Collection Baccara Band 335 (German Edition)
heute, Hope.“ Er deutete mit dem Kopf auf die Trauergäste. „Alle schauen her, sogar dein Vater.“
Ohne auch nur einen Blick über die Schulter zu werfen, sagte sie: „Er wird es überstehen. Dad hat zu viel mit sich selbst zu tun, als dass er sich Gedanken darüber machen würde, was ich vorhabe.“
„Wirst du hinterher nicht auf dem Empfang der Nichols erwartet?“
„Ich gehe nicht hin. Bei dem vornehmen Getue von Clyde und Mercy wird mir übel. Ich habe ihnen mein Beileid ausgedrückt, das sollte genügen. Außerdem ertrage ich Dads gespielte Trauer keine Sekunde länger. Ich bin sicher, mein Vater wird sich den Empfang auch schenken. Wenn überhaupt, wird er nur kurz vorbeisehen, um die Leute wegzulocken, mit denen er auf seiner Ranch seinen alten Schnaps trinken und dicke Zigarren rauchen will.“
„Klingt, als müsste man dabei sein.“
Hope neigte den Kopf und betrachtete ihn. „Ja, wenn du es vorziehst, Gefälligkeiten zu kaufen, Wahlergebnisse zu manipulieren, oder ähnlich zweifelhafte Ziele verfolgst. Falls du daran aber nicht interessiert bist, würde ich dich gerne zu einer Tortillasuppe nach einem Rezept meiner Mutter einladen. Es täte uns beiden gut, diesem Wetter zu entkommen.“
Lyon hatte schon oft gehört, dass Hopes Kochkünste denen ihrer Mutter Rebecca Alessandro Harrell in nichts nachstanden. Außerdem wollte er sie nicht den Geiern überlassen, die über ihr kreisten, seit bekannt geworden war, dass sie wieder zu haben war. Er ging mit Hope zu seinem Streifenwagen und öffnete ihr die Beifahrertür.
„Ich sollte dich besser ins Krankenhaus fahren und nicht nach Hause. Du siehst elend aus.“
„Mir geht es gut. Was macht dein Arm?“
„Der Verband soll am Montag abkommen.“
„Du warst schon immer hart im Nehmen. Zum Glück.“
Lyon fragte sich, was sie damit meinte. Dachte sie an den Tod seiner Eltern? Sie waren vor einigen Jahren ums Leben gekommen, als ein Tornado ihr Haus zerstört hatte. Bei dem Versuch, sie aus den Trümmern ihres Hauses zu bergen, hatte Lyon selbst eine schwere Gehirnerschütterung erlitten. Oder erinnerte sie sich an das noch länger zurückliegende Footballspiel, bei dem er sich eine Rippe gebrochen und trotz der Schmerzen weitergespielt hatte? Was auch immer es war, ihr Mitgefühl wühlte ihn auf und weckte eine Sehnsucht in ihm, die er nicht zulassen durfte.
„Lass uns lieber über dich sprechen. Wie geht es dir … wirklich, meine ich? Es tut mir leid, dass ich nicht so oft bei dir sein konnte, wie ich hätte sein sollen … und wie ich es wollte.“
„Du hattest genug mit deiner Arbeit und der Presse zu tun. Obwohl du selbst auch besser zu Hause geblieben wärst, um dich zu erholen.“
„Hope?“
„Ja.“
„Hör auf. Es ist vorbei. Erzähl mir jetzt, ob es so schlimm war, wie es aussah.“
„Unter Schock zu stehen, hat sein Gutes. Du hast deine Eltern verloren, du kennst das doch. Man handelt, ohne nachzudenken. Erst wenn wieder Ruhe einkehrt, beginnt man, über die Dinge nachzudenken. Und in meinem Fall sind es nur allzu viele Dinge, über die ich längst hätte nachdenken sollen.“
Sie fuhren zu Hopes Ranch. Neben der Arbeit in ihrer kleinen, aber renommierten Anlageberatungsfirma hatte sie auf dem zehn Hektar großen, kaum sechs Meilen südlich der Stadt gelegenen Anwesen eine wunderschöne Oase der Ruhe geschaffen. Lyon wartete darauf, dass sie weitersprach.
„Weißt du“, sagte Hope schließlich. „Ich finde, du hättest derjenige sein sollen, der die Grabrede hält.“
Lyon war froh darüber, dass ihm dies erspart geblieben war. Das war die positive Seite der unberechtigten Anschuldigungen gegen ihn. „Kent Roberts hat das gut gemacht.“
„Kent ist seit ewigen Zeiten Bürgermeister. Er könnte ohne Frage jeden Hund aus dem Tierheim würdig zu Grabe tragen. Aber du warst Wills bester Freund.“
„In letzter Zeit nicht mehr. Schon ziemlich lange nicht mehr.“
Hope holte tief Luft. „Es ist gut, dass du das ansprichst. Haben die Probleme zwischen euch mit dem zu tun, was ich in jener Nacht zwischen Will und Rochelle beobachtet habe?“
Lyon wollte ihr weiteres Leid ersparen. „Du hast genug durchgemacht, Hope. Und was spielt das jetzt noch für eine Rolle?“
„Eine größere, als du ahnst.“
Sie erreichten die Einfahrt zu ihrem Anwesen. Hope holte eine Fernbedienung aus ihrer Tasche und öffnete das elektrische Tor. Ihr Grundstück war eingezäunt, weil die Pferde, die sie hielt, frei herumliefen. Als
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