Collection Baccara Band 0314
unterzeichnen und damit ihren Vater in die Obhut fremder Menschen zu geben. Ihn aus dem Haus zu holen, das er gemeinsam mit ihrer Mutter errichtet hatte, und ihn in ein Hospiz zu bringen, war ein bisschen wie Aufgeben.
Aber sie musste sich der Realität stellen. Er würde sich nicht mehr erholen, also konnte sie ihm seine letzten Tage nur so angenehm wie irgend möglich gestalten.
Der Krebs hatte überall in seinem Körper Metastasen gebildet, und die Ärzte konnten nichts mehr für ihn tun. An manchen Tagen arbeitete sein Geist nicht ganz so klar wie an anderen. Zwar erkannte er noch immer jeden, doch er vergaß oft simple Dinge wie zum Beispiel, ob die Schwester ihm am Morgen Blut abgenommen hatte oder warum er nicht zu Hause war.
Die Situation war überaus schwierig, und Tamera ahnte, dass es noch schlimmer werden würde.
Sie ging vom Schwesternzimmer zum Zimmer ihres Vaters, um noch einmal nach ihm zu sehen. Den ganzen Tag über war sie zwischen dem Haus ihres Vaters und dem Hospiz hin- und hergefahren, um all die Dinge zu bringen, mit denen er sich in seinem Zimmer wohlfühlen konnte. Sie wollte alles in ihrer Macht Stehende tun, um ihn glücklich zu machen.
Ihr Vater schlief, als sie sein Zimmer betrat. Tamera schaltete den Fernseher aus und betrachtete schweigend den Mann, der einst milliardenschwere Tycoons in Angst und Schrecken versetzt hatte. Jetzt war er blass und gebrechlich, und es fiel ihr schwer, in ihm ihren starken Vater wiederzuerkennen.
Sie musste schlucken und spürte die Tränen, die sich in ihren Augen sammelten. Mit Freuden hätte sie Geld, Häuser, Autos, Jachten und einfach alles gegeben, um ihn wieder gesund zu machen.
Sie deckte ihn zu und strich ihm zart das Haar aus der Stirn, ehe sie ihn küsste und das Licht ausschaltete.
Er würde eine gute Nacht haben. Die Medikamente waren so hoch dosiert, dass sie ihm die wohlverdiente Ruhe schenken würden. In solchen Nächten konnte endlich auch Tamera den versäumten Schlaf nachholen. Und den brauchte sie in dieser Zeit der Verhandlungen mit Cole und Victor mehr denn je.
Schwer beladen mit all dem Papierkram für das Hospiz, winkte Tamera den Schwestern zum Abschied zu und trat hinaus in den ungewöhnlich kühlen Aprilabend. Die frische Brise drang durch ihre dünne Seidenbluse und ließ sie frösteln.
Sie stieg in ihr Auto und war froh, dem für Miami so ungewöhnlich kalten Wind entronnen zu sein. Zu Hause würde sie sofort ihre Lieblingsjogginghose und ein langärmeliges T-Shirt anzuziehen.
Die ganze Heimfahrt über freute sie sich auf einen gemütlichen Abend und ein gutes Buch.
Doch als sie dann vor ihrem Haus ankam, war es vorbei mit der Vorfreude. Eine dicke Luxuslimousine parkte vor der Tür. Mit dem Mann am Steuer, der ganz besonders für ihre schlaflosen Nächte verantwortlich war. Wie viele Autos besaß er eigentlich?
Der schwarze Lincoln passte ebenso gut zu einem unheimlichen FBI-Agenten wie zu einem Firmenboss. Der Agent wäre Tamera im Moment lieber gewesen.
Cole stieg aus, als sie das Garagentor öffnete und hineinfuhr. Das Letzte, worüber sie jetzt nachdenken wollte, war das Lawson-Projekt oder Coles freimütiges Geständnis, dass er mit ihr schlafen wolle.
Heute war definitiv nicht die Nacht, in der sie nachgeben würde.
Als Cole ihr die Fahrertür aufhielt, fügte Tamera sich jedoch in das Unvermeidliche und nahm ihre Unterlagen und ihre Handtasche an sich. Er würde ohnehin nicht eher gehen, als bis er nicht ausgesprochen hatte, was immer er im Sinn hatte.
Zumindest war er so höflich, einen Schritt zurückzutreten, damit sie an ihm vorbeikam, ohne ihn berühren zu müssen. Ein kleiner Punkt für ihn.
Er schloss die Tür. „Im Büro sagte man mir, du hättest dir einen Tag freigenommen.“
„Ja.“ Tamera betrat ihr Haus durch die Verbindungstür in der Garage und drückte auf einen Knopf, um das Garagentor zu schließen. Dann gab sie den sechsstelligen Code ein, um die Alarmanlage auszuschalten. „Hin und wieder erlaube ich mir das.“
Cole folgte ihr und schien offensichtlich entschlossen, sich nicht abwimmeln zu lassen. „In einer so entscheidenden Phase unseres Projektes? Also ich für meinen Teil habe vor, rund um die Uhr zu arbeiten, bis alles perfekt ist und Victor vorgelegt werden kann. Wir sollten unbedingt ein gemeinsames Vorgehen …“
„Ich musste etwas Privates erledigen“, explodierte Tamera ohne Vorwarnung und warf ihre Unterlagen auf den Steinblock in der Mitte ihrer Küche.
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