Collection Baccara Band 335 (German Edition)
geben?“
Hope Alessandro Harrell trat an den Tisch in der hintersten Ecke des Restaurants, und Will Nichols, ihr Verlobter, reagierte genau so, wie sie es erwartet hatte: Er riss seine hellblauen Augen auf, legte den Kopf zurück und lachte sie herausfordernd an.
„Darling, du willst mir doch jetzt keine Szene machen, oder?“
Sie kämpfte gegen das Gefühl der Demütigung an. Es war ein Fehler gewesen, sich von ihrer Freundin hier absetzen zu lassen, nur um mit Will nach Hause fahren zu können. „Du hast den Leuten hier schon genug geboten, und ich will mich nicht zum Gespött machen oder mir mitleidige Bemerkungen anhören. Ich bleibe hier keine Sekunde länger. Entweder gibst du mir jetzt den Schlüssel für deinen Truck, oder ich lasse mich abholen … Ich kann auch Lyon bitten, mich zu fahren.“
Wills alter Schulkamerad und bester Freund Lyon Teague war Chef der Polizei in Cedar Grove, einem kleinen Ort im Norden von Texas. Er hatte in dem Restaurant Schutz vor dem Platzregen gesucht und trank jetzt an der Theke einen Kaffee. Bei dem Wetter wurde das Fahren auf der Straße schnell zu einer gefährlichen Rutschpartie. Als Hope in das Lokal gekommen war, hatte Lyon gerade an Wills Tisch gestanden. Sie war sich sicher, dass er genau mitbekommen hatte, was passiert war. Und nach seinem Gesichtsausdruck zu urteilen, war es ihm äußerst unangenehm.
„Und wie soll ich nach Hause kommen?“, fragte Will. „Ich muss morgen früh zweihundert Rinder in die Auktionshalle bringen.“
„Frag doch Rochelle Sims, ob sie dich nach Hause fährt. Bestimmt kann sie es gar nicht abwarten, mit dir allein zu sein.“
An Wills betont gleichgültiger Miene konnte Hope ablesen, dass er ihre Worte für belanglos hielt. „Rochelle ist nur … Rochelle.“
Sein Verhalten ärgerte und verletzte sie – umso mehr, als es nicht den Anschein hatte, dass er betrunken sei. „Du findest es also in Ordnung, wie sie sich benimmt? Dass sie dich ständig und überall anfasst?“ Hope schluckte. „Sogar dort, wo es eine Lady in der Öffentlichkeit nicht tun sollte?“
„Du übertreibst.“
„Ich übertreibe nicht. Und ich glaube auch nicht, dass ihr euch zum ersten Mal so nahegekommen seid.“
Hope merkte, dass ein halbes Dutzend Gäste neugierig verfolgte, was sich zwischen Will und ihr abspielte. Sie beugte sich über den Tisch und streckte die Hand aus. „Ich meine es ernst, Will. Gib mir den Schlüssel.“
Zögernd kam er ihrer Aufforderung nach. Hope nahm den Schlüssel, drehte sich um und ging, um das Lokal zu verlassen. Aus den Augenwinkeln sah sie, dass Will sich erhob und ihr folgte. Seine körperliche Überlegenheit ängstigte sie, und Hope wollte keine weitere Szene riskieren. Hilfe suchend blieb sie bei Lyon stehen.
„Ich wollte dir nur sagen, dass wir jetzt gehen. Ich fahre mit Wills Truck bis zu meiner Ranch. Könntest du dafür sorgen, dass er von dort aus nach Hause kommt?“
Lyon warf Will einen verdrießlichen Blick zu, überlegte kurz, dann nickte er. „Ich fahre hinter euch her.“
Hope spürte, dass Lyon es vorgezogen hätte, sie selbst nach Hause zu bringen. Doch es gab etwas, das sie mit Will zu besprechen hatte. Und sie wollte es hinter sich bringen. Aber es beruhigte Hope, Lyon in ihrer Nähe zu wissen. Sie legte kurz die Hand auf seinen Arm. „Danke.“
Es war Anfang Mai, und ein schweres Unwetter war aufgezogen. Heftige Sturmböen peitschten den Regen über das Land, Blitze schossen wie Laserstrahlen durch den nachtschwarzen Himmel, begleitet von krachenden Donnerschlägen.
Als sie aus dem Lokal trat, bereute Hope ihre Entscheidung. Es war unklug, bei diesem Wetter Auto zu fahren. Doch Will stand unmittelbar hinter ihr, und die Aussicht, wieder in das Lokal zurückzukehren und sich weiteren beschämenden Situationen auszusetzen, war nicht einen Deut besser. Durch den strömenden Regen rannte Hope auf den Truck zu. Der enge Rock und die hohen Schuhe behinderten sie beim Laufen. Will holte sie ein und riss ihr den Schlüssel aus der Hand.
„Steig ein, bevor wir beide vom Blitz getroffen werden!“, schrie er ihr zu.
Völlig durchnässt kletterte sie auf den Beifahrersitz und knallte wütend die Tür zu. „Es reicht mir, Will!“
Sie wusste nicht, worüber sie ärgerlicher sein sollte: über sein Benehmen oder ihre eigene Dummheit. Immerhin war Will sich selbst treu geblieben. Wie konnte sie nur so naiv gewesen sein zu glauben, die Liebe zu ihr würde ihn reifer und besonnener werden
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