Collection Baccara Band 0316
zwischen ihnen nicht einmal mit der Wimper zuckte, trafen Heather die Worte wie Geschosse.
Warum sie nach fünfundzwanzig Jahren Duldsamkeit ihren eigenen Willen entdeckt hatte, war für sie ebenso ein Geheimnis wie für ihre Eltern. Sie wäre fast enterbt worden, weil sie plötzlich andere Vorstellungen von ihrem Leben entwickelt hatte, als ihre Eltern es sich gewünscht hätten.
Noch ungeübt darin, ihre Meinung zu äußern, fehlte Heather vor allem das rechte Maß an Besonnenheit. In ihrer Situation war es überaus unvernünftig, sich mit ihrem potenziellen zukünftigen Arbeitgeber anzulegen und für ihre Überzeugung den Job zu riskieren, auf den sie angewiesen war. Denn um keinen Preis der Welt würde sie klein beigeben und, wie ihr Vater es ausgedrückt hatte, „angekrochen kommen“, damit er sie wieder finanziell unterstützte.
Dennoch hatte sie absolut keine Lust, für einen Mann zu arbeiten, der genauso zu sein schien wie ihr strenger Vater. Ein Mann, der seinem Kind die Anerkennung verwehrte, solange es nicht die Leistung erbrachte, die er forderte.
Heather richtete sich auf und wandte sich in Richtung Tür. Sie rief sich tröstend in Erinnerung, dass über die Jahrhunderte viele berühmte Musiker Zeugnis dafür abgelegt hatten, dass Armut gut für die Kreativität war.
Eine leise Kinderstimme ließ sie innehalten.
„Teks!“
Tobias Danforths Gesicht könnte aus Wachs geformt sein, so wie das eine Wort seines Sohnes seine kantigen maskulinen Gesichtszüge neu gestaltete. Seine Augen, die eben noch so eisig waren wie das Wasser der Seen in Wyoming im Januar, schienen plötzlich aufzutauen und nahmen einen warmen und liebevollen Ausdruck an. Er ging auf die Knie, legte seinem Sohn die Hände auf die Schultern und sah ihn an. „Was hast du gerade gesagt?“
Wäre seine Berührung nicht so offenkundig liebevoll gewesen, hätte Heather zu dem Schluss kommen können, dass er eine Antwort aus dem Kind schütteln wollte.
Sie fragte sich, was für ein Vater das war, der die bemerkenswerten Versuche seines Kindes nicht verstand, ein Wort zu formen. Weil sie eine ganz trockene Kehle hatte, klangen ihre eigenen Worte ziemlich kratzig, als sie sich bemühte, den armen Mann aufzuklären. „Ich glaube, er hat Keks gesagt. Wenn Sie mich fragen, dann möchte er gern noch einen essen.“
„Meinetwegen kann er die ganze verdammte Tüte haben!“, jubelte Tobias zu ihrer Überraschung.
Er griff Dylan unter die Arme und wirbelte ihn durch die Luft. Die überschäumende Freude im Gesicht des Mannes ließ Heathers Puls erst schneller schlagen, dann rasen, und schließlich ganz aussetzen. Wenn sich hinter dem Unmenschen tatsächlich ein liebenswerter Mann versteckte, dann hoffte sie, dass er die Kunst der Wiederbelebung beherrschte.
Kreischend vor Freude wiederholte Dylan die Meisterleistung, die ihm so viel Begeisterung einbrachte. „Teks!“
Heather wurde warm ums Herz, als sie die Tränen sah, die in Tobias Danforths Augen glitzerten. Er setzte seinen Sohn auf den Boden und zerzauste ihm die Haare. Der Mann besaß angeblich Millionen und wurde von den Einheimischen als zurückgezogen lebender, geheimnisvoller Zeitgenosse wahrgenommen.
Jedem Außenseiter, der es sich leisten konnte, die Viehwirtschaft als Hobby zu betreiben, wurde von denen, die in diesem gnadenlosen Land geboren und aufgewachsen waren, mit Argwohn begegnet. Dass so ein Mann wegen einer kleinen Leistung seines Sohnes tatsächlich zu Tränen gerührt sein konnte, überraschte Heather.
Tobias hielt Wort und reichte Dylan die Tüte mit den Keksen.
Heathers Misstrauen ihrem neuen und schon wieder ehemaligen Arbeitgeber gegenüber löste sich in Luft auf, als der Junge die Arme um den Nacken seines Daddys schlang und dessen Gesicht mit schmatzenden Küssen bedeckte. Die Szene war so anders als alles, was sie aus ihrer Kindheit kannte, dass sie es bedauerte, nicht mehr die Gelegenheit zu bekommen, Vater und Sohn besser kennenzulernen.
Als sie gerade gehen wollte, hielt eine Stimme sie zurück.
„Und wohin wollen Sie jetzt?“, fragte Tobias Danforth mit seinem breiten Südstaatenakzent.
Heather drehte sich langsam um. Der Anblick des mit Schokolade verschmierten Gesichts des Mannes trug enorm dazu bei, die Spannung zu lösen. Der Hauch eines Lächelns ließ die kantigen Gesichtszüge weit weniger Furcht einflößend erscheinen als beim ersten Hinsehen.
„Sie haben mich gerade gefeuert“, erinnerte sie ihn leise.
Tobias zog ein sauberes
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