Collection Baccara Band 0316
fortgeschickt worden war unter dem Vorwand, ihr künstlerisches Talent müsse gefördert werden, verstand sie, wie schrecklich es sich anfühlte, gerade von den Menschen verlassen zu werden, die beteuerten, einen am meisten zu lieben. Und wie verzweifelt man sich bemühte, ihre Anerkennung zu bekommen.
Tobias’ Worte holten Heather aus der Vergangenheit in eine Gegenwart, die von Minute zu Minute komplizierter wurde.
„Für den Fall, dass die Agentur diesen Job falsch beschrieben hat, Miss Burroughs, Dylan ist entwicklungsverzögert.“
Die letzten zwei Worte schienen Tobias fast im Hals stecken zu bleiben. Obwohl Heather ihn am liebsten mit einem beruhigenden Tätscheln zum Weitersprechen ermuntert hätte, unterließ sie es, ihn noch einmal zu berühren. Ihr war klar geworden, dass der Pferdefuß bei diesem Job nicht die Arbeit mit einem Kind sein würde, das in seiner Entwicklung zurückgeblieben war, sondern auf engem Raum mit einem Mann zusammenzuwohnen, dessen Gegenwart sie vollkommen durcheinanderbrachte.
Ihre Liebe zu Josef hatte sie die Liebe zur Musik gekostet. Und sie wollte sich nicht mehr verlieben, wollte nicht den letzten Rest ihrer Selbstachtung opfern, der ihr noch geblieben war.
Tobias räusperte sich. „Sie sind mir nachdrücklich empfohlen worden. Ich habe gehofft, dass Sie und Dylan sich vielleicht aufgrund Ihres gemeinsamen Talents gut verstehen würden.“
Er deutete auf den Flügel am anderen Ende des Raumes. Die Sonne fiel auf die schwarz glänzende Oberfläche. Der Anblick löste in Heather so zwiespältige Gefühle aus, dass sie Halt suchend nach der Rückenlehne eines Stuhls griff. Einerseits sehnte sie sich danach, ihre Finger über die Tasten gleiten zu lassen. Andererseits hatte sie mit diesem Teil ihres Lebens für immer abgeschlossen.
„In Ihrem Lebenslauf steht, dass Sie eine versierte Musikerin sind. Dylan ist auf dem Gebiet begabt. Mit seinen drei Jahren kann er ohne Unterricht schon kleine Melodien auf dem Klavier spielen.“
Die väterliche Brust schwoll vor Stolz förmlich an. Eine Brust, die ohnehin so breit war, dass sie eine Frau verführte, mit den Händen darüber zu streichen und auszuprobieren, ob sie ihre Finger miteinander verflechten konnte, wenn sie die Arme um ihn schlang. Heather sah ihn herausfordernd an.
„Ich hoffe, Sie spielen nicht mit dem Gedanken, ihn auf eine entsprechende Schule zu schicken, wie meine Eltern es mit mir getan haben. Obwohl ich doppelt so alt war wie Dylan, bin ich mit dem ungeheuren Leistungsdruck nicht fertig geworden.“
Tobias machte vor Überraschung große Augen. Er schüttelte energisch den Kopf. „Nein, ich habe nicht die Absicht, meinen Jungen irgendwohin zu geben. Seine Mutter hat sich durch das Familienleben vielleicht eingeengt gefühlt, aber ich absolut nicht. Was auch immer Sie über meine Erziehungsmethoden denken mögen, ich liebe meinen Sohn, und ich werde alles tun, ihm dabei zu helfen, seine Sprache wiederzufinden. Selbst wenn ich ihn dazu mit einem Keks bestechen muss, wie mir die Sprachtherapeutin empfohlen hat.“
Obwohl Heather bei dem indirekten Tadel errötete, wollte sie dennoch klarstellen, dass sie trotz seiner Erläuterung nicht von seinen Erziehungsmethoden überzeugt war. „Solange Sie nicht von mir verlangen, dass ich ebenfalls mit diesen Methoden arbeite, verspreche ich, alles in meiner Macht Stehende zu tun, um Sie zu unterstützen.“
„In Ordnung, Miss Burroughs. Alles, worauf ich hoffe, ist, dass Sie die richtigen Tasten anschlagen und meinem Sohn helfen, aus seinem Schneckenhaus herauszukommen.“
Heather verstand, dass seine Worte symbolisch gemeint waren, und wählte ihre mit derselben Sorgfalt. Gut gemeint oder nicht, sie würde ein Kind nie dazu zwingen, Leistung zu erbringen, so wie ihre Eltern es getan hatten. Ungewollt hatten sie damit das Talent, das Gott ihr geschenkt hatte, zu einem Fluch werden lassen.
„Ich werde Dylans musikalisches Talent sehr gern fördern – solange er es möchte.“
Tobias wirkte erleichtert. Ermutigt. „Gut, dann wäre das geklärt. Was sonst noch zu Ihren Aufgaben gehört, ist zweitrangig. In erster Linie kümmern Sie sich um Dylan. Ich erwarte zwar auch, dass Sie kochen und putzen, aber ich bin in der Hinsicht nicht besonders pingelig, wenn Sie das beruhigt.“
Heather glaubte nicht, dass sie für einen Mann, der so attraktiv wie ein Schauspieler und reich wie Krösus war, entspannt würde arbeiten können. Schon jetzt spielten ihre Hormone
Weitere Kostenlose Bücher