Collection Baccara Band 336
der Presse bekannt gegeben worden war. Ihre anfängliche Verwirrung verwandelte sich zu einem schmerzhaften Knoten im Magen.
In dem Bemühen, sich ihre Gefühle nicht anmerken zu lassen, richtete sie den Blick mit unbewegter Miene auf den Anwalt. „Lag es an seiner Krankheit? Hat mein Vater sich deshalb dazu entschlossen, seine Firma zu verkaufen?“
Er sah sie merkwürdig an und räusperte sich. „Äh, nein. Das kann gar nicht sein. Die Verhandlungen haben bereits vor Monaten begonnen. Als Ihr Vater von seiner Erkrankung erfuhr, machte er zunächst einmal einen Rückzieher. Er beschloss, Ihnen das Unternehmen zu vererben, aber dann haben Sie uns alle mit Ihrer Verlobung in Erstaunen versetzt. Niemand war über diese Neuigkeit überraschter als Curtis, doch es war eine angenehme Überraschung für ihn, sollte ich hinzufügen. Mit der Aussicht, dass Sie Case heiraten würden, musste er sich nicht länger um Ihr Erbe sorgen. Als Case Fortunes Ehefrau befinden Sie sich nach den gesetzlichen Bestimmungen im Besitz der Hälfte seines Vermögens. Das schließt natürlich auch Reynolds Refining ein. Damit ist sichergestellt, dass Sie das Erbe erhalten werden, das Ihr Vater für Sie vorgesehen hat.“
Wie gelähmt sah Gina blicklos auf das Dokument. Ihr Herz weigerte sich zu begreifen, was ihr Verstand längst wusste. Case hatte sie nur benutzt. Um das Unternehmen ihres Vaters in die Finger zu bekommen, hatte er die letzte Möglichkeit ergriffen, die ihm nach Curtis’ Rückzug noch offenstand. Er hatte vorgegeben, die einzige Tochter des Eigentümers heiraten zu wollen.
Langsam erhob sie sich, eine Hand auf ihren Magen gepresst. „Es tut mir leid, Mr Cravens. Wir müssen das ein andermal beenden. Ich fühle mich nicht wohl.“
Das war nicht einmal eine Lüge.
Während sie auf wackligen Beinen das Konferenzzimmer verließ, war ihr so elend zumute wie noch nie in ihrem Leben.
Gina wollte nur nach Hause und sich an dem einzigen Ort verstecken, an dem sie sich sicher fühlte, in ihrem Loft.
Aber anstatt sich nach rechts zu wenden und dorthin zu fahren, bog sie nach links ab und machte sich auf den Weg in Richtung Stadtgrenze. Sie war diese Straße seit Ewigkeiten nicht gefahren. Das hatte sie um jeden Preis vermieden, denn sie führte zum Haus ihres Vaters.
Als sie auf der Zufahrt vor dem Gebäude anhielt, blieb sie einen Moment sitzen und musterte es. Eine Vielzahl von Kindheitserinnerungen stürmte auf sie ein.
Das Haus und der Garten hatten sich über die Jahre kaum verändert. Es kam ihr immer noch sehr groß vor, obwohl sie es nicht mehr mit den Augen eines Kindes, sondern mit denen einer erwachsenen Frau betrachtete. Es war nicht das einzige Haus gewesen, in dem ihre Eltern als Ehepaar gewohnt hatten, aber das letzte.
Ihr Vater hatte hinsichtlich der Planung eng mit dem Architekten zusammengearbeitet, denn er wollte, dass das Gebäude seinen Erfolg und seine gesellschaftliche Stellung widerspiegelte.
Es war drei Stockwerke hoch, aus hellem Sandstein und hatte grüne Fensterläden. Glastüren im Esszimmer und im Wohnzimmer führten auf eine große halbmondförmige Terrasse, ein weitläufiger Garten schloss sich an.
Sie erinnerte sich daran, wie sie als kleines Mädchen ihre Runden gelaufen war, einen unsichtbaren Kreis. Quietschend vor Vergnügen rannte sie durch eine der beiden Türen ins Haus, durchquerte das Ess- oder Wohnzimmer und die Eingangshalle, um aus dem anderen Zimmer wieder in den Garten zu laufen und die Kreisbahn auf der Veranda fortzusetzen. Sie hatte das oft so lange getan, bis ihr schwindelig wurde. Es war ein albernes Spiel gewesen, an dem nur Kinder Spaß haben konnten, aber die Erinnerung daran machte ihr das Herz schwer.
Seufzend öffnete sie die Autotür, stieg aus und ging zum Vordereingang. Nur Sekunden nachdem sie den Klingelknopf gedrückt hatte, öffnete eine grauhaarige Frau. Das musste Mary Collier, die Haushälterin, sein.
„Kann ich Ihnen helfen?“, fragte die Frau und musterte sie neugierig.
Gina trat unschlüssig einen Schritt zurück. Vielleicht war es ein Fehler gewesen, hierher zu kommen. „Es tut mir leid, ich hätte vorher anrufen sollen.“
In den Augen der Frau blitzte Erkenntnis auf. Offenbar erinnerte sie sich an ihre Stimme. „Gina!“, rief sie aufgeregt und trat beiseite. „Das ist doch Unsinn. Natürlich müssen Sie sich nicht telefonisch anmelden. Es ist schließlich Ihr Haus.“
„Ich weiß eigentlich gar nicht genau, was ich hier will“, sagte
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