Collection Baccara Band 335 (German Edition)
sehnte.
Er war aber nichts anderes als ein mieser, durchtriebener und verlogener Schuft. Sie schloss die Augen und versuchte, nicht mehr an ihn zu denken. Ihr Magen zog sich schmerzhaft zusammen. Das Baby konnte jetzt jeden Tag kommen, und sie fühlte sich entsetzlich einsam und hilflos. Ihr Bauch machte sie so schwerfällig, dass sie ohne Hilfe kaum in der Lage war, von ihrem Sofa aufzustehen. Leo hatte ihr immer dabei geholfen.
Zur Hölle mit Leo. Sie brauchte keinen Mann, der sie nur wollte wegen ihrer Verwandtschaft zu der wohlhabenden Familie, für die er arbeitete. Wenigstens musste sie Weihnachten nicht allein verbringen. Sie war zum Mittagessen bei Kels Familie eingeladen. Ihre Assistentin und Freundin würde sie abholen, aber bis dahin waren es noch einige Stunden. Es hieß also, irgendwie den Vormittag zu überstehen.
Als sie die Milch ausgetrunken hatte, krampfte sich ihr Magen wieder zusammen. Sie keuchte vor Schmerzen und blieb reglos auf dem Sofa sitzen. Eigentlich hätte sie die Waschmaschine mit einer Ladung schmutziger Wäsche füllen und die Geschirrspülmaschine ausräumen müssen, aber für derlei Haushaltsaktivitäten fehlte ihr jegliche Energie. Die Magenschmerzen hörten nicht auf, und sie fühlte sich zunehmend unwohl. Sie saß einfach nur da und hörte sich selbst beim Atmen zu, während die Wände des Zimmers immer näher zu rücken schienen.
Ihr Blick fiel auf die Geschenke unter dem Weihnachtsbaum. Sie hatte die Päckchen, die Leo auf der Veranda hinterlassen hatte, hereingeholt und zu ihren eigenen gelegt. Das war vermutlich ein Fehler, aber sie hatte der Versuchung nicht widerstehen können. Besonders fasziniert war sie von der kleinen roten Schachtel mit der silbernen Schleife, die sie an diesem schrecklichen Tag in Leos Büro auf dem Schreibtisch entdeckt hatte. Der Tag, an dem all ihre Träume und Hoffnungen zerplatzt waren wie Seifenblasen. Dennoch konnte sie nicht aufhören, sich zu fragen, was wohl darin war.
Seine Geschenke sollten eigentlich keine Bedeutung für sie haben, jetzt, da sie die Wahrheit kannte. Die Hochzeit mit ihr war nur eine Stufe nach oben auf seiner Karriereleiter gewesen. Jedenfalls, wenn sein Plan funktioniert hätte.
An dem Tag in seinem Büro hatte sie ihn gehasst, aber zuvor hatte er sich so viele Monate lang liebevoll, fürsorglich und aufmerksam verhalten. Die Erinnerung daran quälte sie nun. Sogar jetzt spielte er seine Rolle überzeugend weiter. Er rief an, kam vorbei und schickte ihr SMS und Mails. Weder nahm sie seine Anrufe entgegen, noch ging sie an die Tür oder las seine Nachrichten, obwohl ihr das sehr schwerfiel.
Ihr war klar, dass seine Versuche, mit ihr Kontakt aufzunehmen, nur mit seinem Ehrgeiz zu tun hatten. Er fürchtete um seine Karriere. Wahrscheinlich hatte er eine Heidenangst davor, dass sie den Kembles alles erzählte und er als Konsequenz seinen Job verlor. Vielleicht würde sie das tun, er hatte es verdient, aber im Moment brachte sie es einfach noch nicht über sich.
Wenn sich doch nur ihr Vater melden würde. Die Stille im Haus trieb sie in den Wahnsinn. Wusste er denn nicht, dass Weihnachten war und dass ein Vater seine Tochter anrufen sollte? Sie nahm ihr Telefon zur Hand und wählte seine Nummer. Wie die vielen Male zuvor, als sie es versucht hatte, sprang auch dieses Mal nur die Mailbox an. Und wie die vielen Male zuvor hinterließ sie ihm eine Nachricht. Sie teilte ihm mit, wie sehr sie ihn brauchte, dass sie erfahren hatte, dass Becky und sie adoptiert worden waren, und dass sie dringend mit ihm sprechen musste.
Niemals in ihrem Leben hatte Abby sich so einsam gefühlt, und das war einzig und allein Leos Schuld. Für ein paar kurze Monate hatte er ihr gezeigt, wie es sich anfühlte, geliebt zu werden. Auch wenn das nur eine Illusion war, so war sie doch zum ersten Mal seit ihrer frühen Kindheit wirklich glücklich gewesen. Sie erinnerte sich daran, wie er sie geküsst und sie in den Armen gehalten hatte, wie er ihr geholfen hatte, die Spülmaschine einzuräumen, oder wie er den Tisch gedeckt hatte, an seine liebevollen Blicke und seine zärtlichen Gesten. All das hatte sie als Beweise seiner Liebe interpretiert, dabei war es in Wirklichkeit nur Theater gewesen, das er ihr vorgespielt hatte, um seine Ziele zu erreichen.
Sie kam sich unsäglich dumm und naiv vor und schwor sich, dass ihr so etwas niemals wieder passieren würde.
Es klopfte an der Haustür. Das muss Kel sein, sagte sie sich. Mühsam und
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