überbleibsel eines Sturzes von einem Baum, als er elf Jahre alt gewesen war. Er starrte aus zusammengekniffenen Augen auf sie herab. Seine Lippen waren nur zwei schmale Striche.
„Hallo, Becca.“
Ihr war klar gewesen, dass sich während ihres Aufenthalts in Napa ihre Wege zwangsläufig irgendwann kreuzen würden, doch so hatte sie sich das Wiedersehen nicht vorgestellt. Wochenlang hatte sie sich auf diesen Moment vorbereitet, um im entscheidenden Augenblick ruhig, gelassen und souverän zu wirken. Als Herrin der Lage. Sie hatte genau überlegt, was sie sagen wollte, und wie sie lächeln würde. Ja, sie hatte sogar am Klang ihrer Stimme gearbeitet.
Alles umsonst. Mehr als ein erschreckter Aufschrei war nicht über ihre Lippen gekommen.
„Trace.“ Endlich hatte sie es geschafft, zumindest seinen Namen auszusprechen.
Er hielt sie immer noch fest, während sie die aufsteigende Panik bekämpfte. Durch ihren dicken Mantel hindurch spürte sie die Hitze, die sein Körper ausstrahlte. Ihr Herz schlug gegen die Brust, das Hämmern hallte in ihrem Kopf wider. Wie hatte sie nur glauben können, auf ein Wiedersehen mit ihm vorbereitet zu sein?
Sie war ziemlich dumm und naiv gewesen.
Als er schließlich die Hände sinken ließ und einen Schritt zurückwich, holte sie tief Luft. „Entschuldige“, sagte sie atemlos. „Ich hatte dich nicht gesehen.“
„Ich habe gehört, dass du zurück bist.“
Da er nicht sehen sollte, wie heftig ihre Hände zitterten, steckte sie sie tief in ihre Manteltaschen. „Ich bin zu Fotoaufnahmen für Ivy Glen Cellars hier.“
„Davon habe ich auch gehört.“
„Oh.“ Aber Becca war nicht wirklich überrascht. Die Winzer in Napa kannten sich untereinander. Sie fragte sich, was er sonst noch gehört haben mochte. Und wie viel davon der Wahrheit entsprach.
„Wie … wie geht es dir?“ Wie banal und albern die Frage klingt, dachte Becca. Doch eine intelligentere fiel ihr im Moment nicht ein.
„Gut. Und dir?“
„Auch gut.“
„Es ist schon lange her, dass wir uns das letzte Mal gesehen haben,
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