Collection Baccara Band 325 (German Edition)
behalten, und sie würde es mit ins Grab nehmen. Das war das Mindeste, was sie für Summer tun konnte. „Für mich ging es um nichts anderes“, behauptete sie.
„Ich glaube dir kein Wort.“
„Das ist dein Problem.“ Sie musste Summer finden, sie musste ihr alles erklären. Als die Aufzugtüren sich öffneten, nahm sie ihre Tasche. John folgte mit dem Gepäck.
„Geh weg!“
„Ich fahre dich nach Hause.“
Sie erwiderte nichts, und sie sprach auch während der Fahrt kein Wort. Mit Worten konnte diese Katastrophe nicht aus der Welt geschafft werden.
Ihr Apartment kam ihr vor wie eine enge, bedrückende Höhle. Ein Blick in Summers Zimmer zeigte ihr, dass deren Gepäck zwar dastand, aber nicht angerührt worden war. Scarlet ließ sich auf das Bett ihrer Schwester sinken, strich mit den Händen wieder und wieder die Decke glatt, ehe sie nach einem Kissen griff und es fest an sich drückte.
All die Jahre hatten sie nie einen Mann zwischen sich kommen lassen. Ein paar hatten versucht, mit ihnen Spielchen zu treiben, aber sie und Summer hatten sich immer alles anvertraut.
Als ihr klar geworden war, dass John sich für Summer interessierte, hatte sie jeden Kontakt mit ihm gemieden. Mit solcher Konsequenz, dass Summer sie schließlich fragte, ob sie John nicht leiden könne. Aber sosehr sie sich auch dagegen zur Wehr gesetzt hatte, sie hatte sich doch in John verliebt.
Scarlet drückte sich das Kissen ans Gesicht, während sie hemmungslos weinte. Warum war sie nur an jenem Abend zu ihm gegangen? Warum hatte sie sich eingeredet, es sei okay, ihn zu trösten und ihm über die Trennung hinwegzuhelfen?
Hätte sie an dem Abend auf ihren Verstand gehört, wäre es nie zu diesem Drama gekommen. Sie legte das Kissen weg und wischte sich die Tränen von den Wangen, dann griff sie nach Summers Telefon auf dem Nachttisch und wählte deren Handynummer. Sie wusste, dass ihre Schwester nicht rangehen würde, daher wartete sie, bis sich die Mailbox meldete.
„Summer“, brachte sie angestrengt heraus. „Diese Situation ist komplizierter als du glaubst. Ich versuche nichts zu entschuldigen, aber ich will dir erklären, warum es passiert ist. Bitte, ich flehe dich an. Wenn du mich nicht sehen willst, dann ruf mich wenigstens an. Ich … ich hab dich lieb.“
Sie hatte kaum aufgelegt, da klingelte das Telefon. Sie riss den Hörer an sich, noch bevor das erste Klingeln verstummt war.
„Summer?“
„Nein, ich bin’s.“ John. „Ich dachte mir, dass du noch auf bist“, sagte er. „Willst du reden?“
„Worüber sollte ich schon reden wollen?“
„Du musst Summer Zeit geben, damit sie sich mit dem Gedanken vertraut machen kann.“
„Ich könnte mich nicht damit vertraut machen, wenn ich an ihrer Stelle wäre.“
„Doch, das könntest du“, widersprach er. „Vielleicht würde es etwas länger dauern als bei Summer, aber du könntest es auch.“
Scarlet glaubte, aus seinem Tonfall ein Lächeln herauszuhören. Wie konnte er unter solchen Umständen lächeln?
„Summer ist glücklich verliebt“, fuhr er fort. „Und sie liebt dich. Es wird alles wieder gut werden. Niemand sonst weiß etwas, und sie wird auch niemandem etwas sagen, ausgenommen vielleicht Zeke. Du wirst das unbeschadet überstehen.“
„Wie kannst du dir da so sicher sein? Und wieso bist du so ruhig?“ Wieder stiegen ihr Tränen in die Augen.
„Weil ich finde, das alles ist es nicht wert, sich darüber aufzuregen.“
„Nicht wert? Das kannst du so leicht sagen, John.“ Das alles ist es nicht wert? „Ich kann jetzt nicht mehr mit dir reden.“ Sie legte auf und rollte sich auf dem Bett zusammen, während sie darüber nachdachte, dass es manches in ihrem Leben gab, was sie rückblickend bereute. Zum Beispiel ihre beharrlichen Versuche, ihren Großvater zu verärgern.
Aber nichts davon bereute sie so sehr wie das, was sie ihrer Schwester angetan hatte.
Am nächsten Morgen saß Scarlet an ihrem Schreibtisch und überlegte, was sie tun sollte. Jessie hatte ihr eine Schmuckschachtel von Tiffany gebracht, die jemand für sie abgegeben hatte. Sie war allerdings nicht an Geschenken von John interessiert, von dem dieses Präsent ganz zweifellos kam. Also verstaute sie die Schachtel in einer Schublade und widmete sich wieder ihrer Arbeit.
Im Verlauf des Vormittags kam ihr der Gedanke, dass es sehr wohl jemanden gab, mit dem sie über das Geschehene reden konnte. Ihr Cousin Bryan würde ihr zuhören und niemandem auch nur ein Wort sagen. So war
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