Collection Baccara Band 336
gegen den Schock und den Schmerz anzukämpfen. Sie bemühte sich zu begreifen, was sie gehört hatte. Ihr Vater war gestorben. Er war nicht mehr da. „Was muss ich jetzt tun?“, flüsterte sie in den Hörer.
„Nichts. Er traf alle Vorkehrungen bereits vor seinem Tod. Er hat genaue Anweisungen für seinen Anwalt und den Bestattungsunternehmer hinterlassen. Mr Andrews, der Bestatter, wird sich in Kürze bei Ihnen melden und die Einzelheiten mit Ihnen durchgehen. Er nennt Ihnen auch Zeit und Ort der Beerdigung. Ich dachte nur, ich sollte es Ihnen vorher sagen, damit Sie Zeit haben, sich an den Gedanken zu gewöhnen. Ich kann mir vorstellen, was für ein Schock das für Sie sein muss.“
„Ja … ja, das ist wirklich ein Schock.“
„Wenn Sie Fragen haben oder etwas brauchen, können Sie mich jederzeit anrufen. Ich wohne in der nächsten Zeit noch im Haus Ihres Vaters. Bitte melden Sie sich. Die Nummer haben Sie ja.“
„Ja. Natürlich. Das werde ich. Ich danke Ihnen sehr, Mrs Collier.“
Gina beendete das Gespräch und legte den Kopf auf ihre angewinkelten Knie. Er ist gegangen, dachte sie, ohne es wirklich zu erfassen. Mein Vater ist nicht mehr da.
„Gina?“
Sie sah auf und erblickte Case, der vor ihr stand und sie besorgt musterte.
Als sie nichts sagte, ließ er sich neben ihr auf dem Boden nieder. „Was ist denn los?“
Sie schüttelte den Kopf, während eine Träne nach der anderen über ihre Wangen rann. Sie konnte kaum sprechen. „Es ist … mein Vater“, stammelte sie und schluchzte auf. „Er ist tot, Case. Mein Vater ist tot.“
An die folgenden Tage hatte Gina später nur verschwommene Erinnerungen. Der letzte Blick auf ihren aufgebahrten Vater. Die Totenmesse. Die Beerdigung. Ohne Case hätte sie die Rituale, die dem Tod eines Menschen unweigerlich folgten, kaum überstanden.
Case stand wie ein Fels in der Brandung an ihrer Seite und begleitete sie mit unaufdringlicher Fürsorge. Außerdem wirkte er als Puffer gegen all die Leute, die ihr Beileid aussprechen wollten. Er stützte Gina, als Curtis Reynolds’ Sarg in die Erde gesenkt wurde, und während der ganzen Zeit erinnerte er sie nicht ein einziges Mal daran, dass sie sich geweigert hatte, den letzten Anruf ihres Vaters zu erwidern. Das war allerdings auch nicht nötig. Gina bekam diesen Gedanken nicht aus dem Kopf. Er überschattete jede Minute der ohnehin schon schweren Tage. Sie war voller Reue und quälte sich unablässig mit Selbstanklagen.
Dennoch entging ihr die Ironie der Situation nicht. Sie hatte Jahre damit verbracht, sich selbst davon zu überzeugen, wie sehr sie ihren Vater hasste, wegen der absoluten Nichtachtung, die er ihr und ihrer Mutter entgegengebracht hatte. Sie hatte nie etwas anderes von ihm gewollt als seine Liebe. Da keine Aussicht bestand, diese Liebe je zu erhalten, hatte sie sich eingeredet, dass sie ebenso gut darauf verzichten konnte, und hatte sich so jede Chance verbaut, das zu ändern. Nun, da er nicht mehr unter den Lebenden weilte, wurde ihr bewusst, dass diese Liebe für sie endgültig unerreichbar war. Als Folge davon sehnte sie sich stärker als jemals zuvor danach.
Der Gedanke an die verschwendeten Jahre erfüllte sie mit tiefer Trauer und sie machte sich heftige Vorwürfe, weil sie zugelassen hatte, dass Zorn und Enttäuschung ihr den Weg zu dem Menschen versperrten, der ihr seit dem Tod ihrer Mutter am wichtigsten war.
Ihr Vater.
7. KAPITEL
Gina fürchtete sich vor der unvermeidlichen Zusammenkunft mit dem Anwalt ihres Vaters. In bedrücktem Schweigen fuhr sie mit Case im Lift in die Tiefgarage hinunter.
„Wenn du es möchtest, begleite ich dich“, bot er an. „Ich kann meine Sekretärin veranlassen, meine Termine abzusagen. Das ist kein Problem.“
Dass er ihre Bedürfnisse vor seine eigenen stellte, rührte sie mehr als alles andere, was er in den letzten Tagen für sie getan hatte. „Ich schaffe das schon“, versicherte sie ihm mit größerer Überzeugung, als sie empfand. „Es gibt keinen Grund, deine Pläne für heute zu ändern. Ich habe dir ja gesagt, dass es sich nur um ein Vorgespräch handelt. Es wird bestimmt nicht lange dauern.“
Als sie den Fahrstuhl verlassen hatten, zupfte er ihr den Mantel zurecht und knöpfte ihn zu. „Bist du sicher? Es macht mir wirklich nichts aus.“
Dankbar für seine Fürsorge umarmte sie ihn und schmiegte sich kurz an ihn. „Das ist nicht nötig“, sagte sie und lächelte ihn tapfer an. „Aber ich danke dir.“
Während sie zu
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