Collection Baccara Band 325 (German Edition)
Büro ihres Großvaters war im gleichen Stil eingerichtet wie The Tides und das Stadthaus in Manhattan. Überall standen Antiquitäten, die er und Gran von ihren Reisen mitgebracht hatten. In dieser vertraut wirkenden Umgebung hätte sie sich eigentlich wohlfühlen sollen. Doch das war grundsätzlich nicht der Fall, wenn ihr Großvater anwesend war.
Hatte Gran ihm von dem Zettel im Ballon erzählt? Sie wollte es zwar nicht, aber …
Mrs Bitton, die Assistentin ihres Großvaters, war nicht am Platz, doch die Tür zu seinem Zimmer stand offen. Scarlet warf einen Blick hinein und sah ihren Granddad, der telefonierte und sie zu sich winkte, als er sie entdeckte.
„Ich werde zeitig da sein“, sagte er leise in den Hörer. „Und ich arbeite nicht zu viel, cushla macree . Außerdem ist Scarlet gerade gekommen. Ich werde sehen, was sie von mir will, und danach mache ich mich auf den Heimweg.“
Scarlet schüttelte den Kopf. Patrick Elliott schaffte es, die Dinge immer so zu drehen, wie es am besten für ihn war. Als ob sie aus freien Stücken herkommen würde!
Nachdem er aufgelegt hatte, stand ihr Granddad auf, kam um den Schreibtisch herum und deutete auf einen der beiden Ohrensessel, damit sie Platz nahm. Überraschenderweise setzte er sich in den Sessel daneben, anstatt hinter seinen Schreibtisch zurückzukehren. Das wurde ja immer eigenartiger. „Was gibt es denn, Granddad?“
„Gehst du momentan mit einem bestimmten Mann aus?“
Alle Alarmglocken in ihrem Kopf schrillten los. „Wieso fragst du?“
„Oh, nur so.“
„Seit wann fragst du irgendwas ‚nur so‘?“ Sofort bedauerte Scarlet ihren sarkastischen Unterton. Doch was sollte seine Frage? Wusste er von John?
Nein. Dann hätte er das Thema ohne Umschweife angesprochen.
Ihr Großvater kniff die Lippen zusammen. „Darf ich mich nicht für dein Leben interessieren?“
„Du fragst wirklich ‚nur so‘? Es ist dir also eigentlich egal, ob und mit wem ich ausgehe?“
„Natürlich ist es mir nicht egal.“ Er setzte sich aufrecht hin und räusperte sich. Scarlet schien es fast, als fühlte er sich unbehaglich.
„Und wenn ich dir erzählen würde, dass ich mit … sagen wir mal, dass ich mit John Harlan ausgehe?“
Er schüttelte den Kopf. „Nein, so würdest du deine Schwester niemals hintergehen.“
Hintergehen. Bei all den Gründen, warum sie die Finger von John lassen sollte, war Scarlet nie in den Sinn gekommen, dass sie Summer hintergehen könnte. Summer hatte John aufgegeben. Scarlet hatte ihn ihr nicht abspenstig gemacht. Aber Granddad würde ihre Beziehung mit John trotzdem missbilligen.
„Außerdem würde John sich sowieso nicht mit dir treffen“, ergänzte Patrick Elliott. „Also mach keine Witze darüber. Allerdings war ich erstaunt, dass du mit ihm getanzt hast.“
Scarlet wusste nicht, wie sie darauf reagieren sollte.
„Schon verstanden“, fuhr ihr Großvater Sekunden später fort. „Keine Fragen zu deinem Privatleben. Weswegen ich dich raufgerufen habe: Mir ist zu Ohren gekommen, wie gut du deinen Job erledigst. Du bist kompetent und kreativ, erzählt man mir. Ich wollte dich wissen lassen, dass ich stolz auf dich bin.“
Scarlet war so verblüfft, dass ihr die Worte fehlten. Dass ihr Großvater ihr ein Kompliment machte, war für sie etwas völlig Ungewohntes. „Danke“, brachte sie heraus – und plötzlich musste sie gegen Tränen ankämpfen.
„Mir entgeht nichts, Scarlet.“ Ihr Granddad lächelte. „Summer führt nun eine wilde Ehe mit diesem Rockstar, und selbst wenn sie an ihren Arbeitsplatz zurückkehrt, wird sie vermutlich schon bald schwanger werden. Ich glaube, du wirst dich lieber um deinen Job kümmern. Du bist nicht der Typ für romantische Schwärmereien.“
Wieder hatte er sie überrascht, diesmal allerdings auf eine Art, die sie verärgerte. Fand er, dass diese Bemerkung ein Kompliment war? „Und was soll das heißen?“
„Dass du Teil der Zukunft von EPH sein wirst. So wie bei deiner Tante wird auch für dich die Arbeit an erster Stelle kommen.“
Angesichts der Tatsache, dass Fin sich mit ihrem Arbeitseifer ihr eigenes Grab schaufelte, in dem sie viel zu früh landen würde, wenn sie nicht aufpasste, war diese Art von Aufopferung nichts, wonach Scarlet strebte.
Außerdem war sie an einer Karriere als Designerin interessiert, sie wollte nicht für immer Redakteurin sein. Wie lange würde sie noch tun müssen, was die Familie von ihr erwartete, bevor sie endlich ihren eigenen Weg gehen
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