Collection Baccara Band 325 (German Edition)
spurte, wie sie es erwartete. Das war etwas, das sie ändern wollte. Hin und wieder musste sie sich daran erinnern, dass nicht jeder an die Dinge glaubte, an die sie glaubte, oder die Dinge so schätzte, wie sie es tat – zum Beispiel Familie, harte Arbeit und an seinen Ideen festzuhalten.
Ein Teil von ihr fragte sich währenddessen, wie ihr Leben wohl verlaufen wäre, wenn sie einen anderen Weg eingeschlagen hätte und nicht derart hohe Anforderungen an sich selbst gestellt hätte.
Der Mann ist gut für dich. Er fordert dich heraus. Hält dich auf Trab. Und er kann dir zeigen, wie man sich selbst nicht so wichtig nimmt.
Wyatt hatte ein gewaltiges Selbstbewusstsein. War großspurig. Trotz der dicken, schwarzen Hornbrille sah er ausgesprochen gut aus, und das wusste er auch. Er sendete zweideutige Botschaften aus, und so sehr es ihr widerstrebte, es zuzugeben, er machte sie neugierig.
Sie biss die Zähne aufeinander.
Nein. Einfach nein.
Sie würde nicht einmal darüber nachdenken. Ganz egal, ob ihre Hand noch immer kribbelte, weil sie versehentlich sein Handgelenk berührt hatte. Sich mit einem Praktikanten einzulassen, war nicht nur absurd, sondern auch absolut unpassend.
Es war fünf Minuten nach sieben, als Wyatt am nächsten Morgen in Kiaras Labor schlenderte. Sie stand auf einer Leiter direkt unter dem Feuermelder, eine Batterie in der Hand.
„Sie sind zu spät“, teilte sie ihm mit, ohne sich mit einer höflichen Begrüßung aufzuhalten, und deutete auf die Wanduhr.
Die letzten zwei Tage war Wyatt entgegen seinen Gewohnheiten schon im Morgengrauen aufgestanden. Nicht seine Zeit. Er bevorzugte die Abenddämmerung. Das war schon immer so gewesen. Schon als Kind, bevor seine Eltern sich hatten scheiden lassen, konnte man ihn nur mit Gewalt aus dem Bett bringen. Zugegeben, damals war er schrecklich gewesen – faul, undiszipliniert, dazu mit einem umwerfenden Lächeln gesegnet, das ihm Tür und Tor öffnete.
Wyatt zuckte die Schultern. „Der Weg von unserer Unterkunft hierher ist länger, als ich angenommen hatte.“
„Keine Ausreden. Zu spät ist zu spät.“
„Sie können es mir ja vom Gehalt abziehen.“
Kiara starrte ihn finster an. Das konnte sie wirklich gut. Aber er sah hinter diese grimmige Maske. Sie trug viel Verantwortung. Sie leitete dieses Weingut, von ihr waren eine Menge Menschen abhängig. Sie hatte weder die Zeit noch die Geduld, um herumzualbern.
Er spürte einen Hauch Sympathie. Konnte sie sich jemals entspannen? Ihre eigenen Weine genießen oder sich einfach eine schöne Zeit machen? „Soll ich Ihnen da oben helfen?“
„Nein“, erwiderte sie knapp. „Nicht nötig.“
Er ließ seinen Blick über ihre nackten Waden bis zum Saum ihres unvorteilhaften Kleides wandern. Es sah fast genauso aus wie das vom Vortag. Aber selbst dieser altbackene Fummel konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie ausgesprochen hübsche Beine hatte. Ein angenehmes Prickeln machte sich in seinem Magen bemerkbar und breitete sich in seinem ganzen Körper aus.
Das war doch verrückt. Hör auf, über ihre Beine nachzudenken.
Wyatt lenkte seine Aufmerksamkeit auf die Leiter. „Die sieht ein bisschen unsicher aus. Wie alt ist die?“
„Älter als ich, aber absolut in Ordnung. Machen Sie sich nur keine Sorgen um mich.“
„Ich könnte sie halten …“ Er kam näher.
„Ich sagte, ich komme klar“, fuhr sie ihn an.
Abwehrend hob er beide Hände. „Sind Sie immer so gereizt?“
„Wenn hier ein nerviger Praktikant um mich herumhampelt, der zu spät kommt und dumme Fragen stellt … Ja, dann bin ich gereizt!“
Wyatt lachte leise vor sich hin.
Kiara schnaubte nur abfällig, während sie sich, um an den Feuermelder zu kommen, vorreckte. Viel zu weit.
„Passen Sie auf!“, rief Wyatt und sprang vor, um die Leiter festzuhalten.
Zu spät. Die Schwerkraft war stärker, und Kiara hatte zu viel Schwung, um sich halten zu können. Zwar konnte Wyatt die Leiter packen, doch Kiara taumelte seitwärts.
In dem Versuch, sie noch zu halten, verlor er selbst das Gleichgewicht. Die Leiter rutschte weg, Kiara fiel in seine Arme und riss ihn mit sich zu Boden.
Reflexartig umschlang er sie und zog sie schützend an seine Brust, während es ihm die Beine unterm Hintern wegriss und er, buchstäblich, auf selbigem landete, Kiara an sich gepresst.
Hab dich.
Ihre Blicke trafen sich.
Ließen einander nicht los.
Kiaras Augen weiteten sich, und sie machte Anstalten, zurückzuweichen, aber er ließ sie
Weitere Kostenlose Bücher